Jetzt Gold kaufen?
29.02.2016 | Axel Merk
Gold verändert sich niemals; es ist der Rest der Welt, der sich wandelt. Warum lebt gerade jetzt das Interesse an dem Edelmetall wieder auf? Und, was noch wichtiger ist, sollten Investoren jetzt Gold kaufen?
Angst und die Höhe der Zinssätze zählen zu den Schlüsselfaktoren, die in einer "Welt im Wandel" für die Entwicklung des Goldpreises relevant sein könnten. Lassen Sie mich diese beiden Punkte daher genauer untersuchen:
Gold & Angst
Wenn wir uns auf die "Angst" als bestimmenden Faktor des Marktgeschehens beziehen, denken die meisten an Terroranschläge, politische Unsicherheit oder andere Krisen, die die Stimmung der Investoren beeinflussen. Tatsächlich klettert der Goldpreis oft höher, wenn solche Ängste weit verbreitet sind. Dennoch möchte ich dieses gelegentliche Aufflackern der Furcht nicht als Grundlage für eine Investitionsstrategie verwenden, denn die Auslöser dafür sind ihrer Natur nach nur temporär. Wir haben die Fähigkeit, uns an anhaltende Krisenzustände zu gewöhnen, selbst an eine nicht abreißende Terrorkampagne oder an die Schuldenkrise der Eurozone. Wenn der frische Eindruck des Schocks verblasst, geht das Leben an den Märkten weiter.
Nachdem dies klargestellt ist, bin ich trotzdem der Meinung, dass Angst unterbewertet ist - und zwar in einem ziemlich wörtlichen Sinn. Angst ist nur ein anderer Ausdruck für Risikovermeidung. Wenn die Marktteilnehmer kaum etwas fürchten, tendieren sie zum Kauf von "Risiko-Assets", einschließlich Aktien und Junk-Bonds. Das Fehlen von Angst bedeutet zumeist eine geringe Volatilität. Investoren mit einer gewissen Risikotoleranz werden ihr Portfolio in solchen Zeiten verständlicherweise umsortieren, sodass das Gesamtrisiko ihrer Einschätzung nach gleich bleibt.
Zahlreiche Privatanleger tun das intuitiv und auch professionelle Investoren gehen möglicherweise nicht viel anders vor, verwenden dabei allerdings schicke Fachwörter, insbesondere den Ausdruck "Value at Risk" (Wert im Risiko), abgekürzt VaR. Umgekehrt zeigen unsere Analysen, dass Risiko-Assets sich immer dann tendenziell schlechter entwickeln, wenn die Angst - aus welchem Grund auch immer - an die Märkte zurückkehrt, weil die Investoren dann ihr Exposure gegenüber diesen Anlageoptionen verringern.
Das erklärt jedoch noch nicht, warum Gold oft als "sicherer Hafen" betrachtet wird, obwohl der Goldpreis offensichtlich recht volatil ist. Um zu verstehen, wie die Risiko-Assets den Goldpreis beeinflussen, muss man zuerst die Dynamik der Risiko-Assets durchschauen - schließlich ist unsere Prämisse, dass nicht Gold sich ändert, sondern der Rest der Welt.
Eine traditionelle Möglichkeit zur Bewertung eines Risiko-Assets ist die Discounted-Cashflow-Analyse. Bei Aktien addiert man beispielsweise die erwarteten zukünftigen Erträge, zinst die Ertragsströme jedoch ab. Wenn bezüglich der künftigen Zahlungsströme Unsicherheit herrscht, verwenden die Analysten für die erwarteten Erträge einen höheren Diskontierungsfaktor und ermitteln folglich einen niedrigeren Wert.
Grund dafür können beispielsweise Bedenken hinsichtlich des Geschäftsmodells (wie im Fall unerprobter Biotechnologie oder junger Technologieunternehmen) oder auch hinsichtlich der Gesamtlage an den Märkte sein (Angst im allgemeinen Sinn). Wenn das der Fall ist, liegt der Fokus der Theorie nach stärker auf den kurzfristigen Cashflows (da zukünftige Zahlungsströme stärker abgezinst werden). Infolgedessen sind wir der Ansicht, dass es logisch und vernünftig ist, wenn die Aktienkurse in Zeiten der allgemeinen Besorgnis und Beunruhigung sinken und eine höhere Volatilität aufweisen.
Wenn sie mir bis hierhin gefolgt sind, denken Sie jetzt vielleicht: "Aber Gold wirft keine Dividende ab!" Das ist natürlich korrekt und das ist auch der Grund dafür, warum Gold nicht so stark vom "Angstfaktor" beeinflusst wird - es verändert sich nicht.
