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Eurozone: Kollateralschaden (Teil 1/2)

11.02.2015  |  John Mauldin
- Seite 3 -
Im Grunde gab Draghi den Griechen und dem Rest der Eurozone zu verstehen, dass sie zu einer Einigung gelangen müssen, und zwar schnell. Die Regeln der EZB zu den Schuldensicherheiten waren eigenmächtig, und Draghi hat hier willkürlich dem Entscheidungsprozess ein Zeitlimit gesetzt. Unterm Strich bleiben weniger als drei Wochen, allerdings gibt es Zwischenfristen, die sogar noch entscheidender sind. Die Griechen müssen den Finanzministern der Eurozone am 11. Februar ihre Finanzierungsvorschläge vorlegen.

Griechenland könnte sich wahrscheinlich noch bis in den März hinein finanzieren, durch Aufschiebung von Zahlungsfristen und ein klein wenig Finanzschikane. Sollte die EZB nach dem 28. Februar allerdings nicht weiterfinanzieren, sind griechische Banken als solvente Institutionen passé. Die EZB sagt praktisch, dass die Finanzierung solange nicht bestätigt oder verlängert wird, solange die Griechen nicht ihren Zusagen nachkommen. Um die Funktionsfähigkeit der Banken aufrechtzuerhalten, wäre Varoufakis an diesem Punkt quasi gezwungen, einen griechischen “Interimsschein“ herauszugeben. Doch wer würde ein solches Papier wollen?

Der Moment der Entscheidung könnte sogar noch vor dem 28.Februar kommen:

“Jeroen Dijsselbloem, Vorsitzender der Euro-Gruppe, sagte Reuters gegenüber, Griechenland müsse bis zum 16. Februar die Verlängerung des Kredit-gegen-Reform-Plans beantragen, damit die Eurozone diesen weiterhin finanziell tragen werde. Er machte darauf aufmerksam, dass das Treffen am 16. Februar Griechenlands letzte Chance sei, eine Verlängerung der Hilfsmaßnahmen zu beantragen, weil in einigen Eurozone-Ländern solche Vereinbarungen noch von den Parlamenten bestätigt werden müssen. Auch der EFSF-Rettungsfonds für die Eurozone, der mit der Kreditvergabe an Griechenland beauftragt ist, werde auch noch Zeit brauchen, um alle Formalitäten zu erledigen.

Eine Verlängerung des Rettungsprogramms, selbst eine vorläufige, würde allerdings auch bedeuten, dass die von Griechenland so heftig angefochten Vereinbarungen angenommen werden. Und das lässt kaum Raum für eine gemeinsame Basis zwischen Athen und der Eurozone. (The Telegraph)


Die Uhr tickt. Der 16. Februar ist nächste Woche. Es bleibt also nicht mehr viel Zeit für Verhandlungen, zudem scheint der Rest Europas nicht gewillt, Griechenland mehr Zeit zu gewähren. Das sieht nach einem Friss-oder-Stirb-Angebot aus.

Ich habe mit einer Reihe von Leuten gesprochen, die mehr Einblick in die Griechenland-Thematik haben. Ein Trader/ Analyst bei einem großen Hedgefonds, dessen Beruf es ist, solche Dinge zu wissen, sagt, dass es sehr schwer sei, genau herauszufinden, wie hoch die Interbankenschulden sind und wer hier wem etwas schuldet. Zwar sagen uns einige Großbanken, dass alles im Rahmen sei, er frage sich aber, ob man wir denen wirklich vertrauen können.

Wie viele der Interbankschulden in Höhe von 40 Mrd. $, die Griechenland zu zahlen hat, sind von einem “Haircut“ oder gar Ausfall bedroht? Und wie kann man diese Schuldenpositionen eindämmen? Denn macht man das nicht, könnte das in einem ohnehin schon deflationsanfälligen System massiv deflationäre Auswirkungen haben. Wir haben einfach keine Ahnung von den Folgewirkungen.

Vielleicht springt die EZB ein und gleicht die potentiellen Verluste jener Banken aus, sollte Griechenland gehen. Doch wer weiß, vielleicht entscheidet sie sich auch dafür, dass man den Moral Hazard nicht unterstützen darf. Sie wird mit Sicherheit eine harte Linie gegen Griechenland fahren.

“Am Freitag nach US-Börsenschluss stufte Standard & Poor's Griechenland von B auf B - herab. Das Land befindet sich nur eine Stufe über der Kreditausfall-Skala. Die Aussichten wurden bei negativ belassen, was nichts anderes bedeutet, als dass Griechenlands Rating wahrscheinlich weiter gesenkt werden wird. Die Herabstufung, so S&P, ‘ist Zeichen unserer Auffassung, dass die Liquiditätsbeschränkungen, die auf Griechenlands Banken und Wirtschaft lasten, den Zeitrahmen schmälern, der der neuen Regierung zur Aushandlung einer Vereinbarung mit den offiziellen Gläubigern über ein Finanzierungsprogramm bleibt.‘“ (The Telegraph)

Ob Griechenland das aber machen wird, ist nicht klar. Eine signifikante Mehrheit der Bevölkerung möchte im Euroraum bleiben. Sollten Tsipras und Syriza nachgeben, dann ist es wiederum unwahrscheinlich, dass die Regierung das Jahr überstehen wird.

Verschärfend kommt hinzu, dass die Griechen schon jetzt beginnen, bestimmte Steuern - die Syriza gerne senken oder ganz streichen wollte - nicht mehr zu zahlen. Die Schmälerung der Einnahmen wird die Finanzierungskrise, die dem griechischen Staat Anfang März bevorsteht, verschlimmern.

Selbst im Fall Griechenland würde die Eurozone verlassen und zur Drachme zurückkehren, könnten die Versprechen der neuen Regierung nicht gehalten werden, ohne dabei das Land weiter zu schädigen. Die neue Regierung möchte die staatliche Bürokratie ausweiten, den Mindestlohn wie auch die Unternehmenssteuern anheben. Keine dieser Maßnahmen wird Wirtschaftswachstum fördern und Arbeitsplätze schaffen, aber genau das braucht das Land.

Seit Einführung des Euros im Jahr 2000 lagen die Lohnstück- und Produktionskosten in Griechenland bei ungefähr dem Dreifachen der deutschen Werte. Trotz der deutlich sinkenden Lohnkosten ist Griechenland hinsichtlich der Produktivität je Erwerbstätiger immer noch nicht wettbewerbsfähig im Vergleich zu Deutschland sowie großen Teilen Nordeuropas.


“Wer zuerst bremst, verliert“ - auf Europäisch

Lesen sie weiter: Teil 2 ...


© John Mauldin

Dieser Artikel wurde am 09. Februar 2015 auf www.goldseek.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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