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Luftballons auf der Suche nach Nadeln

02.10.2015  |  John Mauldin
- Seite 2 -
Warum dauert das alles so lange? Unsere Vermutung ist, dass die Aktien während der Spitze im Jahr 2000 so hoch bewertet waren, dass es jetzt fast eine Generation lang dauert, den Überschuss abzuarbeiten. Um das Ende des Bärenmarktes und den Beginn des nächsten Bullenzyklus einzuleiten, müssen die Bewertungen fallen. Das kann nur geschehen, wenn die Kurse deutlich nachgeben oder die Rendite steigen, ohne dass die Preise mitziehen.

Natürlich kann es während eines langanhaltenden Bullen- oder Bärenzyklus viele Optionen für kurzfristige Trades geben, doch langfristig gesehen gibt es Eds Analyse zufolge von hier an nur die folgenden drei Möglichkeiten:

1. Wenn die KGVs in die Nähe von 10 oder noch tiefer fallen, nähert sich dieser Bärenmarkt dem Ende und ein neuer Bullenzyklus sollte folgen.

2. Wenn die KGVs in etwa bei ihren aktuellen Werten bleiben, befinden wir uns in einem "langanhaltenden Winterschlaf", wie Ed es nennt. Das würde bedeuten, dass die Kurse sich größtenteils seitwärts entwickeln und die Gewinne an den Aktienmärkten hauptsächlich von den Dividenden abhängen.

3. Wenn die KGVs weiter steigen, wird es wieder zu einer langen Blase wie der Dotcom-Blase kommen. Ich kann mich sehr gut an diese Jahre erinnern, und ich möchte sie lieber nicht noch einmal durchleben.

Kombinieren Sie diese Marktsituation jetzt mit der anscheinend globalen Konjunkturabschwächung. China ist dabei ein wichtiger Faktor, ab nicht der einzige. Sämtliche Industriestaaten haben nur sehr geringe Wachstumsraten zu verzeichnen. An einem gewissen Punkt wird das wahrscheinlich in eine waschechte Rezession umschlagen. Kanada hat diesen Punkt schon erreicht. Ich glaube nicht, dass sie lange allein sein werden. Die Volkswirtschaften in Japan und Europa sind ebenfalls schwach.

Ich denke, ein Bärenzyklus in Verbindung mit einer Rezession wird zur nächsten wirklichen Senkung der Bewertungen führen. Kann der Aktienmarkt die aktuellen Bewertungen auch während einer Rezession aufrechterhalten? Nichts ist unmöglich, aber ich würde auch nicht unbedingt alles darauf setzen. Ich kann in der Geschichte kein Beispiel dafür finden, dass die Aktienkurse und -bewertungen während einer Rezession jemals gleich geblieben wären. Die Preise können schnell oder langsam fallen, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass sie das eine oder das andere tun werden.


Zum Thema Blasen

Unser alter Freund Robert Shiller hat letzte Woche in einem Interview mit der Financial Times wieder von sich hören lassen. Shiller hat das Shiller-KGV entwickelt, ein zyklisch angepasstes Kurs-Gewinn-Verhältnis, das den mittleren Gewinn der letzten zehn Jahre zur Basis nimmt, um kurzfristige Gewinnschwankungen auszugleichen. Er ist zudem Professor an der Yale University und wurde mit dem Wirtschafts-Nobelpreis ausgezeichnet.

Das Shiller-KGV zeigt schon seit Jahren an, dass die Aktien stark überbewertet sind.

In dem Interview mit der Financial Times ließ Shiller das "B"-Wort fallen:

"Für mich sieht es wieder ein wenig nach Blase aus. Schließlich haben sich die Aktienkurse seit 2009 innerhalb von nur sechs Jahren praktisch verdreifacht und gleichzeitig verlieren die Leute das Vertrauen in die Marktbewertungen."

Wann wird die Blase platzen? In dieser Hinsicht ist Shiller nicht sehr hilfreich. Er sagte, die neuerdings stark erhöhte Volatilität zeige, dass "die Leute sich Gedanken machen und besorgt sind. Mir scheint, als würden viele ihre Investitionen in den Aktienmarkt überdenken. Ich bin keine große Hilfe, was den genauen Zeitpunkt angeht, aber ich kann mir gut vorstellen, dass es zu Nachbeben kommen wird."

Nunja, wenn man sich hinsichtlich des Zeitpunkts nicht festlegen will, wäre es vielleicht besser, keine Worte wie "Blase" und "Nachbeben" zu verwenden. Man kann sich nämlich sicher sein, dass die Medien und Kommentatoren sich förmlich auf die Worte stürzen werden, so wie ich jetzt gerade.

Ed Easterling und Bob Shiller kommen jedenfalls zu einem ähnlichen Ergebnis (wenn auch aus verschiedenen Gründen). Keiner von beiden sieht eine besonders rosige Zukunft für die Aktienmärkte, auch wenn beide bezüglich des Timings unschlüssig sind. Wann werden wir also wissen, dass das Ende naht? Wahrscheinlich gar nicht, leider. Es sei denn, wir beobachten eine beginnende Rezession in den USA.


Ballons auf der Suche nach Nadeln

Niemand läutet eine Glocke, wenn die Spitze erreicht ist. Das gleiche gilt auch für Tiefs.

Stellen wir uns vor, der Aktienmarkt wäre ein ganzes Bündel Luftballons. Ein oder zwei davon können mit einem lauten Knall platzen. Erst erschrecken alle, dann lachen sie darüber. Jetzt haben Sie die zusammengefallenen Überbleibsel an Ihrer Schnur hängen.

Schließlich werden so viele Ballons platzen, dass das Gewicht der Reste größer wird, als der Auftrieb der verbliebenen Ballons – und dann fällt das ganze Bündel nach unten.

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Der letzte Ballon war nicht größer oder kleiner als die anderen - er war nur eben zufällig der letzte. In ähnlicher Weise wird jeder Crash von einem Katalysator eingeleitet. Es ist meist etwas, das für sich allein genommen nicht fatal wäre. Es kommt nur deshalb zum Kollaps, weil all die anderen Luftballons bereits zuvor geplatzt sind, aber die Medien und die Kommentatoren zeigen gern mit dem Finger auf das aktuellste Ereignis.

Wenn Easterling und Shiller also Recht haben, platzen die Luftballons bereits und machen die Investoren nervös. Aber der Schaden ist noch nicht groß genug, um das ganze Bündel mit nach unten zu ziehen. Welche Kandidaten haben wir denn für den letzten Ballon?

Eine "harte Landung" der chinesischen Wirtschaft ist im Moment wahrscheinlich der größte und offensichtlichste Luftballon. Eigentlich ist China sogar groß genug für mehrere Ballons. Der Einbruch des chinesischen Aktienmarktes brachte einen bereits zum Platzen. Die Abwertung der Währung durch die Regierung in Peking könnte schon der zweite gewesen sein.


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