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Realtime-Rezessions-Erkennungs-Mechanismus (RREM)

25.09.2015  |  Robert Rethfeld
Das US-Institut NBER ist das offizielle Organ der USA für die Bezeichnung von Konjunkturzyklen. Daten für die vergangenen 150 Jahre liegen dort vor. Daher wissen wir, dass eine US-Rezession durchschnittlich alle fünf Jahre auftritt und etwa ein Jahr dauert. In der jüngeren Vergangenheit hat sich der Abstand zwischen den Rezessionen etwas vergrößert. Der Beginn der letzten Rezession jährt sich im Dezember 2007 zum siebten Mal. Allein schon aus statistischen Gründen wäre innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre eine US-Rezession fällig.

Es wäre komfortabel, auf ein Instrument zurückzugreifen zu können, das zuverlässig, fehlerfrei und mit einem Zeitvorsprung eine Rezession vorhersagt, eben ein "Realtime-Rezessions-Erkennungs-Mechanismus (RREM)". Ein solches Modell - entwickelt von einem genialen Forscher, gekauft von einem der großen Investment-Häuser - müsste doch existieren? Dauer-Bären machen eine Rezession aus, indem sie so lange auf den Eintritt einer solchen beharren, bis sie sich einstellt. Diese Methode ist einfach, aber ineffektiv. Die andere Seite, nämlich Dauerbulle zu sein und Rezessionen zu ignorieren, führt auf lange Sicht zu mehr Erfolg. Allerdings wird das Sentiment zwischendurch auf eine harte Probe gestellt.

Research-Abteilungen, die Wirtschaftsinstitute, eine Heerschar von VWL-Professoren und viele andere Profis befassen sich mit der Vorhersage von Konjunkturverläufen. Die Kritik, die Finanzkrise nicht vorhergesehen zu haben, wurde in der Szene teilweise angenommen. Geändert hat sich jedoch wenig.

Die Feststellung einer Rezession durch das NBER erfolgt mit einem Zeitverzug, der schon mal ein Jahr oder länger betragen kann. Eine solche Arbeit hat keinen unmittelbar praktischen, sondern lediglich einen statistischen Nutzen.

Das so genannte "Economic Cycle Research Institute (ECRI)" hat es sich zur Aufgabe gemacht, eine Rezession lange vor dem NBER aufzudecken. Frühere Rezessionsverlautbarungen waren nicht frei von zeitlichen Holprigkeiten. So wurde die letzte Rezession - sie begann im Dezember 2007 - erst Ende März 2008 als solche ausgerufen.

Den "Oberklops" leistete sich das ECRI jedoch Ende September 2011, als es eine US-Rezession ausrief, die keine war. Die Verlautbarung wurde erst dreieinhalb Jahre später - nämlich am 8. Mai 2015 - kassiert.

Wie kam es zu der falschen Rezessionsansage? Der ECRI-Leading Index fiel Ende September 2011 auf minus 9 Punkte (siehe Pfeil folgender Chart). Die Rezessions-Verlautbarung des ECRI geriet in das Umfeld des heftigen 2011er-Marktrutsches.

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Ende September 2011 war das Sentiment erbärmlich. Die negative Stimmung überschlug sich. Bei den US-Börsenbriefschreibern wurde ein historisch hoher Anteil von 40 Prozent Pessimisten gezählt. Einen Handelstag nach der Rezessionsverlautbarung markierte der S&P 500 mit einem krachenden Abwärtsvolumen von 97 Prozent sein Tief.

Die Kapitulation des ECRI am 8. Mai 2015 ("keine Rezession") erfolgte neun Handelstage vor dem Jahreshoch des S&P 500. Die Rezessionsansage wurde dreieinhalb Jahre lang hart verteidigt. Der S&P 500 verdoppelte sich in diesem Zeitraum.

Andere Indikatoren existieren. So veröffentlicht die Federal Reserve of St. Louis einen Rezessionswahrscheinlichkeits-Index, erdacht und entwickelt von den Wissenschaftlern Marcelle Chauvet und Jeremy Piger. Der Index nutzt unter anderem Arbeitsmarktdaten, Industrieproduktion, Verkäufe und Einkommen.

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Dieser Indikator hat den Vorteil, deutlich vor dem NBER ohne Fehlsignal eine Rezession anzuzeigen. Der Nachteil ist, dass die Daten mit einer Zeitverzögerung von drei Monaten veröffentlicht werden. Einige der Werte stehen schlichtweg nicht früher zur Verfügung. Per Juni steigt der Indikator leicht an, zeigt aber noch keinen "Lift-off" - wie im Vorfeld früherer Rezessionen.

Zur frühzeitigen Rezessionserkennung werden Realtime-Daten benötigt. Die Finanzmärkte liefern diese in Form von Aktienkursen, Renditen, Rohstoffpreisen und Wechselkursen. Eine der grundlegenden Prämissen der technischen Analyse lautet, dass die Märkte jeden möglichen bekannten, Angebot und Nachfrage beeinflussenden Faktor reflektieren. So hat es unter anderem John Murphy in seinem Buch "Technische Analyse der Finanzmärkte" festgestellt.


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