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Einige Kühe vom Eis, aber genügend dünnes Eis gegeben …

27.10.2014  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.2696 (07.45 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.2635 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 107.95. In der Folge notiert EUR-JPY bei 137.05. EUR-CHF oszilliert bei 1.2065.


Ein inhaltsschweres Wochenende liegt hinter uns:

Der Bankenstresstest der EZB lieferte verdauliche Resultate. Die meisten Großbanken in der Eurozone sind für eine Finanzkrise gerüstet. Dieses Ergebnis präsentierte die EZB, die in den vergangenen 12 Monaten die 130 wichtigsten Geldhäuser geprüft hat.

Bei 25 Instituten ergab sich ein Kapitalloch von 25 Milliarden Euro, das in den vergangenen Monaten zu großen Teilen bereits bereinigt wurde (10 Mrd. Restgröße). Diese Restgröße ist unproblematisch.

Probleme gab es erwartungsgemäß in den südlichen Eurostaaten. In Italien fielen neun Institute durch, in Griechenland und Zypern je drei.

In Deutschland war die Immobilienbank Münchener Hyp einzige Problembank, sie hat die Kapitallücke im laufenden Jahr geschlossen.

Das Volumen der Problemkredite, das im Rahmen des Asset Quality Review ermittelt wurde, ist mit knapp 880 Mrd. Euro in der Eurozone weiterhin eine kritische Größe. Ergo kann trotz des an sich erfolgreichen Stresstests keine vollständige Entwarnung gegeben werden.

Die EZB hat jetzt klare Grundlagen, um die Bankenaufsicht professionell gestalten zu können. Der Kreditvergabeprozess wird durch den Stresstest zumindest qualitativ gefördert. In wie weit hier ein quantitative Umsetzung in zeitlicher Nähe erfolgt, bleibt abzuwarten. Das hängt eher an der weiteren Geopolitik der EU und der Bundesregierung.

Die geopolitischen Risiken, maßgeblich die Ukrainekrise, sind und bleiben aus meiner Analyse heraus die größten Belastungsfaktoren für die deutsche, für die kontinentaleuropäische, aber auch in Ansätzen für die Weltwirtschaft. Ergo kommt den politischen Entwicklungen in der Ukraine neben dem Nahen Osten hohe Bedeutung zu.

Die Wahlen in der westlichen Ukraine (ohne Donezk, Lugansk) haben das erwartete Ergebnis geliefert. Die gemäß Wahlkommission bei 52,42% (zuvor 58%) liegende Wahlbeteiligung muss jedoch bezüglich der Bedeutung als prekär gekennzeichnet werden. Bei den Wahlen in der Ukraine zeichnet sich ein Sieg der pro-europäischen Kräfte ab. Das Bündnis von Präsident Petro Poroschenko wird knapp 25% der Stimmen erhalten. Zwei weitere pro-europäische Parteien erhielten demnach etwa 21% und 13%. Poroschenko kündigte für Montag die Aufnahme von Koalitionsgesprächen an.

Positiv ist anzumerken, dass die neue Koalitionsregierung damit nicht mehr mit Verfassungsmängeln konfrontiert ist. Hoffnungswerte für Lösungen sind erlaubt. Wir verweisen bezüglich der Ukraineproblematik auf die letzte Rede des russischen Präsidenten Putin.

Der russische Präsident Putin hat den USA vorgeworfen, der Welt eine neue Ordnung diktieren zu wollen. Die so genannten Sieger des Kalten Krieges wollten eine neue Weltordnung, die allein ihnen zugutekomme, kritisierte Putin. Damit würde das Risiko internationaler Konflikte erhöht (siehe "US-Trackrecord der letzten 13 Jahre). Russland werde sich nicht erniedrigen, um eine Aufhebung der "falschen Sanktionen" des Westens zu erreichen.

