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Europa: Deutsche Tugenden vs. Griechische Laster, vom Null zu Negativ, Euro-Goldstandard, Überschuss- und Defizitländer? (Teil 2/2)

23.04.2015  |  Michael Shedlock
- Seite 2 -
Problem ist nicht TUGEND- gegen LASTERHAFTIGKEIT

Kommen wir noch einmal zurück auf eine Aussage, die Pettis viel weiter oben getroffen hatte: “Solange die europäische Krise als Kampf zwischen verantwortungsvollen und verantwortungslosen Ländern betrachtet wird, ist es höchst unwahrscheinlich, dass die Europäer gewillt sein werden, diese Kosten zu tragen.“


Schuldzuschreibung

Hoffentlich ist jetzt klar geworden, dass das Problem nicht Tugend- gegen Lasterhaftigkeit ist, sondern ein weitaus komplexeres. Vor diesem Hintergrund lautet die Frage des Tages jetzt: “Wem oder was schreiben wir die Schuld an den Problemen in Speece zu?“

Ich würde, grob gesagt, folgende Reihenfolge vorschlagen:

• 1. das Fehlen eines Durchsetzungsmechanismus
• 2. die EZB
• 3. TARGET 2
• 4. Eurozone-Architekten und Eurozone-Regelwerke
• 5. Eurozone-Mitgliedsstaaten ignorieren Regel
• 6. Gesinnungen

Für die meisten sind “Gesinnungen“ ganz oben angesiedelt. Bei mir stehen sie ganz unten. Ich denke, man könnte die Punkte 1-5 schlicht und einfach als “Mängel der Eurozone“ oder des “Euros" zusammenfassen, jeder einzelne Punkt ist allerdings separat diskussionswürdig.


Schuldendynamiken

Pettis schreibt dazu: “Selbst wenn die Frage der Schuld - Griechenland oder Deutschland - eine wichtige wäre, so würde die Antwort nichts an den Schuldendynamiken ändern.“

Stimmt schon.

Am Ende wird Griechenland nicht zurückzahlen, was nicht zurückgezahlt werden kann. Es hat ja schon zwei Schuldenschnitte gegeben. Jetzt dreht sich der Streit darum, ob es ein weiteres Rettungspaket und weitere Schuldenschnitte geben wird.

Woher wissen wir, dass Griechenland die bestehenden Schulden nicht zurückzahlen kann? Das sagt uns der Markt. Paradox: Wenn der Markt deutlich signalisiert, dass es ein Riesenproblem gibt (z.B. durch einen steilen Anstieg der Umlaufrenditen), ist es schon zu spät, um noch mehr zu tun, als lediglich Kosten zuzuordnen.

Pettis schreibt: “Mein Freund Hans Humes von Greylock Capital hat an so vielen Restrukturierungsmaßnahmen für Staatsschulden teilgenommen, das ich sie gar nicht mehr alle aufzählen kann. Einmal sagte er mir mit überdrüssiger Abscheu, dass es normalerweise schon während der ersten Verhandlungstage ziemlich einfach sei, abzuschätzen, wie das endgültige Abkommen aussehen werde. Allerdings kämen dann noch Monate oder sogar Jahre des Gezänks und der verbitterten Auseinandersetzungen dazwischen, bevor man endlich an diesem Punkt angelangt. Man darf dabei nicht vergessen, dass jeder Monat Verzögerung Griechenland und seinem Volk teurer zu stehen kommt, als wir es auf den ersten Blick vermuten würden.“


Aufstieg der Randparteien

Interessanterweise gehört Spanien zu jenen Länder, die in diesem Chaos am energischsten mit dem Finger auf andere zeigen. Die Financial Times schrieb darüber in folgendem Artikel: “Spain Keeps Hawkish Eye on Greece as Southern Solidarity Crumbles”.

“In ihrer Angst vor Podemos, der spanischen Entsprechung von Syriza, wie auch in ihrer Entschlossenheit, zu den ‘tugendhaften‘ Ländern gehören zu wollen, scheint es mir, als ob sich die spanische Regierung ökonomisch möglicherweise in die falsche Richtung bewegt. Indem sie sich noch enger an die Interessen der Gläubiger bindet, verbessern Rajoy und seine Verbündeten letztendlich die Wahlaussichten für Podemos noch deutlicher.", so Pettis.

Solidarität, wo?

Am Montag, dem 2.März erreichte die Bissigkeit ein neues Niveau, als der griechische Premier, Alexis Tsipras, Spanien und Portugal der Sabotage der Verhandlungen beschuldigte.

“Wir trafen dabei auf eine Machtachse […] allen voran die Regierungen Spaniens und Portugals, die aus offensichtlichen Gründen versuchten, die gesamten Verhandlungen in die Sackgasse laufen zu lassen.“, so Tsipras gegenüber Parteimitgliedern am Samstag.

“Ihr Plan war und ist es, unsere Regierung zu zermürben, zu stürzen oder zu einer bedingungslosen Aufgabe zu bewegen, bevor unsere Arbeit erste Früchte tragen kann und bevor das Beispiel Griechenlands in anderen Ländern Wirkung zeigt […] Vor allem aber vor den Wahlen in Spanien.“


Die Antwort des spanischen Premierministers Rajoy: "Wir tragen keine Verantwortung für die Frustrationen, die die radikale Linke Griechenlands geschaffen hat, als sie den Griechen etwas versprach, das sie nicht halten kann.“

Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy begeht einen großen Fehler. Spanien könnte eine Schuldenentlastung gut gebrauchen. Und auch die spanischen Bürger wollen eine Schuldenentlastung.

Die harte Linie Rajoys zugunsten von Berlin befeuert den Aufstieg von Podemos. Sich auf die Seite Deutschlands zu stellen, ist für Rajoy hinsichtlich einer Wiederwahl der falsche Schritt.


Spiel mit dem Feuer

Tsipras ist enger Freund und politischer Verbündeter von Pablo Iglesias, dem ehemaligen Dozenten für Politikwissenschaft und Gründer der spanischen Anti-Establishment-Bewegung Podemos.

Podemos führt aktuell in den spanischen Wahlumfragen. Die Wahlen werden gegen Jahresende stattfinden.


“Extreme Parteien“ sind im Kommen

• Syriza in Griechenland
• Chrysi Avgi (Goldene Morgenröte) in Griechenland
• Podemos in Spanien
• MoVimento 5 Stelle (5-Sterne-Bewegung) in Italien
• der Front National in Frankreich
• die AfD in Deutschland
• Perussuomalaiset (“die Finnen“) in Finnland

In dieser Gruppe gibt es linke und rechte Parteien, aber alle haben eines gemeinsam: Sie haben etwas gewaltig satt. Spanien befindet sich angeblich in einer konjunkturellen Erholung. Worüber regen sich die Spanien also auf? Über die Griechen?



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