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Offenmarktausschuss der Fed halbherzig, marginal näher an der Realität

19.03.2015  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.0785 (07.45 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.0581 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 120.50. In der Folge notiert EUR-JPY bei 129.95. EUR-CHF oszilliert bei 1.0690.

In den letzten 24 Stunden war die Volatilität an den Devisenmärkten extrem ausgeprägt. In der Parität EUR-USD ergab sich gestern ein Anstieg von 1.0581 bis auf 1.1033, um im weiteren Verlauf im europäischen Geschäft bis auf 1.0631 einzubrechen.

Im Zuge der Einlassungen des US-Offenmarktausschusses wurden Stops ausgelöst, die zu den Höchstkursen führten. Die psychologische Gemengelage bleibt derzeit für den Euro negativ ausgeprägt, so dass erhöhte Niveaus des Euros aktuell "noch" für USD-Käufe oder neue Shortpositionen im Euro genutzt werden.

Der Offenmarktausschuss der Federal Reserve lieferte für alle am Finanzmarkt Beteiligten. Die Verbalakrobatik wurde verändert.

Der Begriff "geduldig" wurde gestrichen. Das impliziert nach Textbuch der Federal Reserve, das Frau Yellen im US-Kongress kürzlich thematisierte, eine erhöhte Wahrscheinlichkeit einer im Sommer anstehenden Zinswende.

Das nehmen wir zur Kenntnis. Die Freunde des US-Zinserhöhungszyklus wurden damit bedient.

Gleichzeitig betonte Frau Yellen, dass diese Veränderung nicht zwingend zu einem Zinsschritt führen muss. Hier rudert Frau Yellen zurück. Schlussendlich betont sie damit eine Gangart, die von den weiteren Konjunktur- und Preisdaten abhängig ist.

Man konstatierte, dass das Wirtschaftswachstum seit der Sitzung im Januar moderater ausfiel.

Das ist eine "sportlich nivellierende" Interpretation der selbst von der Federal Reserve Atlanta festgestellten drastischen Abkühlung der US-Konjunktur (aktuell 0,3% annualisiert!). Diese eingetretene Entwicklung wurde nicht in Ansätzen unterstellt!

Das ist auch an den unverändert hohen Konsensusprognosen für das Wachstum des 1. Quartals im Finanzmarkt erkennbar (siehe Chart unten).

Die Wachstumsprognosen der Federal Reserve wurden per 2015 von 2,6% - 3,0% auf 2,3% - 2,7% reduziert. Das ist unseres Erachtens bezüglich der Performance der US-Wirtschaft im ersten Quartal in der Qualität eine "Nacherzählung" und offeriert nur bedingt eine Prognosequalität.

Die Prognose der Verbraucherpreise wurde von 1,0% - 1,6% auf 0,6% - 0,8% zurückgenommen. Das macht bezüglich der erheblichen Konjunktureintrübung Sinn.

Explizit wurde der starke USD für die aktuelle Konjunkturschwäche und die reduzierten Wachstumsprognosen verantwortlich gemacht.

Diese Sichtweise ist nicht falsch, sie ist aber nicht in leisesten Ansätzen vollständig.

Der feste USD wirkt sich fraglos auf das US-Exportgeschäft (vier Monate in Folge fallende Exporte) und die Profitabilität der US-Konzerne belastend aus.

Das ist aber nur ein keines Problem im Vergleich zu den Einbrüchen im US-Energiegeschäft, das primär nichts mit dem USD zu tun hat. Dieser Sektor war weitgehend der einzige Sektor, in dem in den letzten Jahren hochwertige Beschäftigung (Januar/Februar -39.000 Jobs, davon -3000 im Arbeitsmarktbericht des BLS ausgewiesen!) geschaffen wurde.

Auch der latente Einbruch der Einzelhandelsumsätze (aktuell Niveau April 2014!) kann nicht auf die Bewertung des USD reduziert werden.

Ebenso ist der Einbruch der Absätze (Business Sales) bei anziehenden und hohen Lagerbeständen (I/S Ratio wie 2008 vor Lehman)) nicht kausal mit dem USD-Kurs erklärbar.

Die gegenüber 2008 deutlich erhöhte Schuldenlage der privaten Haushalte (u.a. Konsumkredite +18,5%) bei nur marginal steigenden nominalen mittleren Einkommen (circa 2,5% seit 2008) hat nichts mit dem USD zu tun.

Das wieder auftauchende Sub-Prime Problem, unter anderem bei den Automobilkrediten, und das massive Problem der Studentenkredite haben nichts mit der Bewertung des USD zu tun, sondern es handelt sich um hausgemachte strukturelle Probleme in den USA.

Die Schwäche der nachhaltigen Nachfrage am US-Wohnimmobilienmarkt (Hypotheken mit Kaufhintergrund auf Tiefpunkt seit 1995/96, Einbruch der Neubaubeginne) hat definitiv nichts mit dem USD zu tun.

Gleichwohl bedeutet die Einlassung des Offenmarktausschusses, dass man einer weiteren sportlichen Befestigung des USD äußerst kritisch gegenüber steht. Der Markt wird diese implizite Ansage des Offenmarktausschusses testen wollen. Das erklrärt die aktuelle Preisbildung heute im frühen europäischen Geschäft.

Subsummierend hat sich der Offenmarktausschuss der Federal Reserve marginal der konjunkturellen Problematik gegenüber geöffnet, ohne die strukturelle Problematik auch nur in zarten Ansätzen aufzunehmen. Wir sprachen gestern davon, dass sich der Offenmarktausschussdem Risiko aussetzt, die Fehler von 2007/2008 zu wiederholen, als man die Krise nicht erkannte und burschikos davon sprach: "The crisis is contained!" Parallelen sind erkennbar.

Zur Erinnerung: Federal Reserve Atlanta "GDPnow"

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Zur Erinnerung: Index der konjunkturellen Überraschungen USA-Eurozone - höchster Wert zu Gunsten der Eurozone seit 2011!

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Aktuell ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten des Unterstützungsniveaus bei 1.0480 - 1.0500 neutralisiert den positiiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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