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Aktiencrash: China heute wie Japan 1990?

30.08.2015  |  Klaus Singer
Im aktuellen Crash der chinesischen Aktien offenbaren sich interessante Parallelen zu japanischen Aktien vor rund 25 Jahren. 1990 stürzte der Nikkei von seinem Allzeithoch bei 39000 ab, anschließend respektierte der Index das 62er Retracement des vorherigen Anstiegs bei rund 21000 immerhin bis Anfang 1992.

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Das 62er Retracement konnte der Nikkei 1996 nur kurzzeitig wieder überwinden, startete 1998 im dotcom-Wahn einen neuen Anlauf und scheiterte 2000 daran erneut. Von 8300 im Herbst 2012 aus kommend konnte der Nikkei diesen Pegel, angetrieben durch den Abenomics-Irrsinn der zurückliegenden Jahre, auch wieder nur touchieren. Zwischenzeitlich tauchte der Index unter 18000 ab. So viel zur Bedeutung solcher Retracements.

Der wirtschaftliche Hintergrund zum Höhenflug des Nikkei bis 1990: Seit Anfang der 1980er Jahre hatte der Dollar stetig aufgewertet. Die restriktive US-Geldpolitik, das hohe US-Haushaltsdefizit und die erhöhte staatliche Nachfrage nach Krediten ließen die Zinsen in den USA deutlich ansteigen.

Die ausländische Nachfrage nach Dollar nahm deutlich zu. Japan verhinderte im Interesse der heimischen Exportindustrie hauptsächlich durch Kauf von US-Treasurys die Aufwertung des Yen gegen Dollar und baute seine Währungsreserven aus. Den anhaltenden japanischen Leistungsbilanzüberschüssen stand ein immer größer werdendes Handelsbilanzdefizit der USA gegenüber.

1985 einigten sich Frankreich, Bundesrepublik Deutschland, Japan, USA und Großbritannien im Plaza-Abkommen darauf, durch Eingriffe auf den internationalen Währungsmärkten den Dollar gegenüber Yen und Deutscher Mark zu schwächen. In den nächsten beiden Jahren halbierte sich der Dollarkurs, Yen und Deutsche Mark werteten auf. 1987 hielten die beteiligten Regierungen ihr Ziel für erreicht und beschlossen im Louvre-Abkommen, die Wechselkurse auf dem erreichten Niveau zu stützen.

Die japanischen Währungsmanipulationen werden als eine wesentliche Ursache für die japanische Wirtschaftsblase der 1980er Jahre gesehen. Dabei legte der durch den gedrückten Yen beflügelte Export-Boom den Grundstein, dann floss in Erwartung einer Yen-Aufwertung spekulatives Kapital nach Japan und heizte Aktien- und Immobilienpreise an. Auf die aus dem Plaza-Abkommen resultierende Aufwertung des Yen, bzw. die Dollarabwertung reagierten japanische Unternehmen zunächst mit Preissenkungen. Schließlich kam es in Japan zu einer Rezession.

Nach Ende des japanischen Wirtschaftsbooms ging der Stab an die sogenannten asiatischen Tigerstaaten weiter. Schnell steigende Exporte bei gleichzeitig an den Dollar gebundenen Währungen sorgten für einen Boom u.a. in Thailand, Süd-Korea und Indonesien, sowie für starken Kapitalzustrom und billige Kredite. 1997 kollabierten die Währungen dieser Staaten, ausländisches Kapital wurde abgezogen. Die Werte der in Dollar notierenden Schulden explodierten in lokaler Währung. Die Zentralbanken versuchten, sich mit steigenden Zinsen gegen den Kapitalabfluss zu stemmen, aber die steigende Zinslast beschleunigte die Zahl der Pleiten dramatisch.

Nach dem Kollaps der Tigerstaaten trat China in deren Fussstapfen und begann schließlich, eine ähnliche Währungspolitik wie Japan in den 1980er Jahren zu betreiben: Das Land hat seine Währung durch massive Anhäufung von US-Treasurys an den Dollar gekoppelt, um die Exporte anzutreiben. Die chinesische Wirtschaft profitierte stark von dem anhaltend hohen Handelsbilanzüberschuss mit den USA. Restriktionen beim Kapitalimport dürften die Konsequenzen zwar im Vergleich zur Tigerstaaten-Krise 1997 begrenzen, aber nicht verhindern.

Chinesische Aktien hat es aktuell noch härter erwischt als seinerzeit japanische - der Shanghai Composite Index hat das 62er Retracement seines Aufwärtsimpulses (Chart siehe hier!) jüngst bei 3200 gebrochen und fiel zwischenzeitlich, zweieinhalb Monate nach seinem Hochpunkt, trotz aller operativer Eingriffe der chinesischen Allmacht bis unter 3000. Japanische Aktien respektierten das ihre seinerzeit immerhin noch zwei Jahre.

Die Geschichte japanischer Aktien und die der Tigerstaaten hält eine Lehre bereit, die auch für chinesische Aktien (und nicht nur für diese) gilt: Jede Blase platzt, jede Manipulation, welcher Art auch immer, wird früher oder später korrigiert und kehrt sich in ihr Gegenteil um.

Auf der folgenden Darstellung des quartalsweisen Welthandelsvolumens ist nach dem Plaza-Abkommen eine nachlassende Expansion zu erkennen, ebenso im Zusammenhang mit der Krise der Tigerstaaten 1997. Das gilt auch aktuell seit Ende 2014 (rote Linie im Chart). Zudem kam es in praktisch jeder US-Rezession der zurückliegenden 50 Jahre zu einem Tempoverlust im Welthandel, in den beiden jüngsten Rezessionen 2001 und 2008 gab es sogar jeweils eine Kontraktion.

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Auch wenn das Volumen des Welthandels aktuell auf hohem Niveau weiter zunimmt: Auffallend ist, dass die Zuwachsraten seit Mitte 2004 im Regressions-Trend abzunehmen scheinen (siehe grüne Linie). Das deckt sich in etwa mit dem Bild der chinesischen Industrieproduktion, die in den Jahren 2004 bis 2008 die Hochs aus den frühen 1990er Jahren nicht mehr erreichte und seitdem deutlich zurückgeht.


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