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Moskau/Athen im Fokus - Fed-Gouverneur nähert sich US-Konjunkturrealität

08.04.2015  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.0848 (07.48 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.0803 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 119.86. In der Folge notiert EUR-JPY bei 130.02. EUR-CHF oszilliert bei 1.0454.

Heute schaut der Markt in Richtung Moskau. Herr Tsipras strengt sich für sein erstes erfolgreiches Gesellenstück als politische Führungsfigur Griechenlands an. Die griechische Regierung bemüht sich um Finanzhilfen aus Moskau und um eine Aufhebung der russischen Agrarsanktionen gegen Athen als auch um verbilligte Gaspreise.

Problematisch ist bei diesem Gesellenstück, dass bei einem vollen Erfolg der Tsipras-Agenda nicht notwendig ein Erfolg für Griechenland steht. Das gilt vor allen Dingen vor dem Hintergrund, dass Finanzhilfen Moskaus ohne politische Gegenleistung (mehr hat Athen nicht zu bieten) unwahrscheinlich sind. Auch eine Sonderbehandlung Athens bei den von Russland verfügten Agrarsanktionen erfordert voraussichtlich politische Gegenleistungen. Gleiches gilt für in der Diskussion stehende Gasrabatte.

Ist Tsipras erfolgreich, gewinnt man Moskau und verliert die verbliebene Solidarität der EU/Troika. Die Frage ist nur, ob Moskau die Rolle der Troika ersetzen kann? Das ist im höchsten Maße unwahrscheinlich. Ergo ist das griechische Volk mit einem Dilemma konfrontiert, das Teil einer griechischen Tragödie epischen Ausmaßes ist.

Fakt ist, dass die Politik dieser Syriza-Regierung nicht in zartesten Ansätzen Entlastung für die griechische Bevölkerung gebracht hat. Im Gegenteil wurden durch den Regierungswechsel die positiven Tendenzen aus dem letzten Jahr vollständig negiert. Mehr noch wurde jede nachhaltige Vertrauensbasis zerstört. Es wurden Töne und Drohungen laut, die auf dem diplomatischen Parkett nichts zu suchen haben. Es sind Rechnungen aufgemacht worden, die am Ende von "der kleinen Frau und dem kleinen Mann" In Griechenland beglichen werden. Derartige Politik seitens Athens ist Ausdruck von Hybris!

Das Thema Ukrainekrise wurde hier an dieser Stelle in den letzten Wochen nicht thematisiert. Die Entwicklungen bieten Raum für Hoffnung, dass Minsk II weitgehend umgesetzt wird. Die aus Kiew kommenden Töne, Beschlüsse und Personalien (zuletzt Jarosch) werfen Fragen nach der Qualität der demokratischen Kräfte in Kiew in erheblichem Maße auf. Die konziliante Haltung Moskaus (u.a. bei der 3 Mrd. USD Forderung gegen Kiew) belegt Interesse einer friedlichen Lösung seitens Moskaus. Carpe Diem!

Nachdem wir an dieser Stelle mehr als 12 Monate der Versuchung widerstanden, das aus NY und London laut propagierte Thema der US-Zinswende mit zu forcieren und dabei Strukturdaten lieferten, die die Sachlichkeit unserer Position untermauerten, kommt es jetzt zu Äußerungen seitens der Federal Reserve, die uns bezüglich unserer eingenommenen Position erfreuen. Sie erfreuen uns nicht bezüglich des Status der Struktur der US-Wirtschaft. Da sind wir so besorgt wie 2007/2008.

Zu den Fakten: Es sei möglich, bis weit ins kommende Jahr hinein mit einer Anhebung der Leitzinsen zu warten, sagte der Chef der Notenbank von Minneapolis Kocherlakota. Selbst eine weitere Runde QE schloss er bei fortgesetzter Konjunkturschwäche nicht aus. "Food for thought!"

Bezüglich der in den letzten 24 Stunden veröffentlichten Daten aus der Eurozone sind wir mit einem durchwachsenen Bild konfrontiert.

Im Februar verzeichnete der deutsche Auftragseingang unerwartet einen Rückgang im Monatsvergleich um 0,9%. Die Prognose lag bei +1,5%. Gleichzeitig wurde der Vormonatswert von -3,9% auf -2,6% revidiert. Ergo verfehlte das Zweimonatsergebnis die Konsensusprognose um 1,1%. Damit kam es zum zweiten Rückgang in Folge. Der Index bewegt sich auf dem niedrigsten Niveau seit September letzten Jahres. Hinsichtlich der Entwicklung der letzten zwölf Monate ergibt sich eine Seitwärtsbewegung bei Indexständen zwischen 106,2 bis 112,7 Punkten (aktuell 108,3, Basisjahr 2010 = 100).

Die Situation ist nicht kritisch, aber die Tendenz inkludiert eine Warnung bezüglich einer sich abkühlenden US-Konjunktur und einem partiellem Verzicht (!) auf zukünftige Wachstumsmärkte (Achse Peking - Moskau). "Food for thought!"

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Der Sentix-Index für die Eurozone stieg erwartungsgemäß per Berichtsmonat April von zuvor 18,6 auf 20,0 Punkte. Damit markierte der Index den höchsten Stand seit August 2007! Strukturreformen zahlen sich aus - die Konjunktur folgt der Struktur - wann lernt man das jenseits des Atlantik?

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Die Markit-Einkaufsmanagerindices waren per März gegenüber der Erstschätzung um 0,1 Punkte schwächer, aber deutlich höher als im Vormonat. Der Dienstleistungsindex legte im finalen Wert im Monatsvergleich von zuvor 53,7 auf 54,2 Punkte zu. Der Composite Index verzeichnete einen noch deutlicheren Anstieg von zuvor 53,3 auf 54,0 Zähler. Hier wurde der höchste Wert seit 11 Monaten markiert. Die Länderrangliste sieht wie folgt aus: (Werte über 50 signalisieren Expansion)

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Aktuell ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten des Unterstützungsniveaus bei 1.0480 - 1.0500 neutralisiert den positiiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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