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Politik dominiert Finanzmärkte

06.01.2015  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.1968 (07.48 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.1888 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 118.71. In der Folge notiert EUR-JPY bei 142.05. EUR-CHF oszilliert bei 1.2018.

Was hat sich seit dem 16.Dezember, dem letzten Erscheinungstermin des Forex Reports per 2014, veränder?

Die nüchterne Antwort lautet: Wenig oder nichts!

Weiterhin hält die Politik die Finanzmärkte in Atem. Weiterhin belastet das politische Risikopotential die Akteure in der Realwirtschaft.

Die Folge dieser Konstellation ist eine hohe Volatilität an den Aktienmärkten. Die Bondmärkte profitieren markant. Die 10-jährige Bundesanleihe markierte ein historisches Renditetief bei 0,49%. Fraglos spielt die Erwartungshaltung, dass die EZB in das Segment der Staatsanleihen bei der geplanten Erweiterung der Bilanzsumme einsteigt, auch eine erhebliche Rolle.

Der Euro ist in den zurückliegenden Wochen deutlich unter Druck geraten. Entscheidender Katalysator ist die labile politische Lage in Griechenland. Natürlich spielen die Wachstumsdifferenzen zu den USA und die unterschiedlich ausgeprägten Zinserwartungen am Finanzmarkt auch eine Rolle.

Bezüglich der US-Zinserwartungen sind wir angehm überrascht, dass erste Stimmen aus den USA (Bill Gross EX-Pimco-Manager) sich unserer im Jahresausblick verdeutlichten Sichtweise annähern, dass eine echte Zinswende in den USA unwahrscheinlich ist. Das ist bisher nicht an den Devisenmärkten diskontiert.

Die Situation in Griechenland ist zugespitzt. Das Risiko, dass sich Griechenland politisch neu aufstellt und damit den bisher eingeschlagenen Weg der Reformpolitik verlässt, ist erheblich. Die daraus resultierenden Debatten über einen Ausstieg Griechenlands aus der Eurozone beleben die Phantasien an den Finanzmärkten.

Fakt ist, dass die EU-Kommission richtig liegt. Der Beitritt in die Eurozone ist irreversibel. Andererseits haben wir in den letzten sechs Jahren gelernt, dass Regeln grundsätzlich, aber eben nicht immer befolgt werden. Wenn Griechenland partout aussteigen wollte, was derzeit unwahrscheinlich ist, würden Wege gefunden werden.

Es ist für Griechenland im höchsten Maße unglücklich, dass gerade in der Phase, in der die Erholugstendenzen aus der Reformpolitik messbar werden (seit dem 2. Quartal 2014), diese Politik in Frage gestellt wird. Damit läuft Griechenland das Risiko, die Ernte aus der Reformpolitik, die fraglos extrem schmerzhaft war, nicht einzufahren.

Ein Austritt würde Griechenland im Mark treffen. Bezüglich des Programms Syrizas wäre auch nicht in leisesten Ansätzen eine Kapitalmarktfähigkeit gegeben.

Dieses Thema wird uns mindestens bis Ende Januar in Atem halten.

Das andere belastende Thema, das derzeit medial eher ausgeblendet ist, stellt die Ukrainekrise dar.

Fakt ist, dass der Schulterschluss zwischen Mokau und Peking in den letzten Wochen noch enger geworden ist. Die Erkenntnis, dass es um große Geopolitik und nicht die demokratische Verfassung oder gar das Selbstbestimmungsrecht der Ukraine geht (mit US-Vertreterin nach Schnelleinbürgerung in der ukrainischen Regierung …), ist in Peking, Moskau, Brasilia und anderen Hauptstädten in den aufstrebenden Ländern äußerst ausgereift.

Eine Lösung dieses Konflikts ist möglich, aber noch nicht fassbar.

Fakt ist, dass die Phalanx der EU an der Seite der USA verbal noch steht. Die Betonung liegt auf dem Wort "noch". Im Hintergrund rumort es nach meiner Kenntnislage erheblich.
Beinhaltet das Risiken bezüglich der deutschen Führungsrolle in der Griechenlandfrage als auch der Lösung der Ukrainekrise?

Sentimentindikatoren liefern zu Jahresbeginn leicht entspannende Signale.

Das gilt vor allen Dingen für Irland. Der irische Dienstleistungsindex legte per Dezember im Monatsvergleich von zuvor 61,6 auf 62,6 Punkte zu und markierte den höchsten Stand seit 2007. Wir verweisen auf Aristoteles. Wer Strukturen verändert, verändert Konjunkturverläufe und damit die Haushaltslagen.

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Per Dezember legte das französische Verrbauchervertrauen unerwartet von zuvor 87 auf 90 Punkte zu. Die Prognose lag bei 88 Zählern. Damit markierte dieser Index den höchsten Wert seit Juni 2012.

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Der Sentix-Index der Eurozone setzte per Januar mit einem nicht erwarteten Anstieg von zuvor -2,5 auf +0,9 Punkte (Prognose -1,0) positive Akzente. Der Index erreichte damit den höchsten Wert seit August 2014.

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Die Schicksale der Eurozone, der EU und Deutschlands sind mit den aktuellen Krisen in der Ukraine und Griechenland eng verwoben.

Auch der politische Unmut, der sich in Demonstrationen und neuen politischen Formationen (z.B. Spanien) sollte diesbezüglich nicht unterschätzt werden.

Eine glaubhafte EU darf nicht nur auf Erweiterung fokussiert sein, sondern täte gut daran, die Menschen der EU mitzunehmen und das Wachstum der letzten 15 Jahre zu konsolidieren.

Derzeit ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem Euro favorisiert. Ein Überwinden des Widerstandsniveaus bei 1.2100 - 30 neutralisiert den negativen Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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