Beachten Sie bitte auch, dass es nicht stimmt, dass Gold sich immer dann besonders gut entwickelt, wenn die Tendenz zur Risikovermeidung an den Märkten gerade stark ausgeprägt ist. Es gibt Zeiten, in denen sich der Goldpreis in die gleiche Richtung wie die Aktienkurse bewegt, und Zeiten, in denen er sich entgegengesetzt verhält. Seit der frühere US-Präsident Nixon die Verbindung zwischen dem Dollar und Gold gekappt hat, besteht keinerlei Korrelation mehr zwischen dem Goldkurs und den Aktien. Genauso sollte es auch sein. Schließlich stehen die (nicht existenten) Cashflows von Gold ja auch in keiner Verbindung zu den Cashflows der Unternehmen.
Letztlich werden die Preise natürlich von Angebot und Nachfrage diktiert. Gold generiert zwar keine Zahlungsströme, aber das Goldangebot und die Nachfrage nach dem Edelmetall können durchaus von der Finanzlage (bzw. von den erwarteten Cashflows) der Produzenten und Käufer abhängen. In diesem Kontext merke ich oft an, dass sich die geringere Volatilität von Gold im Vergleich zu anderen Rohstoffen unserer Ansicht nach auf die geringere Zahl an industriellen Anwendungsmöglichkeiten zurückführen lässt. Kupfer beispielsweise verändert sich im Laufe der Zeit auch nicht (nun, es oxidiert), aber die Dynamik von Angebot und Nachfrage ist am Kupfermarkt viel elastischer bzw. volatiler.
Wie bei jedem Asset können die Preise auch am Goldmarkt über einen längeren Zeitraum hinweg verzerrt werden. Ich behaupte zum Beispiel, dass sich Gold eher wie ein Risiko-Asset verhält, wenn der Markt von Investoren überrannt wird, die eine positive Preisdynamik ausnutzen wollen und das Edelmetall damit zur sprichwörtlichen heißen Kartoffel machen.
Da wir jetzt die Grundlagen geklärt haben, lassen sie mich zu einem Punkt kommen, auf den ich schon seit Längerem hinweise: Unserer Einschätzung nach haben die Federal Reserve und andere Zentralbanken gemeinsam wirklich hart dafür gearbeitet, die Sorgen der Märkte zu zerstreuen. Genauer gesagt haben die Zentralbanken die "Risiko-Prämien" gesenkt, d. h. dafür gesorgt, dass riskante Anlageoptionen viel weniger riskant erscheinen.
Angst und die Höhe der Zinssätze zählen zu den Schlüsselfaktoren, die in einer "Welt im Wandel" für die Entwicklung des Goldpreises relevant sein könnten. Lassen Sie mich diese beiden Punkte daher genauer untersuchen:
Gold & Angst
Wenn wir uns auf die "Angst" als bestimmenden Faktor des Marktgeschehens beziehen, denken die meisten an Terroranschläge, politische Unsicherheit oder andere Krisen, die die Stimmung der Investoren beeinflussen. Tatsächlich klettert der Goldpreis oft höher, wenn solche Ängste weit verbreitet sind. Dennoch möchte ich dieses gelegentliche Aufflackern der Furcht nicht als Grundlage für eine Investitionsstrategie verwenden, denn die Auslöser dafür sind ihrer Natur nach nur temporär. Wir haben die Fähigkeit, uns an anhaltende Krisenzustände zu gewöhnen, selbst an eine nicht abreißende Terrorkampagne oder an die Schuldenkrise der Eurozone. Wenn der frische Eindruck des Schocks verblasst, geht das Leben an den Märkten weiter.
Nachdem dies klargestellt ist, bin ich trotzdem der Meinung, dass Angst unterbewertet ist - und zwar in einem ziemlich wörtlichen Sinn. Angst ist nur ein anderer Ausdruck für Risikovermeidung. Wenn die Marktteilnehmer kaum etwas fürchten, tendieren sie zum Kauf von "Risiko-Assets", einschließlich Aktien und Junk-Bonds. Das Fehlen von Angst bedeutet zumeist eine geringe Volatilität. Investoren mit einer gewissen Risikotoleranz werden ihr Portfolio in solchen Zeiten verständlicherweise umsortieren, sodass das Gesamtrisiko ihrer Einschätzung nach gleich bleibt.
Zahlreiche Privatanleger tun das intuitiv und auch professionelle Investoren gehen möglicherweise nicht viel anders vor, verwenden dabei allerdings schicke Fachwörter, insbesondere den Ausdruck "Value at Risk" (Wert im Risiko), abgekürzt VaR. Umgekehrt zeigen unsere Analysen, dass Risiko-Assets sich immer dann tendenziell schlechter entwickeln, wenn die Angst - aus welchem Grund auch immer - an die Märkte zurückkehrt, weil die Investoren dann ihr Exposure gegenüber diesen Anlageoptionen verringern.
