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Dissonanzen zwischen Europa und Griechenland nehmen zu - EZB hilft

06.02.2015  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.1463 (07.56 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.1333 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 117.26. In der Folge notiert EUR-JPY bei 134.42. EUR-CHF oszilliert bei 1.0592.

Nach ersten Annäherungstendenzen setzt sich der Diskurs zwischen der neuen griechischen Regierung und dem Partnern in der Eurozone fort. Der Vorschlag des griechischen Finanzministers Varoufakis, Deutschland solle Griechenland durch Auflegung eines Marshall-Plans zu mehr Wachstum verhelfen, stieß auf wenig Verständnis. Indirekt forderte er Deutschland dazu auf, mehr Verantwortung zu übernehmen und eine stärkere Rolle in der europäischen Gemeinschaft zu spielen.

Die deutsche Seite zeigt sich angesichts der Vorschläge irritiert. Schließlich galt Deutschland im Wahlkampf der Szyriza noch als Brandstifter. Deutsche Politiker pochen weiter darauf, dass auch die neue griechische Regierung die bestehenden Verträge erfüllen soll.

Politisch bleiben die Fronten vorerst noch ein gutes Stück auseinander. Das Treffen der beiden Finanzminister Varoufakis und Schäuble verlief dagegen unspektakulär. Man sei sich einig, dass man sich uneinig sei, so Schäuble. Er und Varoufakis gaben sich aber Mühe möglichst neutral zu bleiben. Das Gespräch hatte einen hohen Kennenlernfakor. Inhaltlich gab es dagegen wenig zu vermelden. Das von Varoufakis geforderte Überbrückungsprogramm bis Ende Mai stieß wie erwartet nicht auf fruchtbaren Boden. Über einen Schuldenschnitt wurde nicht gesprochen. Es sollen weitere Gespräche folgen.

Die Lage der griechischen Banken dagegen kurzfristig entspannt. Den Geschäftsbanken werden kurzfristige Liquiditätshilfen von ca. 60 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt. Diese Nothilfen sind allerdings deutlich teurer als reguläre Refinanzierungsgeschäfte bei der EZB. Die Gefahr einer kurzfristigen Bankenpleite in Griechenland ist damit aber erst einmal gebannt. Trotzdem sollten sich die Abhebungen von Kundengeldern weiter im großen Umfang fortsetzen. Bundesbank Präsident Weidmann plädiert dafür, bei den Nothilfen strenge Regeln anzulegen. Trotzdem bleibt das Thema Volatilität in diesem Thema in den kommenden Tagen ein Begleiter an den Märkten.

Neben der Baustelle Griechenland ist Kanzlerin Merkel auch in der Dauerbaustelle Ostukraine aktiv. Zusammen mit Francois Hollande wird sie nach Moskau reisen und mit Putin sprechen. Als Vorschlag bringen sie den Plan mit, die Ostukraine in eine autonome Zone umzuwandeln und sie so zu befrieden. Was ein Teil der Medien als „Zugeständnis an Putin“ wertet, ist dagegen ein kluger Schachzug. In der Ostukraine droht die Eskalation der Lage. In den letzten Tagen hatte sich der Eindruck verfestigt, dass die USA mit massiven Waffenlieferungen eine Zuspitzung auf militärischer Ebene vorantreiben würden.

Ein jahrelanger Bürgerkrieg ist eine Option mit hoher Wahrscheinlichkeit. Hier Frieden zu stiften und als Vermittler zwischen den Interessen der USA und Moskau (und natürlich auch unter Berücksichtigung der eigenen Nähe zum Krisengebiet) aufzutreten, stimmt uns positiv, dass es doch einen diplomatischen Ausweg geben kann.

Auch die kursierenden Gerüchte, dass eine Freihandelszone zwischen Europa und Russland bei dem bevorstehenden Treffen angeregt werden könnte macht Mut. Aufgrund der gewachsenen Handelsverbindungen und zentralen geografischen Lage Europas und unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Abhängigkeiten war es ohnehin schwierig nachzuvollziehen, warum Europas Politiker den Eindruck vermittelten, sich frühzeitig exklusiv auf nordamerikanische Freihandelsabkommen mit Canada (bereits realisiert) und USA (TITIP) zu fokussieren.

Bei dem heute anstehenden US-Arbeitsmarktbericht gibt es leichtes Enttäuschungspotenzial. Der Euro könnte einen neuen Anlauf über die 1,1500-Marke nehmen. Insgesamt sollte der Handelstag aber eher ruhiger Natur ausfallen.

Aktuell ergibt sich ein Szenario, das den EUR gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten des Unterstützungsniveaus bei 1.1200 - 30 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Moritz Westerheide
Bremer Landesbank



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