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Too much?

03.08.2015  |  Klaus Singer
Die Griechenland-Krise wurde erfolgreich in den Hintergrund gedrängt. Sie ist von ihrem Umfang mit 320 Mrd. Euro an Staatsschulden, zu denen im Zuge der "Rettung" des Landes noch etliche Milliarden hinzukommen werden, geradezu lächerlich im Vergleich zu dem, was gerade in China vor sich geht.

Hier verbrannten seit Juni 3 Bill. Dollar an Aktienwert. Und doch verursachte die Griechenland-Krise größere Verwerfungen als die Vorgänge in China bisher. Die Akteure an den Finanzmärkten scheinen (noch) darauf zu wetten, dass der Crash am chinesischen Aktienmarkt ein lokales Ereignis bleibt oder sogar leglich eine technische Korrektur ist, die nicht einmal signifikante Auswirkungen auf die chinesische Wirtschaft selbst hat.

Genau darum geht es bei der Frage, die Scott Minerd, Global CIO bei Guggenheim Investments, aufwirft: Wächst sich die aktuelle Periode in China zu einem Desaster wie 1929 aus und wird so zum Zentrum eines Bebens an den weltweiten Aktienmärkten oder ähnelt sie eher dem "Black Monday" des Jahres 1987.

Die bisher in China losgetretenen Interventionen zum Stoppen des Kursrutschs, scheinen sich zu einer Blamage für die gegenwärtige Führung auszuwachsen. Sie genoss bisher den Ruf einer gewissen Allmacht. Sie hatte selbst mit zahlreichen Maßnahmen dafür gesorgt, die Aktienblase los zu treten.

Angetrieben durch die Nachfrage chinesischer Kleinanleger ist der Shanghai Composite Index sei Mitte Mai 2014 bis zum 12. Juni um mehr als 150% angestiegen. Die Marktkapitalisierung der chinesischen Aktienmärkte erreichte gut zehn Bill. Dollar. Jetzt stehen die Kurse fast 30% tiefer. Trotzdem sind chinesische Aktien weiterhin krass überbewertet.

Das Median-KGV liegt im Shanghai Composite Index bei rund 40 und damit mehr als doppelt so hoch wie im S&P 500. 2007 lag das KGV in China noch höher, bei etwa 70. Das Verhältnis zwischen Markt-Kapitalisierung und BIP kommt in China auf über 60%, gemittelt über die zurückliegenden zehn Jahre wurden 40% erreicht. In den USA liegt die Quote bei rund 120%.

Folgt die Entwicklung dem Drehbuch "1987", dann schließt sich an den massiven Selloff eine volatile Phase an, in der letztlich der Boden geschaffen wird für eine Rallye, die damals bis 1989 anhielt. Die Chancen dafür stehen so lange nicht so schlecht, so lange die Kurse nicht signifikant unter das 50er Retracement des Anstiegs im Shanghai Composite Index von rund 2000 auf 5180 fallen. Insofern ist der Pegel bei rund 3600 aktuell von großer Bedeutung.

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Momentan scheinen die chinesischen Führer auf das Drehbuch "1929" zuzusteuern. Sie vertrauen wie damals auf Investorengruppen, die große Blöcke an Aktien kaufen sollen, um den Markt zu stützen und versuchen den Verkaufsrausch über Handelsaussetzungen auszubremsen. Großaktionären wurde der Verkauf ihrer Papiere verboten, Staatsunternehmen wurden zum Aktienkauf verpflichtet. Des weiteren initiierte die Börsenaufsicht CSRC ein gewaltiges Aktienkaufprogramm im Volumen von umgerechnet rund 450 Mrd. Euro (siehe hier!). Wie 1929 in den USA so wird auch gegenwärtig in China darauf verzichtet, die Geldschleusen aufzureißen.

Wie 1929 wird diese Art der Intervention nicht dazu beitragen, die fundamentalen Probleme in Chinas Aktienmärkten zu lösen. Die Kurse haben sich massiv von den makroökonomischen Gegebenheiten abgekoppelt, angetrieben von Schulden-finanzierter Gier kleiner Anleger. Das Verhältnis zwischen Margin Debt und Marktkapitalisierung wird für China auf knapp 10% geschätzt. Diese offizielle Schätzung dürfte zu tief sein, weil sie die Aktivitäten des chinesischen Schattenbanken-Systems außen vorlässt. Gegenwärtig beträgt die Margin-Debt-Quote in den USA unter 3%, 1929 kam sie kurz vor dem Kollaps auf 12%, etwa dem heutigen Schätz-Niveau für China.

Operative Eingriffe in Aktienmärkte wie die aktuell in China durchgeführten machen nur dann Sinn, wenn ein externer Schock auf eine ansonsten halbwegs gesunde Marktstruktur trifft. Ansonsten lassen sich damit Abverkäufe zwar kurzfristig aufhalten aber nur zu dem Preis, dass sie nach Ende der akuten Interventionen umso heftiger weitergehen. Zwischenzeitliche Stabilisierungen und Erholungen werden zum massiven Verkauf genutzt.


Welche Auswirkungen ergeben sich aus dem Crash chinesischer Aktien?

Die chinesische Regierung hatte im November das Programm "Stock Connect" gestartet, bei dem ausländische Anleger über Hongkong Aktien an der Börse in Shanghai kaufen können. Die Aktivitäten der ausländischen Käufer sind allerdings über eine Quote begrenzt, die nach und nach angepasst werden soll. Seit den Turbulenzen ziehen internationale Anleger Gelder wieder aus dem chinesischen Festland über die Börse in Hongkong ab. Weil die Abschottung der inner-chinesischen Finanzmärkte erst langsam aufgehoben wird, schlagen die Turbulenzen nur abgeschwächt auf internationale Börsen durch.

Chinesen sparen fleißig, investieren aber nur einen kleinen Teil ihres Geldes in Aktien. Es ist von rund fünf Prozent die Rede. Überhaupt besitzen weniger als zehn Prozent der Chinesen ein Aktiendepot. In den USA hatten 2013 53% der Privathaushalte Aktien, ein Drittel der Ersparnisse war seinerzeit dort an den Börsen investiert.

Die chinesischen Aktienmärkte dienten zuletzt verstärkt der Kapitalbeschaffung chinesischer Unternehmen, nachdem die Bank-Finanzierung aufgrund eines hohen Schuldenstandes schwieriger geworden war. Diese Quelle ist zunächst versiegt.

Ein enger Zusammenhang zwischen Aktien und “Wohlstand” der breiten Bevölkerung scheint in China nicht zu bestehen. Daher sollten sich von dem Crash aus auch keine allzu negativen direkten Einflüsse auf den chinesischen Verbraucher ergeben. Wie stark der Crash den “Finanzierungseffekt” beeinträchtigt, ist schlecht abzuschätzen. Der Effekt dürfte aber schwerer wiegen. Die Stimmung bei Verbrauchern und Unternehmen dürfte in jedem Fall zumindest eine zeitlang Schaden nehmen.

Die chinesischen Makrodaten waren zuletzt immer schwächer geworden. Stellvertretend wird nachfolgend der Verlauf der Industrieproduktion gezeigt.

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