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Griechenland: Zunehmend absurd!

11.06.2015  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.1295 (08.06 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.1261 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 123.35. In der Folge notiert EUR-JPY bei 139.30. EUR-CHF oszilliert bei 1.0533.

Zwei Tage mit Geschäftsreisen schaffen leichten Abstand zu dem aktuellen Geschehen im Griechenlanddrama. Der Kulminationspunkt des Dramas wird auf der Zeitachse immer weiter in die Zukunft geschoben. Wenn man das einem Theaterpublikum bieten würde, würde am Ende vor leeren Rängen gespielt werden. Diese trockene Einschätzung liefert dennoch massive Erkenntnisse.

Die Form des Dramas impliziert eine Verschiebung der Machtachse innerhalb des Konflikts. Es entsteht zunehmend der Eindruck, dass die Geldgeber eher Bittsteller sind.

Latent führt das Duo Tsipras/Varoufakis die Troika, allen voran die EU, in zum Teil grotesker, aber durchschaubarer Art und Weise vor. Man "zwingt" die Troika zu ultimativen Angeboten, die sich dann doch nur als billige Worthülsen entlarven.

Es werden Zusagen seitens Athens gemacht, die dann wieder zur Disposition gestellt werden. Es werden seitens der griechischen Regierung bestimmte Themen als nicht verhandelbar definiert, die aber essentielle Basis der Troika-Position sind. Dann redet die EU von kurzfristigen Lösungen, die bezüglich der unterschiedlichen Positionen bestenfalls milde Hoffnungswerte darstellen. Herr Juncker will nicht mit Tsipras reden und redet dann doch mit ihm.

Gleichzeitig steht die EZB unter Druck die ELA-Hilfen latent auszubauen und damit die Haftungsmasse bei einem möglichen Grexit zu erhöhen. Das ist bezüglich der Troika keine Position, die auch nur in zartesten Ansätzen Ausdruck von Stärke ist. Blenden wir auf der Zeitachse zurück.

Wie martialisch klangen das Bundeskanzleramt, die CDU und die CSU bezüglich des Verbleibs Griechenlands in der Eurozone in der Phase 2011 - 2013. Wo sind jetzt die Bosbachs, Söders, Seehofers & Co.? Wie klingt die deutsche Bundeskanzlerin derzeit?

Hier gibt es eine ganz neue Qualität. Herr Schäuble wurde sogar aus dem "Ring" genommen. Obwohl die Eurozone jetzt, anders als in der Phase 2011- 2013, mit einem Grexit umgehen kann und damit eine viel profundere Ausgangsposition hat, wird diese Karte nicht ernsthaft gespielt.

Das hat Gründe.

Diese neue Politikausrichtung unterstützt nicht die wirklichen Interessen einer starken, solidarischen (keine Einbahnstraße = Cashomat, sondern Zweibahnstraße = Hilfe für Reformen, Basis des Fiskalpakts!) und widerstandsfähigen Eurozone, denn faule Kompromisse würden die innere Struktur der Eurozone bezüglich zukünftiger Reformerfordernisse drastisch aushöhlen und stellten einen Schlag ins Gesicht aller anderen Reformländer dar.

Man ginge das Risiko politischer Instabilität in diesen erfolgreichen Reformländern bezüglich anstehender Wahlen sehenden Auges ein. Die Gründe für die wachsweiche Verhandlungsführung liegen aller Voraussicht nach in dem geopolitischen Umfeld. Nicht ohne Grund wurde seitens der USA in Elmau eine Lösung mit Griechenland eingefordert.

Das wirft Fragen auf! Wer wird durch einen wachsweichen Kompromiss mit Griechenland gestärkt oder geschwächt? Wo wird über unsere Zukunft und die Nachhaltigkeit unserer Zukunft eigentlich entschieden? Qui bono?

Bezüglich einer rationalen Bewertung im langfristigen Interesse der Eurozone wird das Griechenlanddrama zunehmend absurder. Der Zusammenhang zwischen Handeln und Konsequenz des Handelns wird zunehmend aufgelöst! Das kann der Eurozone nicht nützen!

Aktuell ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Erst ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.0800 -30 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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