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Zinszyklus versus Aktien

01.03.2015  |  Klaus Singer
In der zurückliegenden Woche wurden mal wieder die Worte von Fed-Chefin Yellen auf die Goldwaage gelegt. Vor dem Bankenausschuss des US-Senats sagte sie, die Fed werde von “Treffen zu Treffen” entscheiden, wann sie die Zinswende einleite. Im Januar war verlautbart worden, man werde die Abkehr vom geldpolitischen Krisenmodus “geduldig” angehen.

Die "Märkte“ erwarten die Zinswende nicht vor der Jahresmitte. Yellen will ihnen rechtzeitig einen Wink geben, indem das Signalwort “geduldig” in den Verlautbarungen der Fed gestrichen wird. Wenn sich die US-Wirtschaft dann weiter gut entwickelt, könnte eine Erhöhung jederzeit möglich werden. Nach dem Wegfall des Signalworts vergehen aber auf jeden zwei FOMC-Sitzungen ohne Zinserhöhung, verspricht sie.

Was für ein blödes Gezackere! Das Ganze hat bestenfalls den Wert, das breite Publikum auf die Fed starren zu lassen wie das Kaninchen auf die Schlange. Dazu gehört gegenwärtig auch das Gerede von Inflation, Disinflation oder Deflation. Aus der schwachen Preisentwicklung (US-CPI zuletzt -0,2% im Jahresvergleich) wird gerne abgeleitet, dass die Fed keine Eile hat.

Analysiert man, wie sich der S&P 500 in den neun Monaten vor der ersten Zinserhöhung entwickelt hat, so ist er in den sechs Phasen seit 1980 durchschnittlich um 23,5% gestiegen. Nimmt man an, dass die erste Zinserhöhung auf dem FOMC-Meeting im September diesen Jahres beschlossen wird, so müsste der Aktienindex nach dieser Rechnung dann bei knapp 2550 stehen.

Das ist doch ein Wort! Der S&P 500 bewegt sich seit Herbst 2011 in einem Aufwärtskanal (violett markiert). Um das Ziel zu erreichen, müsste er diesen alsbald nach oben verlassen und einen steileren Trend ausbilden (siehe Chart -rote Linie). Ganz von der Hand weisen sollte man diese Möglichkeit nicht - dass sich Aufwärtstrends zu ihrem Ende hin nochmals beschleunigen, ist eher die Regel als die Ausnahme.

Die Frage ist dabei - ist ausreichend Liquidität vorhanden, um eine solche Bewegung anzufeuern?

Der TED-Spread (Differenz zwischen dem Dreimonats-Libor und der Rendite für 13-wöchige US-TBills (IRX)) zeigt Liquiditätsbewegungen. Mit zunehmender Liquidität der Banken steigt das Angebot am Geldmarkt, der Spread sinkt.

Umgekehrt führt ein Rückgang der Liquidität zu einem steigenden Spread; wenn Banken der weiteren Entwicklung im Bankensystem misstrauen, verkaufen sie Assets und schichten in TBills (“Parkplatz”) um.

Der große Liquiditätsschub begann zum Jahreswechsel 2011/2012. Seit März 2014 und insbesondere seit Jahresbeginn lässt sich eine Aufwärtstendenz ausmachen, die Liquidität nimmt ab (insbesondere im Kontext niedriger Inflation).

Eine kritische Grenze lag in den 1990er Jahren bei etwa einem Prozent, seit 2000 bis 2008 würde ich sie bei 0,75% sehen, seitdem bei gut 0,6%. Aktuell notiert der TED-Spread bei lediglich 0,24%. Das ist noch Luft!

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Die Fed war die erste große Notenbank, die die globale Liquiditätsflut losgetreten hat. Dann folgte die Bank of Japan. Jetzt ist die EZB dran. Seit Mitte 2014 kennt der Euro gegen Dollar nur eine Richtung - abwärts. Die Fed hat kurze Zeit später ihre QE-Maßnahmen eingestellt, die EZB startet ihre im März.

Der beständig schwächere Euro kommt dadurch zustande, dass per Saldo mehr Kapital aus der Eurozone abfließt als hineinkommt. Offenbar wird der Euro immer mehr zur Carry-Trade-Währung und sorgt so (auch im Dollar-Raum) für weiter ausreichende Liquidität.

Tom McClellan sieht in der Differenz zwischen der aktuellen Fed Funds Rate (seit 16.12.2008 bei 0,125% - Mitte der Zielspanne zwischen 0 und 0,25%) und der Rendite der zweijährigen US-TNotes ein gutes Maß dafür, ob die aktuelle Zinspolitik der Fed restriktiv oder stimulierend wirkt. Gleichzeitig sieht er in der kumulativen Advance-Decline-Linie einen guten, wenn nicht den besten Indikator für die Liquidität im Aktienmarkt.


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