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Marc Faber: Ausgang unbekannt, aber auf jeden Fall negativ

01.02.2016
Dr. Marc Faber wurde in Zürich, in der Schweiz geboren. Er besuchte die Schule in Genf und Zürich und schloss sie mit der Matura ab. Anschließend studierte er Wirtschaft an der Universität Zürich und erhielt im Alter von 24 Jahren den Doktortitel in Wirtschaftswissenschaften mit der Auszeichnung magna cum laude. Von 1970 bis 1978 arbeitete Faber bei White Weld & Company Ltd. in New York, Zürich und Hongkong.

Seit 1973 lebt er in Hongkong. Von 1978 bis 1990 war er als Managing Director bei Drexel Burnham Lambert (HK) Ltd. tätig, bevor er im Juni 1990 sein eigenes Unternehmen, Marc Faber Ltd. gründete, das im Bereich Investitionsberatung, Fondsmanagement und Maklergeschäft angesiedelt ist. Dr. Faber gibt einen vielgelesenen monatlichen Investment-Newsletter, den "The Gloom, Boom & Doom Report" heraus, in dem er ungewöhnliche Investitionsoptionen aufzeigt. Marc Faber hält regelmäßig Vorträge auf verschiedenen Investmentveranstaltungen und ist für seine "antizyklische" Herangehensweise bekannt. Zudem ist er mit einer Reihe von Fondsgesellschaften assoziiert.


Anthony Wile: Hallo, Marc. Der Dow Jones Industrial Average und andere Aktienindices sind in der ersten Januarwoche schlechter als je zuvor ins neue Jahr gestartet. Lassen Sie uns mit einem Überblick über die aktuellen Ereignisse an den US-amerikanischen und globalen Märkten beginnen.

Marc Faber: Die US-Märkte sind sehr hoch bewertet. Seit März 2009 sind sie stark gestiegen. Das eigentliche Top wurde wahrscheinlich gegen Ende 2013 oder 2014 erreicht, als die Mehrzahl der Aktien bei neuen 12-Monatshochs notierte. 2015 war der Aufwärtstrend viel schwächer, weil nur wenige Aktien hohe Gewinne verzeichneten, während sich die meisten anderen, d. h. die durchschnittlichen Aktien, bereits in einem Bärenmarkt befanden.

Die Schwäche unter der Oberfläche, wie wir es nennen, war für die typischen Investoren nicht erkennbar, denn sie beobachten im Normalfall nur den S&P 500 oder den Russel Index. Wie erwähnt können deren Gewinne aber auch auf der überdurchschnittlichen Performance einiger weniger Aktien beruhen, während sich die meisten anderen bereits auf Talfahrt befinden.

Der neuste Abverkauf, den wir beobachtet haben, zeigt also, dass nun auch die wenigen starken Aktien nach unten korrigieren und spiegelt außerdem die Erkenntnis der Investoren wider, dass die Geldpolitik der US-Notenbank Federal Reserve zwar die Börsenkurse nach oben getrieben hat, es jedoch nicht vermochte, die Realwirtschaft zu stimulieren. Der aktuelle Konjunkturzyklus macht es wahrscheinlicher, dass wir uns in einer Rezession befinden oder bald befinden werden, als dass wir tatsächlich die sogenannte weltweite Erholung erleben, von der die Zentralbanken immer sprechen.

In der Geschichte der gescheiterten Zentralbank-Interventionen wird Ms. Yellens Entscheidung wahrscheinlich zum Präzedenzfall für eine Zinsanhebung genau zum falschen Zeitpunkt werden.


Anthony Wile: Die Medien konzentrieren sich sehr stark auf China. Warum ist das so?

Marc Faber: Die Strategen und Ökonomen in den US-Medien können nicht akzeptieren, dass sie die Wirtschaftsleistung der Vereinigten Staaten so vollkommen falsch vorhergesagt haben, daher brauchen sie jetzt einen anderen Schuldigen, dem sie den Rückgang an den Aktienmärkten in die Schuhe schieben können. Zum Glück haben sie China gefunden. Ja, es stimmt, dass China ebenfalls zahlreiche Probleme hat. Man sollte jedoch nicht vergessen, dass das Land nach der Finanzkrise 2008 am stärksten zum Wirtschaftswachstum beigetragen hat.

