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Interview mit Willem Middelkoop: Der Zerfall des Dollar-Imperiums

18.12.2015  |  Jan Nieuwenhuijs
Der Grund, warum ich nach der Finanzkrise von 2008 begann, mich für Gold zu interessieren, war der Autor, Journalist, Unternehmer, Fondsmanager und Gold-Guru Willem Middelkoop. Als ich begann, seine Bücher zu lesen, zogen mich die Wirtschaft und der Goldmarkt genau wie tausende andere Leser weltweit völlig in ihren Bann. Wer hätte gedacht, dass ich nur wenige Jahre später als Edelmetallanalyst mein Geld verdienen würde?

Es war mir eine Ehre, zu Willem Middelkoops neustem Buch "Der große Neustart" beitragen zu können, indem ich Aussagen chinesischer Entscheidungsträger übersetzte, die ihre Bürger dazu ermuntern, physisches Gold zu kaufen, und indem ich meine Untersuchungen zur Shanghai Gold Exchange zur Verfügung stellte, die zeigten, dass die chinesische Goldnachfrage etwa doppelt so hoch war, wie in der englischsprachigen Welt im Allgemeinen angenommen wurde.

Als "Der große Neustart" im Januar 2014 veröffentlicht wurde, führte ich mit dem Autor ein Interview über den unvermeidlichen Neustart des internationalen Währungssystems (das auf Englisch geführte Interview wurde in zwei Teilen auf diesem Blog veröffentlicht: Teil 1, Teil 2). Seitdem ist in der Welt der Wirtschaft viel passiert und "Der große Neustart" wurde gleichzeitig zum internationalen Bestseller. Bisher wurde das Buch ins Niederländische, Deutsche uns Chinesische übersetzt und soll ebenfalls auf Portugiesisch, Arabisch, Polnisch und Vietnamesisch erscheinen.

Um mit den neusten Entwicklungen Schritt zu halten, hat Middelkoop die überarbeitete Ausgabe des Buches um 70 Seiten erweitert. Grund genug für ein erneutes Gespräch mit dem erfolgreichen Autor über die Ereignisse der letzten zwei Jahre.


Koos Jansen: Ist es Zufall, dass die Spannungen zwischen West und Ost nach der Krise von 2008 zugenommen haben und die USA einen finanziellen Kriegszug führen?

Willem Middelkoop: Wirtschaftliche Kriegsführung zielt darauf ab, entscheidende Wirtschaftsressourcen zu erbeuten bzw. ihre Verfügbarkeit anderweitig zu kontrollieren oder die Währung eines Landes zu zerstören. Die Vereinigten Staaten verstehen besser als jeder andere, dann man einem Land auf diese Weise manchmal mehr Schaden zufügen kann, als durch die Bombardierung seiner Infrastruktur.

Ein aktuelles Beispiel für finanzielle und wirtschaftliche Kriegsführung waren der plötzliche Einbruch des Ölpreises und der Wertverlust des Rubel kurz nach der Annexion der Krim durch Russland in der zweiten Hälfte des Jahres 2014. Der Rohölpreis hat sich in weniger als sechs Monaten halbiert.

Dieser Absturz ließ sich nicht allein mit Fundamentaldaten wie Angebot und Nachfrage erklären. Einige Marktbeobachter sagten, dass die Situation sie an die Zeit des Kalten Krieges erinnerte, als die USA und die ehemalige Sowjetunion nicht nur in militärischer Hinsicht miteinander im Wettstreit standen, sondern auch versuchten, sich auf wirtschaftlicher Ebene gegenseitig zu schaden.

Da die Abhängigkeit der UdSSR von Nahrungsmittelimporten, vor allem Getreide, immer weiter zunahm, mussten die Ölexporte genügend US-Dollar ins Land bringen. Die USA entschieden sich, ihren Einfluss auf Saudi-Arabien und die OPEC zu nutzen und überredeten sie, das Ölangebot zu erhöhen. Das führte zum Einbruch der Ölpreise in den 1980er Jahren und sollte sich bald als todbringendes Manöver herausstellen - 1991 zerfiel die Sowjetunion.

Als Saudi-Arabien im Jahr 2014 erneut begann, seine Ölproduktion auszuweiten, fachte das die Gerüchte über einen neuen Wirtschaftskrieg gegen Russland an. Der Kollaps des Ölpreises führte zum Kollaps des Rubel. Die russische Sberbank bestätigte im Dezember 2014, dass sie auf finanzieller und wirtschaftlicher Ebene attackiert wurde. Herman Gref, der CEO der Sberbank, gab bekannt, dass es während der Rubel-Krise im Dezember einen vom Ausland aus gesteuerten Versuch gab, einen Bankenrun auszulösen.

In einem Interview sagte er, dass an einem einzigen Tag 6 Milliarden Dollar von der Bank abgehoben wurden, nachdem zahlreiche Menschen im Rahmen einer groß angelegten Aktion per SMS die Information erhielten, dass die Sberbank Probleme mit der Auszahlung von Kapitaleinlagen hätte. Tausende von Textnachrichten wurden verschickt, viele davon über ausländische Webseiten.

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Willem Middelkoop


Koos Jansen: Welche anderen Beispiele für finanzielle Kriegsführung lassen sich derzeit auf der Welt beobachten?

Willem Middelkoop: Im Mai 2015 ließen die Vereinigten Staaten in der Schweiz eine Reihe hochrangiger FIFA-Mitarbeiter im Zusammenhang mit einem Korruptionsskandal festnehmen. Den meisten Kommentatoren war nicht bewusst, dass die Aktion der USA die FIFA unter Druck setzen und dazu bewegen sollte, "die Entscheidung für Russland als Gastgeber des FIFA World Cup 2018 angesichts der Rolle des Landes in der Ukraine-Krise und der Besetzung der Krim zu überdenken."

China und Russland waren zudem schockiert, als sie erfuhren, dass das internationale Zahlungssystem SWIFT verwendet wurde, um Russland zu attackieren. 2014 drängte das Vereinigte Königreich die EU dazu, Russland den Zugang zum SWIFT-Netzwerk zu versperren, als Sanktion für die russischen Angriffe in der Ukraine. China reagierte sehr schnell darauf und führte eine eigene Alternative ein, das China International Payment System (CIPS).

Im Jahr 2012 wurden zudem alle iranischen Banken aus dem internationalen SWIFT-System ausgeschlossen. Alastair Crooke, ein ehemaliger Agent des britischen Auslandsgeheimdienstes MI6, gehört zu den wenigen, die sehr offen über die Ziele derartiger finanzieller und ökonomischer Kriegstaktiken sprechen.



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