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Griechenschulden technisch

05.07.2015  |  Christian Vartian
Eine weitere beachtliche Korrektur des Shanghai Composite Index , welcher nun um die 3700 steht, prägte die echte wirtschaftliche Woche. Der erneute Rückgang spielte sich nach einer Zinssenkung und Regulierungslockerung der PBoC ab, was für immer noch viel zu wenig Liquidität in China spricht.

Die US-June Non-farm Private Payrolls kamen mit 223K vs. 225K Konsensus etwas schwächer, als erwartet. Auch dort trübt sich die Konjunktur, wie von den Deflationsprotagonisten ja so gewünscht, ein, ist aber relativ zu anderen gesehen noch die robusteste.

Gleichzeit spitzte sich die Situation um Griechenland weiter zu:

Finanztechnisch ist das Land längst konkursreif, wegen Liquiditätsmangel und Überschuldung.

Die Kredite wurden bis vor 2008 eher nicht in die Wirtschaft investiert, sondern versickerten zum guten Teil in korrupten Taschen.

Die danach gegebenen Bailoutkredite ab 2010 blieben nicht im Land, sondern wanderten als indirekte Bailouts für Banken der EURO-Gruppe, voran Französische, ebenfalls ins Ausland.

Eine Rückführung und selbst eine Tragfähigkeit sind ausgeschlossen.

Das Griechische Wirtschaftssystem ist zudem noch hochbürokratisiert, dringend sind Reformen erforderlich, welche mit harten Umstrukturierungen das Land wenigstens in die Nähe einer primären Null (Budget ohne Berücksichtigung von Altschulden noch deren Verzinsung und Bedienung) führen.

Die Nettozahler stehen mit absolut nicht rückführbaren Milliardenbeträgen längst im Feuer, man kann ihren Steuerzahlern keine weiteren Hilfen mehr aufbürden.

Das Ganze ist ein klassischer Fall für die Notenpresse, das Schauspiel, das wir erleben müssen, dient dem Pokerspiel, ob es nun die EURO- oder die Drachme-Notenpresse sein soll.

Technisch ist ein Schuldenerlass (oder eine Ewigstellung auf 80 Jahre und das unverzinst, sozusagen zum "Selbsttilgen" durch die Inflation) von mind. 80 Milliarden, wohl eher 220 Milliarden nötig.

Die Deutsche Regierung weiß das wohl, sie sagt es aber nicht. Und dafür gibt es auch einen Grund, nämlich Misstrauen: Machte man jetzt den großen Schuldenschnitt, würde man Griechenland ernsthaft eine Chance geben, nur muss die primäre Null her, sonst entsteht schon wieder Neuverschuldung. Und man traut den Griechen zu, dass sie das nicht tun, "Danke sagen", nicht (ausreichend) restrukturieren und neue Schulden aufnehmen zur Finanzierung des Lebensstandards.

Der Griechische Finanzminister sagt die Wahrheit, er ist Pleite, es stimmt auch, dass verlängern und Vortäuschen keinen Sinn mehr hat. Die Deutsche Position stimmt auch, man traut der Griechischen Regierung nämlich nicht, dass sie dann, wenn sie den Schuldenschnitt bekäme auch wirklich einsparen würde.

Der eher US-lastige IWF pendelte hin und her, zuerst war er vom Vorgehen der Griechischen Regierung schockiert, jetzt ist es ernst und kostet auch die Amerikaner Geld (IWF wurde nicht bezahlt) und im sehr falschen Moment ein Problem an der NATO-Südostflanke.

Und so ruderte der IWF zuletzt in dieser Woche gegen die EURO-Gruppe, indem er eine Studie herausbrachte, jetzt und genau vor der Griechischen Volksabstimmung, in welcher er klar festhielt, dass es ohne Schuldenschnitt nicht geht.

Das Hin und Her des Griechischen Regierungschefs ist dennoch völlig unverständlich bis irreal.

Hier stand erklärt, dass aber die technischen Äußerungen des Deutschen und des Griechischen Finanzministers kein Unsinn sind, auch wenn sie jeweils von der anderen Hälfte des Themas reden.

Egal wie das Referendum ausgeht (habe da selbst weder Meinung noch Präferenz), an den oben dargelegten finanztechnischen Fakten ändert es nichts.

Das Griechenlandthema ist bestenfalls ein Auftakt, im Herbst wird es spannender mit den Staatsschulden allgemein, aber Griechenland als Thema ist geeignet, entsprechendes Misstrauen in Staatsanleihen hervorzurufen, weil es bloßstellt, welche politische Qualität da so werkt.

Ich bin ein Kind der 1960-iger und daher andere politische Qualität gewohnt, was oft meine Meinung auch prägt.

Damals hätte man das so gemacht:

  • Im 1. Jahr des Erreichens des Erreichens einer primären Null werden 50 Milliarden Schulden erlassen,
  • Im 2. Jahr des Erreichens des Erreichens einer primären Null werden 50 Milliarden Schulden erlassen usw.

Dazu muss niemand dem jeweils anderen vertrauen. Genau die Abkehr von Logik und deren Ersatz durch Psychologie ("Vertrauen") ist nichts Anderes als massiver Qualitätsverlust bei den Agierenden.

Spannend ist daher China und ob der Qualitätsverlust bei den Agierenden dazu führt, dass man ihnen ab Herbst auch nicht mehr vertraut, womit Negativzinsen bei Staatsanleihen dann passé wären.

Ich kann das Wort "Vertrauen" schon nicht mehr hören, wo es nicht hingehört. Was man in Form casuistischer Vertragslogik abhandeln kann, zum Beispiel bedingte Schuldenschnitte wenn ein Primärhaushalt nicht defizitär ist, braucht kein Vertrauen, es braucht nur Gehirn.


© Mag. Christian Vartian
www.gip-ag.ch


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