Draghis Breitband-Antibiotikum
26.01.2015 | Prof. Dr. Max Otte
Seit gestern ist es offiziell: die Europäische Zentralbank kauft im großen Stil Anleihen, um damit nach eigenen Aussagen den deflationären Tendenzen im Euroraum entgegenzuwirken. Damit sind alle Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht Makulatur, denn Draghi hat nun endgültig Fakten geschaffen.
Bis zu 60 Milliarden Euro pro Monat oder bis zu einer Billion Euro insgesamt soll an Liquidität über Anleihekäufe, auch solche mit negativen Renditen, in den Markt gepumpt werden. Ein paar kosmetische Verfeinerungen sind dran, damit es nicht völlig als Finanzierung unsolider Schuldner aussieht: die Käufe sollen auf 33 Prozent der ausstehenden Staatschuld des jeweiligen Landes begrenzt sein und das jeweilige Land soll zu 80 Prozent haften. Bereits bei der EZB aufgebaute Bestände von Staatschulden werden angerechnet. Dennoch ist es natürlich offiziell, dass hier eine Haftungsgemeinschaft ausgebaut wird.
Einerseits will Europa durch seine Sparpolitik in den Krisenländern bewusst Deflation herbeiführen, damit dort die Preise sinken (reale Abwertung), andererseits will man in Europa insgesamt die Inflation auf 2,0 Prozent anheben? Damit überfordert man die Notenbanken massiv. Helmut Schmidt sagte einmal, dass die EZB die einige funktionierende politische Institution in Deutschland sei. Aber wer nur einen Hammer hat, für den sieht jedes Problem wie ein Nagel aus, und er hämmert freudig drauflos.
Im Übrigen wiederholt sich der einmalige deflationäre Effekt durch den gesunkenen Ölpreis nicht. Im Gegenteil, sollte der Ölpreis steigen, gibt es wieder inflationäre Impulse. Ob also die Dragi-Politik wirken wird, darf bezweifelt werden.
Zum Anleihekaufprogramm müssen dann noch härtere flankierende Maßnahmen wie die Einführung von Negativzinsen her. Das kommt dann, wie ich in einem demnächst erscheinenden Artikel im ifo-Schnelldienst argumentiere, dem Marsch in den Kontrollstaat nahe. Wenn man dann noch, wie der bekannte amerikanische Ökonom Kenneth Rogoff im letzten Winter, über die Abschaffung von Bargeld sinniert, weil es unpraktisch ist und vor allem kriminelle Handlungen unterstützt, dann sieht man, wohin der Zug fährt.
Es gibt allerdings definitive Wirkungen der Politik: die unsoliden Länder und Schuldner werden durch die Vertiefung der Haftungsgemeinschaft belohnt, die guten bestraft. Strukturreformen werden schwieriger. Die Reichen werden reicher, denn die niedrigen Zinsen sind ein Subventionsprogramm für Reiche und eine Strafe für die Mittelschicht, wie ich in meinen ifo-Artikel darlege. Außerdem werden die Vermögenspreise weiter nach oben getrieben.
Zumindest vom letzten Punkt haben Sie, verehrte Leser, etwas. Seit dem letzten Jahr bin ich in Bezug auf die Weltlage pessimistischer geworden. Dennoch bleibe ich bei meinem Standpunkt, dass Aktien besser zum Vermögenserhalt sind als Geldvermögen. Der norwegische Staatsfonds - mit ca. einer Billion Euro verwaltetem Vermögen der größte der Welt, macht es vor: seine Aktienquote beträgt 60 Prozent.
Die Ankündigungen Draghis haben den europäischen Aktienmärkten einen kräftigen Schub gegeben. Wenn kein ganz großer Unfall bevorsteht und wenn sich die Krise in der Ukraine nicht verschärft (der ukrainische Präsident Poroschenko unternimmt allerdings alles, damit der Krieg "heiß" bleibt), dann kann die Rallye des Jahres 2015 beginnen. Denn europäische Aktien sind billig, billig, billig. Allerdings sollten Sie im Zuge der Weltkrise einen immer höheren Anteil in wirkliche Königsaktien investieren, die auch Krisen unbeschadet überstehen.
