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Unsicherheiten, wohin man schaut …

10.12.2014  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.2390 (07.55Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.2322 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 119.18. In der Folge notiert EUR-JPY bei 147.65. EUR-CHF oszilliert bei 1.2023.

Unsicherheiten, wohin man schaut, auch in der Adventszeit. Wie schön könnte eine Welt ohne die Folgen der aktuellen Geopolitik sein?

Die Verschiebung der finanzökonomischen Machtachse läuft auf vollen Touren. Nur vor diesem Hintergrund sind die geopolitischen Entwicklungen im Rahmen des westlichen Aktionismus erklärbar.

Es handelt sich um eine Auseinandersetzung um Macht zwischen dem Teil, der bei der finanzökonomischen Machtachse sportlich an Statur verliert („Westen“), aber noch die politischen Machtachsen und Strukturen dominiert und dem Teil, der an finanzökonomischer Statur gewinnt und diesen politischen Status nicht länger akzeptieren will.

Seitens der aufstrebenden Länder hat man sich seit mehr als 10 Jahren bemüht, in dem westlichen System fair und angemessen berücksichtigt zu werden. Zu dem Thema habe ich bereits in dem 2007 geschriebenen Buch "Endlich Klartext" Stellung bezogen.

In dem letzten IWF-Bericht sind dramatische Veränderungen erkennbar.

Die Industrienationen haben laut den Berechnungen per Ende 2013 nur noch einen Anteil an der Weltwirtschaft von 43,6%. Die aufstrebenden Länder stehen für 56,4% der Weltwirtschaftsleistung. Mit den Wachstumsdifferenzen per 2014 wird sich diese Achse weiter zu Lasten des Westens verschieben.

Die aufstrebenden Länder stellen auch 85,3% der Weltbevölkerung gegenüber 14,7% in den entwickelten Ländern. Mehr noch kontrollieren sie mehr als 70% aller Devisenreserven der Welt.

Sie haben auch in einer Durchschnittsbetrachtung weder die westlichen Verschuldungs- oder vergleichbare Demographieprobleme auf absehbare Zeit.

Ist es nicht sachlich geboten, vor diesem Hintergrund politische Macht angemessen zu teilen und eine evolutionäre Lösung anzustreben, anstelle revolutionäre Mittel zu wählen, die schlussendlich allen schaden (Naher Osten, Ukraine, CIA)?

Aktuell fällt diese Politik Europa und Russland konjunkturell auf die Füße.

Die normative Kraft des Faktischen als auch eine humanistische Grundprägung, die dem Zeitgeist der Aufklärung und unserem Wertekanon Rechnung trägt als auch Ausdruck von Toleranz gegenüber anderen Kulturen und deren Zeitgeist ist (klappt ja auch bei Saudi-Arabien und Katar …), erlaubt nur eine Option. Der Westen zwingt die aufstrebenden Länder förmlich dazu, sich zu emanzipieren.

Die Gründung der New Development Bank als Gegenstück zu dem IWF ist da nur ein Beispiel. Die Shanghai Corporation baut in den kommenden Dekaden massiv die eurasische Infrastruktur (u.a. Seidenstraße) auf, während der Westen ganz andere geopolitische Maßnahmen seit 13 Jahren in Anwendung bringt.

Dabei steht China fest an der Seite Russlands. Anders sind die 38 Verträge (maßgeblich Infrastruktur) mit bis zu 30-jährigen Laufzeiten, die im Frühjahr auch als Konsequenz der Ukrainekrise geschlossen wurden, nicht zu interpretieren.

Ebenso ist das Thema South-Stream und der Schulterschluss Russland/Türkei Ausdruck der SCO-Politik, die immer mehr Freunde und Assoziierte unter den aufstrebenden Ländern gewinnt.

Diese Entwicklung muss auch als eine Antwort auf die Glaubwürdigkeit der Außenpolitik des Westens interpretiert werden, die von vielen Seiten als mindestens einäugig klassifiziert wird. Daraus folgt eine Abwendung, der letzte APEC-Gipfel war vor diesem Hintergrund eine Lektion für die USA und die nicht einmal anwesende EU …

Ist der Ansatz Konfrontation oder Aufbau von Infrastruktur smart? Wo stellt sich die EU auf? Wie geht die EU mit ihrer ökonomischen Verlässlichkeit um? Wo liegt die konjunkturelle Zukunft und wo steht viel Vergangenheit? Welche Ausrichtung ist smart oder weniger smart? Viele Fragen, auf die ich heute keine (politisch korrekten) Antworten habe.

Der weitere Verlauf der deutschen, der europäischen und der Weltkonjunktur als auch der gesellschaftspolitischen Stabilität Europas und ultimativ die Frage nach Krieg oder Frieden, wird sich aber genau an diesen Fragen entscheiden.

In der Hanse lautete das Motto: Wandel durch Handel. Es fühlt sich gut an, in Hamburg geboren zu sein und in Bremen zu arbeiten …

Mehr dazu gibt es im Jahresausblick 2015, der in der kommenden Woche veröffentlicht wird.

Derzeit ergibt sich ein Szenario, das in der Parität EUR-USD eine neutrale Positionierung impliziert. Erst ein Ausbruch aus der Bandbreite 1.2230 - 1.2600 eröffnet neue Opportunitäten.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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