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Treibstoff für die Gold-Hausse 2016

11.01.2016  |  Adam Hamilton
Gold hatte es 2015 fraglos sehr schwer. Die Investoren verließen den Markt und die Angst vor einer Zinsanhebung durch die US-Notenbank Federal Reserve sorgte dafür, dass der Kurs unablässig fiel. Doch in diesem neuen Jahr sind alle Voraussetzungen für einen dramatischen Preisschwung gegeben. Gold könnte seine Tiefs hinter sich lassen und zu seinem langfristigen Mittelwert zurückkehren. Die für die Schwäche des Goldpreises verantwortlichen Assets sind so extrem gestiegen, dass eine scharfe Abwärtskorrektur unvermeidlich ist. Die darauf folgenden Goldkäufe durch marktbestimmende Investorengruppen werden den Treibstoff für die beeindruckende Rally des gelben Metalls in diesem Jahr liefern.

Die Investmentnachfrage - oder ihr Fehlen - ist der wichtigste Faktor für den Goldpreis. In den Statistiken zur Goldnachfrage entfällt der größte Anteil zwar nicht auf die Investitionen, sondern auf die Schmucknachfrage, die mit rund 4/7 der Gesamtnachfrage unangefochten an der Spitze steht. Doch diese Unterteilung ist etwas irreführend, da die Vorzüge von Gold als Wertanlage der Hauptgrund dafür sind, dass sich Goldschmuck in Asien so großer Beliebtheit erfreut. Doch da die weltweite Schmucknachfrage von Jahr zu Jahr relativ konstant bleibt, ist ihr Einfluss auf den Goldpreis vergleichsweise gering.

Die Nachfrage nach Gold zu Investitionszwecken ist demgegenüber viel geringer. Nach Angaben des World Gold Council hatte sie 2013 einen Anteil von 17,7% an der globalen Gesamtnachfrage. 2014 waren es 19,4% und zum Ende des dritten Quartals 2015 22%. Das ist zwar nicht besonders viel, doch diese Nachfragekategorie weist enorme Schwankungen auf. Die Änderungen in der Höhe des gesamten Goldbedarfs lassen sich größtenteils auf die Investitionsnachfrage zurückführen, die dadurch zum wichtigen Preisfaktor wird.

Der Grund für den Einbruch der Goldpreise um 27,9% im Jahr 2013 und das weitere Nachgeben um 2,0% im Jahr 2014 und 9,6% im Jahr 2015 war der plötzliche, starke Rückgang der Investitionsnachfrage, die auch in der folgenden Zeit schwach blieb. Ohne eine hohe weltweite Nachfrage nach Goldinvestments fehlt dem Kurs die nötige Unterstützung. Diese Kategorie weist die größten Schwankungen auf und stellt damit gegenüber den ansonsten recht stabilen Nachfrage- und Angebotsmengen eine volatile Variable dar.

Angesichts der grässlichen Marktlage in den vergangenen Jahren ist es kaum vorstellbar, dass diese einzigartige Wertanlage nicht immer so verhasst war. Zwischen April 2001 und August 2011 schoss der Goldkurs in einer gewaltigen Hausse um 638,2% in die Höhe und brachte den mutigen Antizyklikern, die bei niedrigen Preisen gekauft hatten, ein Vermögen. Der Aktienindex S&P 500, das Aushängeschild der US-Börsen, verzeichnete im gleichen Zeitraum einen Verlust von 1,9%. Selbst nach der Spitze des Goldkurses im Sommer 2011 lag der Preis des Edelmetalls im Jahr 2012 noch bei durchschnittlich 1669 USD.

Der Zusammenbruch der für Gold so entscheidenden Investitionsnachfrage nahm zu Beginn des Jahres 2013 seinen Lauf. Es handelte sich dabei nicht um eine natürliche Entwicklung, sondern um eine extreme Marktanomalie, die auf das Konto der Federal Reserve ging. Im September 2012 notierte Gold an dem Tag, als die Fed die dritte Runde ihres Programms der quantitativen Lockerungen (QE3) startete, noch bei 1.766 USD. QE3 unterschied sich von seinen Vorgängern darin, dass die Maßnahme diesmal unbefristet war. Die Anleihemonetarisierungen von QE3 hatten weder einen vorher festgelegten Umfang noch ein absehbares Ende.

Nur wenige Monate später, im Dezember 2012, als Gold zu 1.712 USD gehandelt wurde, entschloss sich die Fed dazu, den Umfang ihrer brandneuen QE-Kampagne auf mehr als das Doppelte zu vergrößern, indem sie massiv US-Staatsanleihen aufkaufte. Ab Januar 2013 sollte die US-Notenbank monatlich 85 Milliarden Dollar aus dem Nichts erschaffen, um damit die amerikanischen Treasuries zu kaufen. Das Ziel von QE3 war die Senkung der langfristigen Zinssätze, wie die Fed auch offen zugab. Dieses Programm bewirkte eine drastische Verzerrung der Marktsituation.

