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Im Gespräch mit Alan Greenspan: Gold, Wirtschaftstheorie und Wirklichkeit

12.11.2014  |  The Gold Report
- Seite 3 -
Gary Alexander: Ich möchte Ihnen eine Frage zu den Banken stellen. Sie heben in Ihrem Buch dreimal hervor, dass die Banken in der Frage der Selbstregulierung jämmerlich gescheitert seien; normalerweise sei es ein Whistleblower, der die Aufmerksamkeit auf dieses Thema lenke. Heute herrscht das Konzept des “Too-Big-To-Fail". Denken Sie, dass wir Bankenpleiten erlauben sollten?

Alan Greenspan: Grundprinzip von Finanzmärkten sollte sein, den Fluss der Ersparnisse einer Gesellschaft in produktive Kapitalanlagen zu lenken. Das bringt wiederum steigende Lebensstandards. Falls man die kreative Zerstörung von Unternehmen nicht zulässt, findet auch keine Optimierung des Einsatzes der Ersparnisse einer Gesellschaft statt.

Jetzt will man sich aber dem Problem nicht stellen, dass kreative Zerstörung zur einer Marktwirtschaft gehört und ganz wesentlicher Bestandteil ist; immerhin hat sie zwei Aspekte: einen schöpfenden und einen zerstörenden. Die Menschen mögen das Schöpfende, aber das Zerstörerische wollen sie nicht. Beides geht eben nicht. Man kann entweder einen hohen Lebensstandard haben, weil man zulässt, dass die Ersparnisse einer Gesellschaft in produktive Anlagen fließen, oder man finanziert alle - kreativ oder nicht - und schafft sich ernste Probleme.

Porter Stansberry: Was sich meiner Meinung nach in unserer Wirtschaft Zeit meines Lebens verändert hat, ist die Tatsache, dass Schuldenmachen so billig geworden ist. Schulden waren einmal das letzte Mittel, heute scheinen sie erste Wahl zu sein. Das macht unsere Institutionen anfällig wie nie zuvor.

Die Investmentbanken, die 2008-2009 in den Konkurs rutschten und mit gewaltigen Rettungsgeldern der Steuerzahler wieder auf die Beine gebracht wurden, waren deswegen so anfällig, weil sie Fremdkapitalanteile von 50:1 hatten. In den Chefetagen dieser Institutionen galt das als normal und gesund. Das war es aber nicht.

Wir haben alle beobachten können, wie sich die Kultur unseres Landes verändert hat. Grund dafür ist meiner Meinung nach, dass wir aus der Rolle des Gläubigers in die Rolle des Schuldners gewechselt sind. Es waren zusammengenommen viele Institutionen, die diesen Prozess erst möglich gemacht haben. Eine davon ist die Fed.

Alan Greenspan: Der Lebensstandard einer Gesellschaft ist ganz entscheidend an Fragen der Produktivität und unabhängiger Innovation geknüpft. In dieser Gesellschaft haben wir ein ganz deutlich ausgeprägtes Anspruchssystem - ein Gesamtkonstrukt aus Medicare, Medicaid, Social Security und eine ganze Auswahl anderer Programme, die allesamt vom Kongress unter Zustimmung beider Parteien verfügt wurden und nicht nur zugelassen wurden.

Das führt zu einem Rückgang der Bruttoinlandsersparnisse, was sich direkt in einem niedrigeren Grundkapitalstock und niedrigeren Lebensstandards niederschlägt. Auch mit Buchhaltung kann man dieser Rechnung nicht entkommen. Wir zehren die Lebensgrundlagen auf.

Marc Faber: Die Konjunkturabkühlung in den westlichen Gesellschaften hat viele Gründe. Ein Grund sind die Staatsausgaben. Zwischen 1870 und 1910 hatten die Staatsausgaben in Europa und den USA niemals 15% der Wirtschaftsleistung überschritten. Heute liegen die US-Staatsausgaben - einschließlich der Ausgaben der Bundesstaaten und Gemeinden - bei ca. 40% des BIP. In Frankreich bei 57% des BIP.

Je größer der staatliche Sektor wird, desto weniger Wirtschaftswachstum wird es geben. Dr. Greenspan und ich sind uns also beim Problem einig. Aber wer finanzierte all diese Ansprüche? Meiner Meinung nach schaffen die Zentralbanken mit ihren künstlich niedriggehaltenen Zinsen verschiedene Bubbles - inmitten in einer schon vorhandenen Bubble. Der Großteil verliert dabei, und eine Minderheit verdient damit richtig viel Geld.

Alan Greenspan: Dahinter steckt die Annahme: Würde die Fed diese Defizite nicht finanzieren, würden sie auch nicht gemacht werden. Wissen Sie, es ist genau anders herum. Die Politik legt die Menge und Höhe der Ausgaben und Steuern fest. Wenn es keine Zentralbank gäbe, würde Folgendes passieren: Die Zinssätze würden klettern und den Privatsektor an den Rand drängen. Das passiert ja auch, nur dass dann die Zentralbanken einschreiten. Zentralbanken sind nicht die Grundursache des Problems, sie reagieren auf Staatsausgaben. Gäbe es keine Staatsausgaben, wäre auch dieses Problem nicht da.


Gary Alexander: Unter der aktuellen Führung fährt die Federal Reserve ihre quantitativen Lockerungsprogramme zurück. Welche Konsequenzen wird die Fed-Politik unter Janet Yellen mit Blick auf die nächsten Jahre haben?




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