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Das Ende des Bargelds?

23.05.2015  |  David Chapman
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Alle jene Schuldenmengen, die seit der Finanzkrise von 2008 geschaffen wurden, scheinen nicht ausgereicht zu haben. Ansonsten wäre die Aktivität der Wirtschaften kräftiger gestiegen. Nach den Tiefen der Großen Depression und des Weltkrieges gab es einen enormen Anstieg der Produktion. Die Menschen bekamen gute Arbeitsplätze, durch die die Wirtschaftsaktivität in den 1950ern und 1960ern wuchs.

Dann kamen die inflationären 1970er Jahre; um der vertrackten Situation zu entkommen, begann die Schuldenexpansion. Das funktionierte bis in die 1980er hinein und auch noch in den 1990ern, doch spätestens nach dem High-Tech/Internet-Crash von 2000-2002 begann alles in sich zusammenzustürzen.

Eine weitere Schuldenorgie ließ dann die Immobilienblasen entstehen, welche uns in den Finanzcrash von 2008 führten. Und jetzt sind die westlichen Wirtschaften, riesiger QE-Kapitalspritzen und Schuldenwachstum zum Trotz, mit bestenfalls niedrigen Wachstumsraten in einer Starre gefangen.

Vor genau diesem Hintergrund lese ich nun, dass ein "unnachgiebiger Kampf gegen Bargeldzahlungen" geführt werde. Mit Sicherheit gewinnt diese Entwicklung an Dynamik. Einige fordern inzwischen schon, den Einsatz von Bargeld voll und ganz abzuschaffen. Wenn die Geldumlaufgeschwindigkeit jetzt schon fällt, während Bargeld immer noch im Umlauf ist, welche Konsequenzen hätte das für eine bargeldlose Gesellschaft?

Einige Technik-“Geeks“ mögen die bargeldlose Gesellschaft vielleicht lieben, für viele Menschen auf dieser Welt ist Bargeld aber in der Tat überlebensnotwendig, zudem stünde damit auch das Ende der Privatsphäre an (oder was wir bisher darunter verstanden).

Angeblich wird das Ende des Bargelds mit der Bekämpfung von Terroristen, Djihadisten, Drogenhändlern, Geldwäschern, Steuersündern und vielen anderen Subjekten begründet. In Wirklichkeit sind aber wir alle betroffen. Denn jeder wäre gezwungen, alle Geldzahlungen über das Finanzsystem vornehmen, und dies würde staatlichen Stellen die Beobachtung/ Verfolgung der Bürger erlauben. Auch wenn viele wahrscheinlich gar keinen Anstoß daran nehmen würden, so dürfte eine solche Entwicklung höchstwahrscheinlich für niemanden folgenlos bleiben; für viele hätten sie zudem negative Folgen.

Es ist schwer zu sagen, woher der Ruf nach einer bargeldlosen Gesellschaft kam, weil diese Idee nun schon seit einiger Zeit existiert. Doch gerade in der Eurozone, wo die Zinssätze jetzt negativ sind, sind diese Rufe besonders laut geworden. Fällt die Verzinsung unter null, kostet es Geld, die eigenen Finanzmittel in der Bank zu deponieren. Da liquide Barmittel schon jetzt keine Zinsen abwerfen, besitzt man lieber direkt Bargeldbestände, anstatt sein Geld in einer Institution zu hinterlegen, die sich das bezahlen lässt.

Vor diesem Hintergrund hat Willem Buiter von der Citibank Folgendes vorgeschlagen:

  • a) Abschaffung von Währung
  • b) Besteuerung von Währung
  • c) Aussetzung des festen Wechselkurses zwischen Währung und Zentralbankenreserven/ -einlagen.

Es überrascht nicht, dass in der Eurozone einige Rentenfonds (und andere Fonds) inzwischen ihre Geldbestände aus der Bank abziehen und in bar halten wollen. Sie erkennen, dass es billiger ist, Bargeld zu lagern und zu bewegen, als die Banken im Umfeld von Negativzinsen zu bezahlen. Im Internet findet man viele Geschichten und Blogs, die sich mit einer Entwicklung beschäftigen, die zukünftig als "Krieg gegen das Bargeld" bekannt werden dürfte.

  • Nach Aussagen des französischen Finanzministers Michel Sapin sei die Möglichkeit des Waffenkaufs gegen Bargeld unter anderem verantwortlich für die Charlie-Hebdo-Tötungen gewesen. In der Folge kündigte Frankreich Kapitalkontrollen an, in deren Rahmen die Bargeldfreigrenze von 3.000 € auf 1.000 € gesenkt wurde. Spanien beschränkte sie auf 2.500 € und Italien auf 1.000 €.

  • Die Bank JP Morgan Chase setzte Limits bei Barbegleichungen für Kreditkarten, Hypotheken, Kreditlinien sowie Autokredite, zudem wurde die Lagerung von Bargeld in Bankschließfächern verboten.

  • Die Banken der Eurozone zahlen Negativzinsen und suchen nun nach Wegen, Barabhebungen zu vermeiden. Somit stellt sich die Frage, inwieweit eine sofort abrufbare Sichteinlage tatsächlich noch eine solche ist. Die Banken würden nicht über ausreichende Bargeldbestände verfügen, um Massenabhebungen handhaben zu können. Immense Bargeldabhebungen (um der Negativverzinsung zu entgehen) würden auch die Kapitaloperationen der Banken über das partielle Reservesystem negativ beeinflussen.

  • Laut öffentlichen Äußerungen verurteilt die Schweizer Nationalbank Bargeldhortung als Reaktion auf ihre Negativzinspolitik. Kann eine Bank eigentlich den Wunsch des Kunden ablehnen, das ihm legal zustehende Bargeld auszuzahlen? Es scheint ganz so.

  • Verschiedene schwedische Banken haben offenbar schon bargeldlose Zweigstellen errichtet, wo die Auszahlung von Bargeld verweigert wird. Kunden verlagern ihre Konten zu Banken, die ihnen den Zugang zum Bargeld weiterhin gewähren.

  • In den USA werden die Kunden, die 5.000 $ und mehr abheben, registriert. Viele Banken haben zudem Obergrenzen für Bargeldabhebungen durchgesetzt. Kapitalkontrollen im Bankensystem werden, so scheint es, immer normaler.



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