Die Tatsache, dass die Geldmengenausweitungen keine festgelegte Obergrenze und kein Enddatum hatten, machte sie zu einer effektiven psychologischen Waffe, mit der sich die Stimmung unter den Tradern manipulieren ließ. Wann immer an den Börsen ein Abverkauf drohte, traten die Beamten der Fed an ihre Mikrophone und erklärten, dass die Notenbank bereits sei, den Umfang von QE3 falls nötig weiter zu erhöhen. Die Marktteilnehmer interpretierten das genauso, wie die Fed es wollte und glaubten, dass die Notenbank die Märkte praktisch vor einem Crash beschützen würde.

Die Anleger investierten also immer mehr Kapital in die Aktienmärkte und trieben die Kurse in die Höhe. Die Beamten der Fed bestärkten die Trader in ihrer Annahme, die Notenbank würde einen Sell-Off verhindern, und so gingen diese immer mehr dazu über, alle üblichen Börsen-Indikatoren zu missachten. Sie kauften und kauften und kauften und scherten sich nicht um Fundamentaldaten, technische Analysen und das Sentiment. So wurden die unablässigen Aktienkäufe zur selbsterfüllenden Prophezeiung.

Während die Aktienmärkte dank des geschickten Einsatzes des in jeder Hinsicht unbestimmten QE3-Programms durch die Fed wie von Zauberhand immer weiter stiegen, begannen sie, das Kapital aus anderen Anlageklassen abzusaugen. Anleger lieben es, in Assets zu investieren, die sich gut entwickeln und die Aktienkurse ließen auf ihrem Höhenflug alles andere hinter sich. Folglich begannen die Investoren, ihre anderen Wertanlagen zu verkaufen und mehr Geld in die boomenden Aktienmärkte zu pumpen. Der Einbruch des Goldkurses war ein Kollateralschaden dieser Kapitalmigration.

Der massenhafte Exodus des Investitionskapitals aus dem Goldsektor wurde anhand des ETFs GLD SPDR Gold Shares am deutlichsten. Die Goldreserven dieses ETFs erreichten nur drei Tage vor der Ausweitung von QE3 im Dezember 2012 mit 1.353,3 Tonnen eine absolute Rekordhöhe. Doch Anfang 2013, nach der Bekanntgabe der Fed, verkauften die Investoren ihre GLD-Aktien schneller als physisches Gold. Die löste innerhalb kurzer Zeit lawinenartige Abverkäufe von beispiellosem Ausmaß aus.

Da es die Aufgabe des GLD ist, den Goldpreis so genau wie möglich nachzuvollziehen, wirkt der ETF als direkter Leitkanal, durch den das Aktienmarktkapital an den physischen Goldmarkt strömt bzw. wieder abfließt. Wenn die GLD-Aktien schneller abverkauft werden, als das physische Edelmetall verkauft wird, droht der Kurs des ETFs sich nach unten vom Goldpreis zu entkoppeln. Die Manager des ETFs müssen das verhindern, indem sie das überschüssige Angebot an GLD-Aktien direkt in Gold selbst umleiten, d. h. sie müssen physisches Gold verkaufen. Sie verkaufen also so viel Gold, dass sie dadurch genügend Kapital generieren, um alle überschüssigen GLD-Aktien aufzukaufen.

Die enorme Hausse, die 2013 durch die außergewöhnliche Geldpolitik der Fed an den Aktienmärkten ausgelöst wurde, sorgte dafür, dass der S&P 500 um 29,6% in die Höhe schoss. Gleichzeitig stießen die Investoren ihre Anteile am GLD so schnell ab, dass die Goldbestände des ETFs innerhalb eines Jahres um 40,9% bzw. 552,6 Tonnen zurückgingen. Ganze 5/6 des gesamten Rückgangs der weltweiten Goldnachfrage im Jahr 2013 sind allein dem Abverkauf der GLD-Aktien zuzuschreiben.

Während der GLD gezwungen war, gewaltige Mengen an physischem Gold auf den Markt zu werfen, beschloss einen andere Gruppe von Tradern, von der Talfahrt des gelben Metalls zu profitieren. Die Spekulanten, die an den US-amerikanischen Terminbörsen mit Gold-Futures handeln und deren Geschäfte den bei Weiten größten Einfluss auf den Goldkurs haben, begannen mit dem Leerverkauf riesiger Mengen an Gold-Terminkontrakten. Dadurch erhöhte sich das Angebot an Papier-Gold und der maßgebende Kurs der Gold-Futures, auf dem Preis des physischen Metalls beruht, wurde nach unten gedrückt.

Je mehr amerikanische Aktienanleger sich von ihren GLD-Anteilen trennten, desto schneller fiel der Goldpreis. Je schneller der Goldpreis fiel, desto umfangreicher wurden die Leerverkäufe der Trader an den Terminmärkten. Dieses Blutbad am Goldmarkt zwang die Futures-Spekulanten, die auf steigende Kurse gesetzt hatten, ihre Long-Positionen stark zu verringern, wodurch sich der Verkaufsdruck noch weiter verstärkte. Die Folge dessen war die niederschmetterndste Abwärtsspirale, die der Goldmarkt je erlebt hat und die die Grundlage für die deprimierende Kursentwicklung der vergangenen Jahre bildete.


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