Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Sinkende Goldkurse durch steigende Zinsen? - Ganz im Gegenteil!

10.09.2015  |  Adam Hamilton
- Seite 2 -
Obwohl die täglichen Daten zum Leitzins von der amerikanischen Notenbank selbst stammen, weisen sie viel größere Schwankungen auf, als man erwarten würde. Der Grund dafür ist, dass es sich bei der FFR technisch gesehen um einen Zinssatz handelt, der auf dem freien Markt durch Angebot und Nachfrage der kommerziellen Banken nach Federal Funds gebildet wird, also durch den Handel der Banken mit den täglich fälligen Forderungen gegenüber der Fed untereinander. Der Offenmarktaussschuss legt nicht den eigentlichen Leitzins fest, sondern ein Zielniveau für die FFR. Dieses versucht die Notenbank dann durch Handel mit Federal Funds zu erreichen.

Für jeden Zinserhöhungszyklus habe ich vier wichtige Vergleichswerte zusammengetragen. Der gesamte Zinsanstieg innerhalb jedes Zyklus in Basispunkten ist rot dargestellt, gefolgt von der jeweiligen Anzahl der Zinserhöhungen in gelb. Darunter steht die Dauer des Zyklus in weiß (in Monaten) und zuletzt die Bewegung des Goldkurses innerhalb dieses Zeitraums in blau. Wie Sie sehen, widerlegen die Daten eindeutig den vorherrschenden Konsens.

Open in new window

Wenn die zyklischen Zinsanhebungen der US-Notenbank tatsächlich der Erzfeind des als Asset unproduktiven Edelmetalls wären, hätte der Goldpreis während der Mehrzahl der Zyklen stark fallen müssen. Stattdessen legte der Kurs während sechs der elf Zyklen eine Rally hin! Und mit Kursgewinnen von durchschnittlich 61,0% innerhalb der Zeiträume der Zinserhöhungen ist die Performance von Gold wirklich beeindruckend. Das gelbe Metall hat die Zinsanhebungen nicht nur überstanden, sondern ist währenddessen teilweise regelrecht aufgeblüht!

In den fünf Zyklen, in denen der Goldkurs tatsächlich nachgab, waren die Verluste mit durchschnittlich 13,9% vergleichsweise gering. Während diese Einbußen nicht zu vernachlässigen sind, sind die dennoch weit entfernt von der Todesspirale, die die Investoren und Spekulanten offenbar im Zuge des nächsten Zinserhöhungszyklus erwarten. Gold hat sich als sehr widerstandsfähig erwiesen.

Investoren und Spekulanten mögen ein notorisch schlechtes Langzeitgedächtnis haben. Aber dass sie nicht einmal in der Lage sind, sich den letzten Zinserhöhungszyklus der Fed vor Augen zu führen, um zu sehen, wie sich der Goldkurs damals entwickelte, ist unentschuldbar. Zwischen Juni 2004 und Juni 2006 hat die Notenbank die FFR in 17 einzelnen Erhöhungen um insgesamt 425 Basispunkte angehoben und sie damit mehr als verfünffacht - von 1,00% zu Beginn des Zyklus auf letztlich 5,25%.

Dieser Zyklus war ungewöhnlich intensiv. Es war seit den 1970er Jahren der erste mit mehr als zehn aufeinanderfolgenden Anhebungen, einer Gesamterhöhung von über 400 Basispunkten und einer Dauer von mehr als einem Jahr. Wenn es also in der letzten Zeit eine Zinserhöhung gegeben hat, die so vernichtende Auswirkungen auf den Goldkurs hätte haben können, wie die meisten es zur Zeit erwarten, dann wäre es sicherlich die Erhöhung Mitte der 2000er gewesen. Da Gold keine Rendite abwirft, hätte die Nachfrage nach dem Edelmetall in diesem Zeitraum ins Bodenlose fallen müssen, wenn das Argument zutreffend wäre.

Doch was ist in Wirklichkeit passiert? Der Goldpreis ist exakt in dem Zeitraum, in dem die Fed die Zinsen immer weiter erhöhte, um 49,6% gestiegen! Das ist eine verdammt ordentliche Rally innerhalb von zwei Jahren. Damit hat Gold den Aktienindex S&P 500, der in dieser Zeit nur 12,0% zulegte, um Längen geschlagen. Diese starken Gewinne des Goldkurses wurden verzeichnet, während der Leitzins bis auf über 5% erhöht wurde. Dadurch stiegen auch die Anleihenrendite enorm an, was nach Meinung der meisten Analysten fatale Auswirkungen auf die Goldnachfrage hätte haben müssen.

Den Andeutungen der Fed zufolge werden die kommenden Zinserhöhungen zudem in jeder Hinsicht viel geringer ausfallen, als während des letzten Zyklus. Seitdem der Offenmarktausschuss infolge der Finanzkrise im Dezember 2008 in Panik verfallen war, lag das Zinsniveau beständig bei Null. Die Beamten der Notenbank zeigen sich sehr besorgt darüber, dass ein Ende der Nullzinspolitik einen massiven Ausverkauf an den US-amerikanischen Aktienmärkten nach sich ziehen könnte und planen daher ganz allmähliche Zinssteigerungen.

Nach jeder zweiten Sitzung des FOMC veröffentlicht die Fed die Wirtschaftsvorhersagen der stimmberechtigten Komitee-Mitglieder, die gemeinsam mit den Vorsitzenden der regionalen Niederlassungen der Fed das Zielniveau festlegen. Nach der Sitzung Mitte Juni schätzten diese Entscheidungsträger, dass die FFR 2016 bei nur etwa 1,5%, 2017 bei rund 3,0% und "langfristig" bei etwa 3,5% liegen wird. Das macht den Rahmen deutlich, in dem sich die kommenden Erhöhungen bewegen werden.

Wenn das FOMC das Ziel für den Leitzins von den heutigen 0,0% innerhalb der nächsten Jahre bis auf 3,5% anhebt, entspricht das 350 Basispunkten. Sollte sich die Fed wie in den 2000er Jahren für Anhebungen um jeweils 25 Punkte entscheiden, wären insgesamt 14 Erhöhungen nötig. Ein solcher Zinserhöhungszyklus wäre weniger extrem als der letzte, sowohl in Hinblick auf die Gesamterhöhung als auch auf die Dauer des Zyklus und die Anzahl der einzelnen Zinsanhebungen.


Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!



Weitere Artikel des Autors


Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"