Wir beobachten jetzt auch in China eine Verlangsamung, aber wenn man US-Aktien bzw. inländische Wertpapiere kauft, was hat das dann mit China zu tun? Eigentlich überhaupt nichts.

Für die multinationalen Konzerne ist China natürlich von Bedeutung, aber eigentlich läuft deren Geschäft dort gar nicht so schlecht - in jedem Fall viel besser als in den USA. China für den Rückgang verantwortlich zu machen ist meiner Meinung nach unangemessen.

Allerdings bin ich im Hinblick auf das Land auch nicht sonderlich optimistisch. Wie ich in den letzten zwei Jahren oft geschrieben habe, ist es vollkommen klar, dass sich die chinesische Wirtschaft deutlich abkühlt. Das ist glasklar.

Aber die Fondsmanager, Ökonomen und natürlich auch die in China tätigen Banken wollen nichts Negatives schreiben, weil das ihre eigenen Geschäfte beeinträchtigen könnte. Daher haben sie sich ebenfalls den Schönrednern angeschlossen und wiederholen stur, dass alles in Ordnung ist.


Anthony Wile: Wie geht es jetzt mit China weiter?

Marc Faber: Niemand weiß genau, wohin die Reise geht. Meiner Meinung nach wird sich die Situation weiter verschlechtern, wahrscheinlich sogar sehr. Andererseits sind die langfristigen Aussichten nach wie vor recht günstig. Während einer Expansion oder eines langfristigen Aufstiegs eines Landes kann es natürlich auch zu großen zwischenzeitlichen Rückschlägen kommen.

Ich lebe bereits seit 1973 in Asien. 1973/1974 erlebten wir eine Rezession und in Hongkong brach die Börse um 90% ein. Darauf folgte die Rezession von 1981/82 und an den Aktien- und Immobilienmärkten kam es zu einem Abverkauf. Während des Crashs im Jahr 1987 blieb die Hongkonger Börse vier Tage lang geschlossen, nachdem die Kurse an einem Tag um 50% eingebrochen waren. Dann gab es noch den Rekordstand an den japanischen Börsen in den 1990er Jahren, von dem aus der Markt wieder um etwa 70% zurückging und so weiter. Außerdem hatten wir die Asien-Krise und die Bärenmärkte in den Jahren 2003 und 2009, doch in Asien setzte sich das Wachstum fort.

Meiner Ansicht nach wird sich das Wachstum künftig verlangsamen, aber Asien und China sind groß. Es ist durchaus möglich, dass es in bestimmten Regionen zur Flaute kommt, so wie das auch in den 1990er Jahren war, als in Kalifornien der Immobilienmarkt crashte, während das Wachstum in den anderen Bundesstaaten ungebrochen war. Auch in China könnten einige Sektoren einen deutlichen Rückgang erleben, beispielsweise die Kupfer-, Stahl- und Schwermetallindustrie. In anderen Bereichen könnte sich die positive Entwicklung jedoch fortsetzen.


Anthony Wile: Welche Quellen würden Sie empfehlen, wenn man auf der Suche nach echten, glaubwürdigen Nachrichten aus China und Asien ist?

Marc Faber: Es gibt viele gute Untersuchungen, doch manche davon sind sehr teuer und deshalb für Privatanleger ungeeignet. John Anderson von Emerging Market Advisors und einige Banken schreiben regelmäßig über China. Abgesehen von den Angaben zum Bruttoinlandsprodukt sind die Informationen in diesen Veröffentlichungen höchstwahrscheinlich korrekt. Außerdem gibt es noch den Asianomics-Service von Jim Walker der ebenfalls sehr gut ist und sich mit China und Asien im Allgemeinen befasst. Es gibt viele guten Quellen.


Anthony Wile: Wenn sich die chinesische Wirtschaft erholt, wird dann auch wieder neuer Schwung in die Entwicklung der Märkte und in den Welthandel kommen? Ist die chinesische Schwäche die direkte Ursache der weltweiten Probleme?

Marc Faber: Ich bin mir nicht sicher, aber ich denke nicht, dass wir in absehbarer Zukunft eine Erholung sehen werden. Die Neuigkeiten, die uns aus China erreichen, werden sich nicht maßgeblich verbessern. Meiner Meinung nach ist eine Bärenmarkt-Rally wahrscheinlicher, die aber sehr stark ausfallen könnte, weil der Markt überverkauft ist.


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