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EU emanzipiert sich gegenüber USA - Griechenland recht mutig - Klartext zum US-Arbeitsmarkt

09.02.2015  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.1323 (07.53 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.1286 im asiatischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 118.89. In der Folge notiert EUR-JPY bei 134.70. EUR-CHF oszilliert bei 1.0498.

Die Ukrainekrise ist und bleibt das bedeutendste Risiko für die Realwirtschaft und auch die Finanzmärkte.

Die Münchner Sicherheitskonferenz lieferte in Verbindung mit der neuen diplomatischen Initiative des Duos Merkel/Hollande mannigfaltige Erkenntnisse.

Die Homogenität der Position USA/EU ist eine Illusion. Die Einlassungen der US-Vertreter in ihren von der Bild-Zeitung öffentlich gemachten internen Vorbereitungsgesprächen zeichnen sich durch eine "herablassende Tonart" aus.

Mehr noch wird deutlich, dass die US-Position Interesse an einer Eskalation und nicht an einer Deeskalation hat. Die humanitären Folgen spielen für die US-Seite in dieser geopolitischen Auseinandersetzung offensichtlich eine untergeordnete Rolle. Mehr Waffen haben noch nie geholfen. Die Parallelen zu den Einlassungen Frau Nulands vor knapp 12 Monaten mit der aktuellen Verbalakrobatik sind markant.

Fakt ist, dass hier zarte Blüten einer außenpolitischen Emanzipation der EU gegenüber den USA erkennbar sind. Zarte Blüten sind zu pflegen … und danke!

Für die EU, für Deutschland, für die Menschen der Ukraine und für Russland steht derzeit extrem viel auf dem Spiel.

Auch Russland sollte dies erkennen und die richtigen Rückschlüsse ziehen.

Unsere „Freunde“ in Griechenland sind mutig bei den Forderungen an Dritte und bescheiden bei der eigenen Fehleranalyse, die diese Lage über Jahrzehnte erst schaffte.

Die Einlassungen aus den anderen Reformländern, die nicht derartige Sonderbehandlungen forderten (u.a. Portugal, Italien), bieten keinen Anlass auch nur in Ansätzen von Solidarität zu reden. Die Position, die Griechenland verfolgt, ist von Maximalforderungen geprägt und lässt kaum eine Kompromissbereitschaft erkennen.

Die zuletzt erkennbaren konjunkturellen und fiskalischen Erfolge der Reformpolitik werden damit lässig zur Disposition gestellt.

Ministerpräsident Tsipras geht auf Konfrontationskurs zur EU. Die Regierung lehne eine Verlängerung des Hilfsprogrammes, das Ende Februar ausläuft, ab. Tsipras sagte, dass man nicht über die Souveränität Griechenlands verhandeln werde. Lieber Herr Tsipras, immer wenn Griechenland Souveränität hatte, ging sehr viel schief, oder kennen Sie Ihre eigene Historie nicht? Wie kann man dann Vertrauen erwarten?

Dennoch braucht Griechenland weitere Finanzhilfen. Das ist der kritische Punkt. Tsipras bricht das Vertrauen. Verträge werden nicht honoriert (siehe oben!)!

Tsipras sieht die Möglichkeit, eine Brückenvereinbarung mit den Euro-Staaten zu erreichen. Wirklich Herr Tsipras?

Zugleich bekräftigte der Regierungschef seine Versprechen aus dem Wahlkampf. Darunter fallen Rentenerhöhungen, die Wiedereinstellung von Staatsbediensteten (8.000 von 220.000 Entlassenen) und eine Anhebung des Mindestlohnes auf das Vorkrisenniveau. War nicht gerade das die Grundlage der wiedergewonnenen Konkurrenzfähigkeit an den internationalen Märkten und der jetzt langsam einsetzenden Konjunkturerholung?

Positiv ist anzumerken, dass die Regierung stärker gegen Korruption und Steuervermeidung vorgehen will. Man würde große Auslandsguthaben überprüfen. Außerdem würden Staatsausgaben gekürzt, Vergünstigungen für Minister und Abgeordnete gestrichen. Alle öffentlichen Ausschreibungen sollten auf Korruption hin untersucht werden. Das ist fraglos zu unterstützen.

Kritisch wird die EU die Pläne bewerten, nicht länger Staatseigentum zu privatisieren und von Deutschland Reparationen zu verlangen. Dazu: Kein Kommentar!

Euro-Gruppen-Chef Dijsselbloem hat Griechenland bis zum 16. Februar Zeit gegeben, um eine Verlängerung des Hilfsprogramms zu beantragen. Die Uhr tickt - Die Institutionen sind auf einen Zahlungsausfall und eine neue Pleite Griechenlands vorbereitet.

Fakt ist, dass diese Entwicklung weiter kurzfristig belastet.


Klartext zum US-Arbeitsmarktbericht:

Auf ersten Blick lieferte der US-Arbeitsmarktbericht erhebliche unerwartete positive Akzente. Außerhalb der Beschäftigung wurden angeblich 257.000 neue Jobs geschaffen. Die Prognose lag bei 235.000.

Der Vormonatswert wurde von +252.000 auf +329.000 neue Arbeitsverhältnisse revidiert. Wenn man diese Daten ernst nimmt, müsste man von einem Boom am US-Arbeitsmarkt unter quantitativen Aspekten (Anzahl der Jobs ohne Berücksichtigung der involvierten Lohnsummen) sprechen.

Fakt ist, dass offensichtlich die negativen Daten (Verlust hoch bezahlter Jobs!) aus dem "Fracking/Shale-Geschäft" keinen Eingang in diese Datenreihe gefunden haben.

Mehr noch irritiert, dass angeblich Unternehmen kräftig einstellen, obwohl die Stimmung der Unternehmen auf einem Tiefpunkt seit 2012 oszilliert (Aktuell -3,5 Punkte, blau, linke Skala). Dazu passt fraglos die Entwicklung der Renditen der 10 jährigen US-Treasuries (rosa, rechte Skala).

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Um das kritische Bild noch zu unterstreichen, macht es Sinn, sich den Kollaps der Steuereinnahmen in den Bundesstaaten mit Fracking und Shale anzusehen. Her brach das Steueraufkommen auf das niedrigste Niveau seit 2010 ein (Chart blaue Linie, blauer Punkt).

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Trotz dieses "sportlichen" Anstiegs der "Nonfarm Payrolls" bewegt sich die Partizipationsrate am US-Arbeitsmarkt auf dem Tiefpunkt seit dem Ende der 70er Jahre.

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Die Quantität der geschaffenen Jobs mag oberflächlich überzeugen. Die Datenqualität kann es definitiv nicht!
Ergo: Vorsicht bei Rückschlüssen …

Aktuell ergibt sich ein Szenario, das den EUR gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten des Unterstützungsniveaus bei 1.1200 - 30 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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