David Morgan über Silberknappheit, Bergbau und Schweizer Referendum
26.11.2014 | David Morgan
- Seite 4 -
Man sagt, die Entscheidung sei ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Falls die Initiative Erfolg hat, werden wir meiner Meinung nach sofort einen sinkenden Goldpreis sehen. Der Grund dafür: Die Psychologie dieser ganzen Dynamik soll gebrochen werden, weil das Papier-Paradigma immer noch stark in den Händen der Zentralbanker liegt; sie werden also dafür sorgen, dass es jede Menge Papierverkäufe geben wird, damit es so aussieht, als würde dieses Referendum nicht wichtig für Gold sein - sprich nur eine vorübergehende Angelegenheit. Natürlich wird es dann jede Menge Leitmedienmeldungen und Spottpresse geben nach dem Motto: "Oh, das Referendum ist vorbei, aber Gold sinkt schon vier Tage in Folge, blah, blah, blah." Trotzdem würde es psychologisch betrachtet großes Gewicht haben, weil plötzlich vor der Weltöffentlichkeit gezeigt wird, dass nicht nur das Gold wichtig ist, sondern dass hier auch die Schweizer Gold-Community mitzieht. Und das würde in ganz Europa Nachhall finden, und auch Wellen in der ganzen Welt schlagen.
Falls das Referendum mit einem Ja endet, könnte wie gesagt etwas passieren, was man nicht erwartet hätte. Ich bin seit 40 Jahren in diesen Märkten unterwegs. Ich habe immer wieder miterleben können, dass der gesunde Menschenverstand einem sagt, der Goldpreis müsse jetzt steigen und so weiter und so fort - dann passierte das aber nicht. Dafür gibt es einen einleuchtenden Grund, und zwar Psychologie. Die längerfristige Folge wäre aber in der Tat eine psychologische Verschiebung. Es wäre sehr, sehr positiv für die Gold-Community und das Weltfinanzsystem im Allgemeinen.
Mike Gleason: Man muss es der Schweiz definitiv hoch anrechnen, dass sie ihren Bürgern diese Wahl überhaupt erst ermöglicht. Ich muss dann daran denken, dass sich eines Tages vielleicht auch alle anderen Nationen gezwungen sehen werden, ihre Währung mit Gold zu decken, um wieder Vertrauen herzustellen, wenn die Lage am Ende doch umkippt und außer Kontrolle gerät.
Das Jahr 2014 geht seinem Ende entgegen - und es war kein gutes Jahr für Metallinvestoren. Was denken Sie zum Jahresende, was das kommende Jahr für Gold und Silber bringen wird?
David Morgan: Ich bin immer noch optimistisch. Es besteht ja weiterhin die Möglichkeit, dass Gold jetzt noch über die 1.200 $-Marke steigen wird und dann immer, immer weiter - und dass Silber jetzt noch die 17 $-Marke nimmt und dann immer, immer weiter steigt. Ausschließen lässt sich das nicht.
Früher hatten wir gegen Jahresende noch die saisonale Stärke, die die Metallkurse trieb, aber in den letzten drei oder vier Jahren wurde diese Regel gebrochen, und ich vermute, dass es dieses Jahr vielleicht wieder so kommt; das bleibt aber noch abzuwarten.
Weiter vorwärtsblickend, könnte der Januar möglicherweise mit einer recht guten Entwicklung aufwarten. All die Steuerverlustdynamiken und alles, was gegen Jahresende so gerieben wird, hat sich dann wieder beruhigt - und wir hatten ein so schlechtes Jahr, wie Sie sagten.
Es wird noch eine Marktbereinigung geben, und eigentlich läuft sie ja schon; oder wir haben sie schon hinter uns - wir wissen es noch nicht. Im Januar wird es dann eine recht gute Kurserholung geben, und ich bin der Meinung, dass diese einen längeren Atem haben wird.
Ich denke das Jahr 2015 wird ein Jahr werden, wie ich es eigentlich für dieses Jahr erwartet hatte. Ich dachte, wir würden eine große Veränderung erleben, ich dachte, dass die Weltwirtschaft plötzlich erkennen würde, dass diese Erholung keine echte ist – und das etwas passieren müsse.
Wie Sie schon gesagt hatten - dieser ‘Ansturm‘ aufs Gold, oder wie sie es genannt hatten, wird einem breiteren Bevölkerungsanteil entspringen. Mit anderen Worten: Immer mehr Menschen werden sich dessen bewusst werden. Im Jahr 2014 ist all das aber nicht passiert, aber es wird mit größter Sicherheit 2015 passieren. Solche Dinge können nur eine bestimmte Zeit fortdauern - das Pendel kann nur so und so weit in eine Richtung ausschlagen.
Das heißt, dass ich einen ziemlich positiven Ausblick auf 2015 habe. Sicher, was die Aufholjagd zu den alten Hochs angeht, wird es vielleicht nicht unheimlich gewaltig positiv sein. Im Jahr 2015 wird das noch nicht passieren. Aber ich sehe das Ende der Marktbereinigung kommen und ich sehe die Markierung eines neuen Bodens kommen; ich denke, dass der massive Selloff, der bei 26 $/Silber und ungefähr 1.500 $ Gold einsetzte, endlich umgekehrt wird. Und hier wird dann die Abgrenzung, der Boden, nach unten markiert.
Sobald der markiert und bestätigt ist, bekommen wir eine große psychologische Wende. Die Leute, die den Markt bislang schüchtern beobachtet hatten, vielleicht ausgestiegen sind, oder nicht sicher waren, oder klug genug waren oder Glück genug hatten, auszusteigen und die eingelösten Geldsummen in ihren Portfolios zu halten - diese Leute werden nach und nach wieder in den Markt zurückkommen. Ich bin immer noch sehr optimistisch. Immerhin hat sich doch die Grundlage, weshalb man überhaupt Edelmetalle besitzt, nicht geändert. Also die fundamentalen Fakten sind doch dieselben geblieben, nur dass sie noch schwerer wiegen als je zuvor.
Mike Gleason: Ja, ich kann Ihnen hier nur voll und ganz zustimmen. Ein gutes nächstes Jahr wäre für die Edelmetallinvestoren eine sehr willkommene Aussicht, und ich hoffe, dass es auch so kommt. Danke, David Morgan, für ihre Einblicke. Wir hoffen, Sie sehr bald wieder bei uns begrüßen zu dürfen.
David Morgan: Es war mir eine Freude, Dankeschön.
© David Morgan
www.silver-investor.com
Der Artikel wurde am 23.11.2014 auf www.gold-eagle.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.
Hinweis: Sein Brief "Der Morgan Report" kann in deutscher Sprache unter www.morgan-report.de abonniert werden.