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EZB enttäuscht kurzfristig - mittelfristig aber nicht

05.12.2014  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.2380 (09.03Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.2281 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 120,15. In der Folge notiert EUR-JPY bei 148,75. EUR-CHF oszilliert bei 1.2025.

Entgegen der sonstigen Gewohnheit dass EZB-Chef Mario Draghi den Euro schwach redet, kam es ganz anders auf der monatlichen Sitzung am Donnerstagnachmittag. Der Euro profitiere von den Notenbankeraussagen und konnte deutliche Zugewinne verbuchen.

Skeptisch ob des schwachen europäischen Wirtschaftswachstums und der fallenden Ölnotierungen hatten im Vorfeld nicht wenige damit gerechnet, dass es deutliche Ankündigungen über Wertpapierkäufe geben soll.

Den Gefallen tat aber Draghi diesen Marktteilnehmern nicht - er erteilte denen, die hierdrauf gesetzt hatten gleich zu Beginn der Pressekonferenz eine Abfuhr. Die Enttäuschung machte sich in den Kursen bemerkbar. Der DAX, der gestern für einen kurzen Augenblick sein Allzeithoch bei 10.083,74 Zählern erreichte, drehte ehe man dies wirklich registrieren konnte auf dem Absatz um und notierte im Minus.

Dieses Minus baute er dann bis zum Ende der Sitzung auf über 120 Punkte aus, so dass die 10.000-Marke vorerst in Reichweite bleibt, aber die Enttäuschung vieler Marktteilnehmer abbildet. Heute Morgen zeigt der DAX-Future aber bereits deutliche Erholungstendenzen. Wer sich von der psychologischen 10.000-Punkte-Marke nicht abschrecken lässt, findet immer noch fair bewertete Titel (durchschnittliche Dividendenrendite ca. 3 Prozent) im deutschen Leitindex.

Von daher sollte sich die gestrige Bewegung nicht als Trendumkehr herauskristallisieren, sondern smartem Geld neue und kurzfristige Einstiegsmöglichkeiten bieten - wenn auch nicht mehr zu "billigen Kursen".

Zwar wurden die kurzfristigen Erwartungen bez. Staatsanleihekäufe enttäuscht, denn die EZB möchte vorerst noch weiter die Entwicklungen sondieren, aber dafür ist die Wahrscheinlichkeit gestiegen, dass auf der nächsten Sitzung am 22. Januar Ankündigungen erfolgen. Mittelfristig muss die EZB hier handeln. Und das wird sie tun.

Draghi machte klar, dass die EZB alle Anlageklassen außer Gold für Käufe nutzen kann. Klar gerichtet bleibt aber die Aufmerksamkeit auf Staatsanleihen. Diese bieten den mit Abstand größten und liquidesten Markt. Außerdem könnte hier die Steuerung der Käufe entsprechend der Anteile der nationalen Notenbanken relativ einfach gewährleistet werden.

Angesichts des Widerstandes aus dem Bundesbanklager, die diese Überlegungen sehr skeptisch beurteilen, räumte Draghi ein, dass Operationen auch ohne Einstimmigen Beschluss aus dem EZB-Rat umgesetzt werden könnten.

Er bemühte sich deutlich herauszustellen, dass die Ausweitung der Bilanzsumme um 1 Bill. Euro höchste Priorität genießt und nicht in Frage steht. Er verwies auf die Erfolge in USA und UK, wo die Notenbanken bereits im großen Umfang Wertpapiere gekauft hatten. Diese Quantitative Easing genannte Methode ist aber auch mit vielen Risiken behaftet, wie aktuell Japan zu spüren bekommt.

Im Nachgang zu der Pressekonferenz und auch heute Vormittag zeigen sich besonders Staatstitel aus der Peripherie (Spanien, Italien und Portugal) stark nachgefragt. Der Run auf diese Titel sollte sich in den kommenden Wochen in Anbetracht der hohen Kaufwahrscheinlichkeit durch die EZB fortsetzen.

Eine irritierende, weil schwer nachvollziehbare Bewegung legten die Devisenkurse hin. Der Euro, der sonst gerne auf Draghi-Aussagen schwach reagiert, bewegte sich gestern deutlich in die andere Richtung und zeigte sich in starker Verfassung.

Wurde am Vormittag noch die 1,23-Schwelle nach unten durchbrochen, stieg die Volatilität während der Pressekonferenz deutlich an und katapultierte den Euro/USD-Kurs in zwei Schüben auf über 1,2450. Abends war der Spuk dann wieder vorbei und der Kurs hat sich in den Regionen deutlich unterhalb der 1,2400 eingefunden, in denen wir auch jetzt noch unterwegs sind.

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Daten von der Konjunkturfront:

Nach einem deutlichen Ausreißer in der Vorwoche haben sich die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe in den USA wieder gefangen. In der vergangenen Wochen lagen sie bei 297.000, nahe den 295.000 erwarteten Anträgen. Werte über 300.000 bleiben weiter rar in diesem Quartal.

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Die Challenger-Report genannte Ankündigung von Massenentlassungen fiel mit 35.940 Jobs deutlich niedriger aus als im Oktober mit 51.183 Stellen.

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Heute sollten die wichtigen US-Daten den Euro weiter belasten. Der im Mittelpunkt stehende Arbeitsmarktbericht spielt hierbei die Hauptrolle. Es wird mit 230.000 neuen Stellen außerhalb der Landwirtschaft gerechnet. Die Arbeitslosenquote soll mit 5,8 Prozent konstant bleiben, die Chance auf eine Verringerung ist aber vorhanden. Der Rücksetzer in den Industrieaufträgen aus dem Vormonat solle nunmehr aufgeholt werden. Insgesamt sollten die Daten die Erkenntnis vertiefen, dass die wirtschaftliche Erholung in den USA deutlich schneller voranschreitet als in Europa. Die Quantität sollte uns abermals überzeugen. Fragen nach der Qualität werden momentan (noch) ausgeblendet.

Daraus ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem Euro favorisiert. Ein Überwinden des Widerstandsniveaus bei 1.2600 neutralisiert den negativen Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Moritz Westerheide
Bremer Landesbank



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