Das erklärt jedoch noch nicht, warum Gold oft als "sicherer Hafen" betrachtet wird, obwohl der Goldpreis offensichtlich recht volatil ist. Um zu verstehen, wie die Risiko-Assets den Goldpreis beeinflussen, muss man zuerst die Dynamik der Risiko-Assets durchschauen - schließlich ist unsere Prämisse, dass nicht Gold sich ändert, sondern der Rest der Welt.
Eine traditionelle Möglichkeit zur Bewertung eines Risiko-Assets ist die Discounted-Cashflow-Analyse. Bei Aktien addiert man beispielsweise die erwarteten zukünftigen Erträge, zinst die Ertragsströme jedoch ab. Wenn bezüglich der künftigen Zahlungsströme Unsicherheit herrscht, verwenden die Analysten für die erwarteten Erträge einen höheren Diskontierungsfaktor und ermitteln folglich einen niedrigeren Wert.
Grund dafür können beispielsweise Bedenken hinsichtlich des Geschäftsmodells (wie im Fall unerprobter Biotechnologie oder junger Technologieunternehmen) oder auch hinsichtlich der Gesamtlage an den Märkte sein (Angst im allgemeinen Sinn). Wenn das der Fall ist, liegt der Fokus der Theorie nach stärker auf den kurzfristigen Cashflows (da zukünftige Zahlungsströme stärker abgezinst werden). Infolgedessen sind wir der Ansicht, dass es logisch und vernünftig ist, wenn die Aktienkurse in Zeiten der allgemeinen Besorgnis und Beunruhigung sinken und eine höhere Volatilität aufweisen.
Wenn sie mir bis hierhin gefolgt sind, denken Sie jetzt vielleicht: "Aber Gold wirft keine Dividende ab!" Das ist natürlich korrekt und das ist auch der Grund dafür, warum Gold nicht so stark vom "Angstfaktor" beeinflusst wird - es verändert sich nicht.
Beachten Sie bitte auch, dass es nicht stimmt, dass Gold sich immer dann besonders gut entwickelt, wenn die Tendenz zur Risikovermeidung an den Märkten gerade stark ausgeprägt ist. Es gibt Zeiten, in denen sich der Goldpreis in die gleiche Richtung wie die Aktienkurse bewegt, und Zeiten, in denen er sich entgegengesetzt verhält. Seit der frühere US-Präsident Nixon die Verbindung zwischen dem Dollar und Gold gekappt hat, besteht keinerlei Korrelation mehr zwischen dem Goldkurs und den Aktien. Genauso sollte es auch sein. Schließlich stehen die (nicht existenten) Cashflows von Gold ja auch in keiner Verbindung zu den Cashflows der Unternehmen.
Letztlich werden die Preise natürlich von Angebot und Nachfrage diktiert. Gold generiert zwar keine Zahlungsströme, aber das Goldangebot und die Nachfrage nach dem Edelmetall können durchaus von der Finanzlage (bzw. von den erwarteten Cashflows) der Produzenten und Käufer abhängen. In diesem Kontext merke ich oft an, dass sich die geringere Volatilität von Gold im Vergleich zu anderen Rohstoffen unserer Ansicht nach auf die geringere Zahl an industriellen Anwendungsmöglichkeiten zurückführen lässt. Kupfer beispielsweise verändert sich im Laufe der Zeit auch nicht (nun, es oxidiert), aber die Dynamik von Angebot und Nachfrage ist am Kupfermarkt viel elastischer bzw. volatiler.
Wie bei jedem Asset können die Preise auch am Goldmarkt über einen längeren Zeitraum hinweg verzerrt werden. Ich behaupte zum Beispiel, dass sich Gold eher wie ein Risiko-Asset verhält, wenn der Markt von Investoren überrannt wird, die eine positive Preisdynamik ausnutzen wollen und das Edelmetall damit zur sprichwörtlichen heißen Kartoffel machen.
Da wir jetzt die Grundlagen geklärt haben, lassen sie mich zu einem Punkt kommen, auf den ich schon seit Längerem hinweise: Unserer Einschätzung nach haben die Federal Reserve und andere Zentralbanken gemeinsam wirklich hart dafür gearbeitet, die Sorgen der Märkte zu zerstreuen. Genauer gesagt haben die Zentralbanken die "Risiko-Prämien" gesenkt, d. h. dafür gesorgt, dass riskante Anlageoptionen viel weniger riskant erscheinen.