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Eurozone: Kollateralschaden (Teil 1/2)

11.02.2015  |  John Mauldin
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Da die Griechen um ihrer Rettung willen einer Bedingung zustimmten, die ihnen Unmögliches abverlangte - die Rückzahlung ihrer Schulden - möchte jetzt der Rest der Eurozone (allem voran Deutschland), dass Griechenland sich auch weiterhin dazu verpflichtet, das Unmögliche zu tun, damit ihnen noch mehr Geld gegeben wird, so dass ihre Schulden, die sie unmöglich zurückzahlen können, noch weiter steigen. (Vielleicht haben Sie diesen Satz drei- oder viermal gelesen, damit sich Ihnen der Sinn erschließt. Das liegt aber daran, dass die Position der Eurozone einfach keinen Sinn ergibt.)

Den Rest Europas scheint es nicht weiter zu stören, wenn Griechenland immer mehr Schulden ansammelt, die es nicht zurückzahlen kann - solange nicht, solange das Land zumindest verspricht, diese Schulden zurückzuzahlen. Dass sie mit diesem Verhalten aber einer permanenten Depression in Griechenland Vortrieb leisten, scheint nicht sehr weit oben auf ihrer Sorgenliste zu stehen.

Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis (bis vor Kurzem noch Professor an der University of Texas und ein so richtiger, oder genauer gesagt so typischer Sozialist, wie man ihn an US-Universitäten findet) machte sich auf eine Rundreise durch Europa, um für Unterstützung für seine Idee zu werben: Griechenland wolle bei Weitem nicht zusätzliche Rettungsgelder, Griechenland wolle sich etwas Zeit leihen (mit einer “Überbrückungsvereinbarung“), um einen besseren Plan auszuarbeiten.

Varoufakis kehrte mit rein gar nichts in den Händen zurück nach Hause. Hier und dort konnte er sich etwas Sympathie erwecken, allerdings bot ihm keiner Geld oder Versprechen an. Nach seinem Treffen mit dem EZB-Präsidenten Mario Draghi, das auf den ersten Blick herzlich verlaufen zu sein schien, machte dieser Griechenland ganz einfach rund. Aus der Financial Times:

“Der französische Präsident sagte, er unterstütze die neugewählte Syriza-Regierung in ihrem Bestreben, bessere Bedingungen mit den internationalen Gläubigern der Rettungskredite zu vereinbaren, möglicherweise in Form einer Verlängerung der Kreditfälligkeiten. Dies gelte, insoweit Griechenland weiterhin bestrebt sei, Mitglied der Eurozone zu bleiben, ökonomische Reformen voranzutreiben und die eigenen Schulden zu bedienen.

Hollande verteidigte ebenfalls die überraschende Entscheidung der EZB, welche Mittwochabend beschlossen hatte, den griechischen Kreditnehmern die Möglichkeit zu nehmen, günstige Kredite weiterhin mit griechischen Staatsanleihen zu besichern. Diese Entscheidung wurde von vielen als Warnung der EZB interpretiert, Athen solle davon Abstand nehmen, den versprochenen Ausstieg aus den EU-Hilfsmaßnahmenprogramm, das am 28.Februar ausläuft, zu vollziehen.

“Die Entscheidung der Europäischen Zentralbank zwingt die Griechen und die Europäer, zusammen an einen Tisch, um dort ein neues Programm auszuarbeiten.“, so der französische Präsident. “Das ist legitim.“


Wie sagt man doch so schön? Mit solchen Freunden braucht man keine Feinde. Griechenland ist im Grunde genommen isoliert. Meiner Einschätzung nach wird das auf dem Tisch liegende Angebot, die Verlängerung der Fälligkeitstermine der Schulden, die Senkung der Zinsleistungen und eine geringfügige Lockerung der Austeritätsmaßnahmen beinhalten.

Vieldiskutiert ist auch der Punkt, ob die EZB wirklich die Befugnis hatte, jene (hoch politische) Entscheidung zu treffen, durch die eine Schuldenbesicherung mittels griechischer Staatsanleihen inakzeptabel wurde.

Am 28. Februar läuft das gesamte Finanzierungsprogramm für Griechenland aus. Bis zu diesem Datum können die griechischen Banken Notfall-Liquiditätshilfen (engl. abgekürzt ELA) in Anspruch nehmen, die ihnen aber um einiges teurer zu stehen kommen. Allerdings haben nur solvente Banken mit akzeptablen Schuldensicherheiten Zugang zu ELA. Des Weiteren hat die EZB für Griechenland eine ELA-Obergrenze von 60 Mrd. € gesetzt. Den Schätzungen von Ambrose Evans-Pritchard zufolge wird aber eher ein Betrag im Bereich von 100 Mrd. $ benötigt, und das auch noch recht schnell.

Es ist sehr fraglich, ob der EZB-Rat einer Erhöhung des ELA-Programms für Griechenland zustimmen wird, außer es kommt zu einer Einigung. (Hier finden Sie mehr Informationen über Griechenland und Notfall-Liquiditätshilfen.)

Die griechischen Banken können nur bestimmte Schuldentypen im Rahmen von ELA einsetzen, doch nicht nur das. Diese Schulden müssen auch noch frei und unbelastet sein. Nun ist nicht wirklich klar, wie viele unbelastete Schuldensicherheiten die griechischen Banken eigentlich haben. Die Unternehmensbilanzen deuten darauf hin, dass die Banken Ende Dezember über ca. 293 Mrd. € in Krediten und Anleihen verfügten. Davon waren nur 12,4 Mrd. € griechischen Staatsschulden. Allerdings wurden auch Anleihen mit Staatsgarantien in Höhe von 42 Mrd. € gehalten, die sich nicht als Schuldensicherheiten qualifizieren.

Schon jetzt nutzen griechische Banken EZB-Kapital in Höhe von 50 Mrd. $. Zudem hatten griechische Banken fast 40 Mrd. € Kapital von nicht-griechischen Banken im Interbankenmarkt bezogen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass einige ihrer Aktivposten, womöglich die mit der höchsten Qualität, schon für diese Geldmarktpapiere hinterlegt wurden. Zudem sind 35% der von griechischen Banken vergebenen Kredite notleidend (womit sie für ELA nicht in Frage kommen); der Besicherungswert der restlichen Kredite dürfte ebenfalls deutlich herabgestuft werden. (Davies)

Was die Problemlage zusätzlich verschärft, sind die Geldabflüsse aus den griechischen Banken. “Geldabflug“ wäre vielleicht der passendere Ausdruck. Ich selbst könnte mir ehrlich gesagt auch nicht vorstellen, größere Vermögensmengen, die über den Grundbedarf für Geschäftstransaktionen hinausgehen, in griechischen Banken zu lassen. Allein im Januar wurden fast 14 Mrd. $ aus griechischen Banken abgezogen, damit ist wieder der Spitzenbereich bei den monatlichen Abflüssen erreicht, die während der Krise der letzten Jahre zu beobachten waren. Man kann darauf wetten, dass die Abflüsse nicht ausgesetzt haben, seitdem Varoufakis mit leeren Händen von seiner Europa-Tour zurück ist.



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