© Prof. Dr. Max Otte
Bis zu 60 Milliarden Euro pro Monat oder bis zu einer Billion Euro insgesamt soll an Liquidität über Anleihekäufe, auch solche mit negativen Renditen, in den Markt gepumpt werden. Ein paar kosmetische Verfeinerungen sind dran, damit es nicht völlig als Finanzierung unsolider Schuldner aussieht: die Käufe sollen auf 33 Prozent der ausstehenden Staatschuld des jeweiligen Landes begrenzt sein und das jeweilige Land soll zu 80 Prozent haften. Bereits bei der EZB aufgebaute Bestände von Staatschulden werden angerechnet. Dennoch ist es natürlich offiziell, dass hier eine Haftungsgemeinschaft ausgebaut wird.
Einerseits will Europa durch seine Sparpolitik in den Krisenländern bewusst Deflation herbeiführen, damit dort die Preise sinken (reale Abwertung), andererseits will man in Europa insgesamt die Inflation auf 2,0 Prozent anheben? Damit überfordert man die Notenbanken massiv. Helmut Schmidt sagte einmal, dass die EZB die einige funktionierende politische Institution in Deutschland sei. Aber wer nur einen Hammer hat, für den sieht jedes Problem wie ein Nagel aus, und er hämmert freudig drauflos.
Im Übrigen wiederholt sich der einmalige deflationäre Effekt durch den gesunkenen Ölpreis nicht. Im Gegenteil, sollte der Ölpreis steigen, gibt es wieder inflationäre Impulse. Ob also die Dragi-Politik wirken wird, darf bezweifelt werden.
Zum Anleihekaufprogramm müssen dann noch härtere flankierende Maßnahmen wie die Einführung von Negativzinsen her. Das kommt dann, wie ich in einem demnächst erscheinenden Artikel im ifo-Schnelldienst argumentiere, dem Marsch in den Kontrollstaat nahe. Wenn man dann noch, wie der bekannte amerikanische Ökonom Kenneth Rogoff im letzten Winter, über die Abschaffung von Bargeld sinniert, weil es unpraktisch ist und vor allem kriminelle Handlungen unterstützt, dann sieht man, wohin der Zug fährt.
Es gibt allerdings definitive Wirkungen der Politik: die unsoliden Länder und Schuldner werden durch die Vertiefung der Haftungsgemeinschaft belohnt, die guten bestraft. Strukturreformen werden schwieriger. Die Reichen werden reicher, denn die niedrigen Zinsen sind ein Subventionsprogramm für Reiche und eine Strafe für die Mittelschicht, wie ich in meinen ifo-Artikel darlege. Außerdem werden die Vermögenspreise weiter nach oben getrieben.
Zumindest vom letzten Punkt haben Sie, verehrte Leser, etwas. Seit dem letzten Jahr bin ich in Bezug auf die Weltlage pessimistischer geworden. Dennoch bleibe ich bei meinem Standpunkt, dass Aktien besser zum Vermögenserhalt sind als Geldvermögen. Der norwegische Staatsfonds - mit ca. einer Billion Euro verwaltetem Vermögen der größte der Welt, macht es vor: seine Aktienquote beträgt 60 Prozent.
Die Ankündigungen Draghis haben den europäischen Aktienmärkten einen kräftigen Schub gegeben. Wenn kein ganz großer Unfall bevorsteht und wenn sich die Krise in der Ukraine nicht verschärft (der ukrainische Präsident Poroschenko unternimmt allerdings alles, damit der Krieg "heiß" bleibt), dann kann die Rallye des Jahres 2015 beginnen. Denn europäische Aktien sind billig, billig, billig. Allerdings sollten Sie im Zuge der Weltkrise einen immer höheren Anteil in wirkliche Königsaktien investieren, die auch Krisen unbeschadet überstehen.
© Prof. Dr. Max Otte