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Ein Blick auf 2015

19.01.2015  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
- Seite 3 -
US-Dollar unter Aufwertungsdruck

Der US-Dollar hat sich gegenüber anderen Währungen schon merklich aufgewertet. Seit Herbst 2011 bis Ende Dezember 2014 betrug der Anstieg - in handelsgewichteter Rechnung - etwa zwanzig Prozent. Der Greenback ist nach wie vor die internationale Reservewährung; er ist das internationale Grundpapiergeld.

Gründe für den erstarkenden US-Dollar könnten die Folgenden sein: Die US-Wirtschaft arbeitet sich aus der Finanz- und Wirtschaftskrise deutlich besser heraus als andere Volkswirtschaften (wie zum Beispiel Europa, Japan und die 'aufstrebenden Volkswirtschaften‘) und stellt bereits höhere Renditen als anderswo in Aussicht. Zudem will die amerikanische Zentralbank ihren Leitzins erhöhen. Auch das belebt die Nachfrage nach US-Dollar.

Zudem sind die Investoren auf den Anleihe- und Aktienmärkten zusehends zurückhaltend geworden, ihr Geld in 'aufstrebenden Volkswirtschaften‘ zu investieren, beziehungsweise ihr Kapital abzuziehen. Die Folge: Die Wechselkurse dieser Länder verfallen, es ergeben sich zunehmende Konjunkturrisiken, die wiederum die Nachfrage nach (vermeintlich) 'sicheren‘ US-Dollar-Anlagen befördert. Und nicht zuletzt befinden sich der Euro und der Japanische Yen in überaus schwierigem Fahrwasser.

Spätestens mit dem Wiedererscheinen der Griechenlandkrise dürfte deutlich geworden sein, dass Euro-Investoren einem erheblichen Risiko ausgesetzt sind: Es besteht die Gefahr, dass die europäische Einheitswährung auseinanderbricht oder dass sie durch unablässiges Geldmengenvermehren entwertet wird. Auch die Skepsis gegenüber dem Yen dürfte weiter zunehmen, wenn die japanische Zentralbank fortfährt, Staatsanleihen gegen Ausgabe von neuem Geld zu kaufen.


Das Weltfinanzsystem hängt am US-Dollar

Der derzeitige Drang in den US-Dollar ist nicht verwunderlich: Das weltweite Kredit- und Geldsystem ist ein Dollar-Devisen-Standard. Der Greenback ist sozusagen das Grundpapiergeld der Welt, die Reservewährung für alle anderen Währungen - ob für Euro, Chinesischen Renminbi, Britisches Pfund oder Schweizer Franken. Der US-Dollar ist die Basis, auf der die Vermehrung anderer Währungen stattfindet.

Sollte folglich ein Rückzug aus anderen Währungen und eine Hinwendung zum US-Dollar einsetzen, stünde eine mitunter sehr starke US-Dollar-Aufwertung ins Haus. So etwas hat es in der Vergangenheit bereits gegeben. Zum Beispiel legte der US-Dollar-Außenwert von April 1995 bis Februar 2002 um 40 Prozent zu, von September 1980 bis März 1985 um 54 Prozent.

Angesichts dieser Größenordnungen nimmt sich die Dollar-Aufwertung seit August 2011 bis Dezember 2014 mit etwa 20 Prozent noch bescheiden aus. Wertet der US-Dollar weiter auf, wird sich wohl früher oder später Widerstand aus der amerikanischen Industrie regen, die ihre Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt sieht. Die "natürliche" Reaktion wäre, dass die US-Zentralbank ihre in Aussicht gestellten Zinserhöhungen absagt - zumal ein gefallener Ölpreis und sinkende Importgüterpreise die US-Teuerungsrate tief halten werden.

Der Renditevorteil der Dollar-Anlagen würde abnehmen, die Dollar-Nachfrage würde gedämpft und der Aufwertungsdruck gemildert. Doch wäre das ausreichend, um die Dollar-Aufwertung zu stoppen? Der letztlich entscheidende Faktor für die Entwicklung des US-Dollar-Außenwertes dürfte in den Geldpolitiken der anderen Länder liegen.


Schuldenmonetisierung

Die japanische Zentralbank kauft Staatsschulden auf und bezahlt mit neu geschaffenem (Basis-)Geld. Seit Ende 2012 wird diese Politik verfolgt, und seither ist der Yen-Außenwert drastisch verfallen. Doch die Hoffnung, dass diese Politik für Wachstum und Beschäftigung sorgen wird, hat sich bislang nicht erfüllt. Nun hat auch die EZB in Aussicht gestellt, dass sie - neben den Krediten, die sie Banken bereits abkauft - Euro-Staatsanleihen aufkaufen und die Käufe mit neu geschaffenen Euro bezahlen will. Allen Verlautbarungen und Beschönigungen zum Trotz läuft eine solche Geldpolitik auf eine Entwertung der Währung hinaus. Und nicht nur das. Die Geldvermehrungspolitik könnte eine Währungskrise auslösen.

Wenn Investoren zur Auffassung gelangen, dass die Geldmenge immer weiter ausgeweitet wird, wächst natürlich die Sorge vor Geldwertverlust. Die Nachfrage nach der betreffenden Währung nimmt ab, führt zu einer Flucht aus der Währung. Investoren würden dann beispielsweise ihre Anleihen verkaufen.

Der Verkaufsdruck lässt die Zinsen steigen. Im Bestreben, den Zinsauftrieb abzuwehren, muss die Zentralbank vermehrt Anleihen im Kapitalmarkt kaufen und die Käufe mit neu geschaffenem Geld bezahlen. Dadurch kommt eine Abwärtsspirale in Gang: Die Geldmengenausweitung lässt das Vertrauen in die Währung weiter schwinden, die Flucht aus der Währung verschärft sich. Im Extremfall könnte das gesamte ungedeckte Papiergeldsystem in sich zusammenfallen.


Die staatliche Schuldenlast

Üblicherweise wird die staatliche Schuldenlast als Staatsschulden in Relation zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) dargestellt. Danach betrug zum Beispiel Ende 2013 die Schuldenquote im Euroraum 92,7 Prozent. Allerdings kann man durchaus Zweifel an der Aussagekraft dieser Darstellung anmelden. Denn sie erweckt den Anschein, dass BIP stünde dem Staat voll und ganz zur Verfügung, um seine Schulden last zu schultern. Doch das ist nicht so.

Der Staat hat in der Regel nur Anspruch auf einen Teil des BIP. Er könnte niemals Zugriff auf das gesamte BIP nehmen. Denn in einem solchen (Extrem-)Fall könnte die bisherige Wirtschaftsleistung, die das BIP anzeigt, nicht mehr erbracht werden. Angemessen ist daher, die Schulden in das Verhältnis zu den laufenden Einnahmen des Staates zusetzen. Bei einer solchen Darstellung lag die Schuldenlast aller Euroraum-Staatskredite Ende 2013 bei knapp 200 Prozent.

Die Schuldenlast, die der ökonomischen Schuldenlast näher kommt, liegt folglich höher als die offizielle Darstellung es nahelegt. Genauer: mehr als doppelt so hoch.
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