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Warum der Staat nicht einfach sein Geld drucken kann

07.11.2015  |  Steve Saville
So wie das heutige Geld funktioniert, wäre es aus technischer Sicht möglich, die Funktionsweise des Geldsystems so ändern, dass der Staat seinen Geldbedarf direkt per Geldschöpfung decken könnte.

Eine solche Veränderung hätte zur Folge, dass kein Staat mehr darauf angewiesen wäre, Geld zu leihen oder Steuern einzuziehen. Das hätte ganz klar einen Vorteil: Es käme zum Abbau des riesigen Staatsapparates, der zum Zweck des “Steuereinzugs“ aber auch zur Überwachung nahezu aller Finanztransaktionen (um die Steuereinnahmen zu maximieren) aufgebaut wurde.

Das Ergebnis wäre sozusagen ein Mehr an Freiheit, allerdings ohne die Leistungen des “Wohlfahrtsstaats“, der für viele Menschen so existenziell geworden ist, kürzen zu müssen. Es stellt sich also die Frage, warum solche Veränderungen nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden?

Die Antwort: Solche Korrekturen würden das wahre Wesen des modernen Geldes entlarven; und das würde zum Einbruch der Nachfrage nach dem offiziellen Geld führen. Besteuerung ist letztlich nicht nur eine Methode, um Vermögen in die Staatskassen umzuleiten, sie ist zudem unersetzlich, um die Nachfrage nach dem offiziellen Zahlungsmittel aufrechtzuerhalten und anzupassen.

Man kann sich das ungefähr so vorstellen: Würde der Staat verkünden, dass in Zukunft alle Steuern wegfielen und der staatliche Geldbedarf einfach durch Geldschöpfung gedeckt werde, würde diese Nachricht anfänglich vielleicht noch Begeisterung auslösen. Wahrscheinlich würde es aber nicht mehr lange dauern, bis sich der Durchschnittbürger Fragen stellt.

Warum muss er oder sie so hart für dieses Geld arbeiten, während der Staat es sich kostenlos und in unbegrenzten Mengen selbst drucken kann?

Diese Menschen würden zunehmend das Bedürfnis verspüren, Geld gegen Sachwerte einzutauschen. Das hätte dann Preissteigerungen zur Folge.

Je schneller die Preise stiegen (weil das Bedürfnis, Geld zu besitzen, abnähme), desto schneller müsste der Staat Geld nachdrucken, um die eigenen Ausgaben decken zu können. Ohne Besteuerung und ohne staatliche Kreditaufnahme, hätte der Staat keine Möglichkeit, einen solchen Inflationskreislauf noch zu unterbrechen.

Der Einsatz der sogenannten “tally sticks“ - Kerbhölzer oder Kerbstöcke - im England des 12. bis 17.Jahrhunderts dürfte eines der besten historischen Beispiele dafür sein, wie Besteuerung Geldnachfrage kreiert.

Im Fall der “tally sticks“ wurden im Grunde wertlose Holzstücke zu werthaltigem Geld konvertiert. Dies war der Tatsache geschuldet, dass diese Holzstücke bei der Besteuerung und der Steuereintreibung zur Anwendung kamen. Nachdem diese Hölzer aufgrund ihrer Funktion nachgefragt wurden, konnte sich der Staat durch die Ausgabe zusätzlicher Hölzer finanzieren. Hier finden Sie eine Zusammenfassung der Geschichte der “tally sticks“.

Heutzutage können Geschäftsbanken und Zentralbanken Geld aus dem Nichts schöpfen, aber kaum jemand versteht diesen Prozess.

Viele Ökonomen und sogenannte Geldexperten, welche zwar den Geldschöpfungsprozess der Geschäftsbanken begreifen, wissen hingegen nicht, was die quantitativen Lockerungen der Zentralbanken genau bewirken (sie gehen fälschlicherweise davon aus, QE würde zwar die Bankenreserven erhöhen, nicht aber das Geldangebot im Wirtschaftsraum). Oder sie quälen sich mit der falschen Vorstellung herum, dass Geld und Schulden ein und dasselbe sind.

Diejenigen, die Geld und Schulden zu Unrecht in eine Schublade stecken, betrachten QE fälschlicherweise als ein nicht inflationär wirkendes Tauschgeschäft, bei dem ein “geldähnliches“ Assets gegen eine anderes ausgetauscht wird.

Insgesamt lässt sich also festhalten, dass im gegenwärtigen System große Verwirrung herrscht - selbst unter jenen Leuten, die es, mit Blick auf die Funktionsweise des Geldsystems, eigentlich besser wissen müssten. Der Mix aus Besteuerung und fehlendem Wissen hinsichtlich der Entstehung von Geld trägt dazu bei, dass die Geldnachfrage weiterhin beständig bleibt.

Eine Vereinfachung des gesamten Prozesses - also direkte Schöpfung der benötigten Geldmittel durch den Staat - würde zu einem Einbruch der Geldnachfrage führen. Aus diesem Grund kann es, im Wesentlichen, auch kein Ende der Besteuerung geben.


© Steve Saville
www.speculative-investor.com
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Dieser Artikel wurde am 04. November 2015 auf www.safehaven.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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