Die Aggression im Osten der Ukraine gehe von der Regierung in Kiew aus, kritisierte Putin. Sie lasse kein Interesse an einer politischen Lösung erkennen, sondern setze allein auf Gewalt. Russland aber werde nicht betteln, um die Sanktionen des Westens wieder loszuwerden. "Russland ist autark", sagte Putin.

Ex-Präsident Gorbatschow würdigte Putins Rede als eine der besten Reden der Laufbahn Putins und stellte sich voll hinter die Inhalte. (Link: http://de.ria.ru/politics/20141026/269873911.html)

Auch die mahnenden Einlassungen bezüglich der Ukrainekrise seitens der Altkanzler Schmidt, Schröder und auch Kohl in den letzten Monaten sollten zu Nachdenklichkeit Anlass geben.

David Cameron tobt und persifliert dabei Maggie Thatcher. Nachforderungen an Großbritannien, als Resultat einer regelmäßig stattfindenden Überprüfung der Wachstumsdaten der EU, in Höhe von 2,1 Mrd. Euro verärgern die britische Regierung. David Cameron wies die Zahlungsaufforderung der EU-Kommission als "vollkommen inakzeptabel" zurück. "Ich bezahle diese Rechnung am 1. Dezember nicht", sagte der demonstrativ wütende britische Premier auf einer Pressekonferenz nach dem Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs.

Wir sind irritiert. Dieses Procedere der Überprüfung des Wachstums und daraus abgeleiteten EU-Haushaltsforderungen ist Norm und Regel in der EU. Sofern Herr Cameron sich durchsetzen würde, käme das haushaltstechnischem "Cherry-Picking" gleich. Regeln Herr Cameron gelten für alle "Clubmitglieder" der EU!

Die aktuellen Verwerfungen zwischen UK und EU, resultierend aus mangelnder britischer Solidarität zum Regelwerk der EU, erhöhen Risiken eines Austritts des UK aus der EU.

Als Fazit ergibt sich aus der politischen (Ukraine) und zentralbankpolitischen (Stresstest, AQR) Sichtweise eine leichte Entspannung für die Grundlagen der Konjunktur. Seitens des Disputs UK-EU sind die Wirkungen kontraproduktiv.

Am Freitag stand lediglich die Veröffentlichung des Absatzes neuer Wohnimmobilien auf der Agenda. Das dort gelieferte Bild enttäuschte!

Per Berichtsmonat September kam es zu einem unwesentlichen Anstieg von zuvor 466.000 auf 467.000 in der annualisierten Fassung. Die Prognose lag bei 470.000.

Die Vormonate wurden alle mit negativen Vorzeichen revidiert. So wurde der August von 504.000 auf 466.000, der Juli von 427.000 auf 404.000 und der Juni von 419.000 auf 409.000 zum Teil drastisch herabgesetzt.

Unsere kritische Haltung zu der qualitativen Erholung, die erste quantitative Risse erkennen lässt, bleibt bestehen.

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Derzeit ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem Euro favorisiert. Ein Überwinden des Widerstandsniveaus bei 1.2900 neutralisiert den negativen Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank


Anmerkung Redaktion: Herr Hellmeyer ist Referent auf der diesjährigen Internationalen Edelmetall- und Rohstoffmesse, die am 7. & 8. November in München stattfindet.

Hinweis: Meinungen oder Empfehlungen geben die Einschätzung des jeweiligen Verfassers wieder und stellen nicht notwendigerweise die Meinung der Bremer Landesbank oder deren assoziierter Unternehmen dar. Sie können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern. Die hier enthaltenen Aussagen sind nicht als Angebot oder Empfehlung bestimmter Anlageprodukte zu verstehen. Dies gilt auch dann, wenn einzelne Emittenten oder Wertpapiere erwähnt werden. Hier enthaltene Informationen können auf die individuellen Verhältnisse des Anlegers abgestellte, kundenspezifische und objektorientierte Beratung nicht ersetzen. Bitte setzen Sie sich deshalb mit Ihrem bei der Bremer Landesbank zuständigen Berater in Verbindung.



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