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Aktien und Bonds liefern immer mehr Warnsignale

13.12.2015  |  Klaus Singer
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Die Geldflut treibt den Marktteilnehmern ihre letzte Rationalität aus. Aber wie Keynes sagte, Märkte könnten länger irrational bleiben als man selbst solvent bleiben kann. "Länger" - ja, aber nicht ewig. Und wenn dieser Zustand aufhört, schwingt das Pendel in die andere Richtung, wo es ebenso irrational lange bleiben kann.

Wir stehen unmittelbar vor der nächsten Bewährungsprobe für die Liquiditätssüchtigen und die Drogenkuriere in den Finanzmärkten. In der kommenden Woche wird die Fed aller Wahrscheinlichkeit nach ihre erste Zinserhöhung in fast einer Dekade beschließen. Wenn sie, wie allgemein angenommen, die Leitzinsen auf einen Bereich zwischen 0,25% und 0,50% anhebt, muss sie Liquidität einkassieren. Die meisten Beobachter schätzen, dass sich das im Bereich von 300 bis 400 Mrd. Dollar belaufen wird bei Reserven von etwa 2,5 Bill. Dollar.

Felix Zulauf glaubt nicht, dass das reicht. Er schätzt, dass dazu mindestens eine Billion Dollar erforderlich ist - oder sogar mehr. Das wird die Bilanzsumme der Fed entsprechend verkürzen und entsprechend viel Liquidität vom Tisch nehmen. Sehr negative Auswirkungen auf die globale Liquidität im allgemeinen könnten die Folge sein, sagt er. Er sieht den kommenden Zinsschritt schon in die Geschichtsbücher eingehen als größeren Fehler. Dabei ist er nicht prinzipiell gegen Nullzinsen und QE. Dies sind aber seiner Meinung nach Notfallmaßnahmen, die danach zügig wieder aufgehoben werden müssen. Demzufolge kritisiert er nicht den sehr wahrscheinlich kommenden Zinsschritt, sondern den Zeitpunkt - die Fed ist (wieder) viel zu spät dran.

Am Donnerstag Abend wurde bekannt, dass ein von “Third Avenue Management” aufgelegter Investmentfonds die Rückzahlung von Einlagen gestoppt hat und versucht, etwa eine Milliarde Dollar an Junk-Bonds zu liquidieren. Das ist die größte Schieflage eines US-Fonds seit 2008. Seit Ende Juli hat sich das Fonds-Volumen mehr als halbiert. Die kollabierenden Ölpreise bringen Ramschschulden in Bedrängnis, die im Fracking-Bereich einen besonders hohen Anteil haben.

Ich hatte mich u.a. hier mit dem Thema beschäftigt. Gegenwärtig gibt es auch nicht annähernd so viel Kaufbereitschaft, wie für die von “Third Avenue Management” angebotenen Junk-Bonds erforderlich wäre. Das setzt den Junk-Bond-Markt insgesamt schwer unter Druck.

Unter dem Titel „Qualität war gestern“ befasst sich das Bankhaus Rott mit den Kursverlusten bei Energie- und Rohstofftiteln, die am unteren Ende des Anleihemarktes tiefe Spuren hinterlassen. Viele Firmen sind vor allem mit dem Hinauszögern der Insolvenz beschäftigt, aber die Einschläge kämen spürbar näher, heißt es.

Der Bondmarkt flüstert gewöhnlich nur, aber kommt er erst einmal in die eine oder andere Richtung in Bewegung, gibt es aufgrund seiner puren Größe oft kein Halten mehr. Von ihm gehen die wesentlichen Signale hinsichtlich Solvenz und Liquidität aus. Der alleinige Fokus auf die Aktienmärkte macht blind und taub für solche Entwicklungen, die letztlich auch über die Kursentwicklung bei Aktien entscheiden. Jeffrey Gundlach, Mitbegründer von DoubleLine Capital, sagt, es fühle sich an wie 2007 erinnert, als sich die Finanzkrise zusammenbrauen begann. Gundlach ist ein bedeutender Akteur im Bond-Markt.

Der “BofA Merrill Lynch US High Yield Master II Option-Adjusted Spread” zeigt den Spread von Hi-Yield US-Anleihen zum zehnjährigen TNotes. Er ist seit Mitte 2014 von damals 3,5% auf nun 6,71% angestiegen und hat damit die Alarmzone bei 6,5/7,0% erreicht (siehe auch hier!).

Aussagekräftig für Reibungsverluste im gesamten privaten Bondmarkt ist auch der Verlauf der Differenz zwischen diesem Index und den Renditen für hoch geratete US-Unternehmensanleihen (beide Indices sind Spreads gegen TNotes, die dadurch eliminiert werden). Hier zeigt sich noch viel deutlicher, in welcher Gefahrenzone der Bond-Markt mittlerweile steckt. Die Differenz liegt bei 5%, aus dem Chart lässt sich unschwer ablesen, welche Bedeutung dieser Pegel in der Vergangenheit hatte.

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Ein Blick auf die Liquidität! In den zurückliegenden Jahren war die Fed der große internationale Liquiditätsspender. Schätzungen gehen von einer Summe von bis zu neun Bill. Dollar aus, die unterwegs sind. Die EZB tritt mit ihrer QE-Politik allmählich in die Fußstapfen der Fed und so könnten sich die Effekte dies- und jenseits des Atlanktiks ausgleichen. Wenn…

…wenn der Euro keine wirkliche Stärke aufbaut und dadurch die Liquididierung von in Euro lautenden Carry-Trade-Krediten beschleunigt wird. Es wird also darauf ankommen, dass sich das internationale Schuldenkarussel weiter dreht. Wenn sich die globalen Wachstumsaussichten allerdings weiter eintrüben, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass dies geschieht. Ein Gradmesser dafür dürfte auch der Euro sein. Wenn auf die Gemeinschaftswährung lautende internationale Kredite aufgelöst werden, steigt sein Wert und das das kann zu einer Lawine von Rückzahlungen führen, weil die Rentabilität solcher Kredite dann schnell im Feuer steht.


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