Falscher Frühling an den Märkten
02.03.2016 | Mark J. Lundeen
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Für Marktbeobachter ist es gefährlich, zu spezifische Vorhersagen über die Zukunft zu treffen. Das gilt ganz besonders, wenn es den Bürokraten in den Zentralbanken gestattet ist, die Marktpreise zu kontrollieren. Doch angesichts der obenstehenden Charts bin ich mir sicher, dass entweder der Goldkurs oder die Rendite der langfristigen US-Treasuries (oder beide) bald nach oben ausbrechen werden. Diese Bewegung wird aller Wahrscheinlichkeit nach abrupt und steil sein und ein frühzeitiges Anzeichen dafür darstellen, dass das globale Zentralbankenkartell die letzten Reste seiner Glaubwürdigkeit einbüßt. Für Mr. Bear wird es ein Signal sein, zurückzukehren und zu tun, was er schon seit Anfang der 1990er Jahre vorhatte - den Müll rauszubringen.Im folgenden Chart habe ich die Höhe der Rendite auf US-Staatsanleihen mit langer Laufzeit (rot) und die Federal Funds Rate, den Leitzins der Vereinigten Staaten (blau), dargestellt. Wenn die Federal Funds Rate über die Rendite der T-Bonds steigt, zeigt dies eine durch straffe Geldpolitik verursachte Rezession an (um die Inflation in Grenzen zu halten). Je höher die blaue Linie über die rote steigt, desto straffer war die Geldpolitik und desto stärker ausgeprägt war die Rezession. Je tiefer die blaue Linie dagegen unter die rote fällt, desto lockerer war die Geldpolitik und desto größer wurden die Spekulationsblasen.
In der linken oberen Ecke habe ich einen kleinen Chart mit der Umlaufgeldmenge eingefügt. Der rote Stern markiert den Oktober 1981, als sowohl die Anleiherendite als auch die Zinsen ihren höchsten Wert erreichten. Seitdem hat sich die Umlaufgeldmenge mehr als verzehnfacht und die Staatsschulden sind auf das 19fache angewachsen, während die Rendite der T-Bonds so niedrig sind, wie zuletzt Anfang der 1950er Jahre. Diese Entwicklung lässt sich nur als unnatürlich und bizarr bezeichnen.
Im Oktober 1981 wurden die Staatsanleihen noch als Einkommensquelle betrachtet. Heute dienen sie dem globalen Bankensystem jedoch hauptsächlich als Sicherheit für ihre Derivate. Deswegen sind die T-Bonds heute trotz ihrer niedrigen Rendite weiterhin stark gefragt.
Der Oktober 1981 markiert gleichzeitig auch einen wichtigen Wendepunkt der "Währungspolitik". Vor jenem Jahr scheute sich der Offenmarktausschuss der Fed nicht davor, den Leitzins deutlich über die Anleiherendite anzuheben, doch seitdem war er nur zögerlich und widerstrebend zu einer Umkehrung der Zinskurve bereit. Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die "Währungspolitik" von einer kontinuierlichen Inflation begleitet. Die Datensätze in der untenstehenden Tabelle beginnen im Jahr 1954, doch schon 1958 hatte die Inflation der Geldmenge einen Run auf die Goldreserven der USA ausgelöst, der erst dadurch beendet werden konnte, dass Nixon im August 1971 "das Gold-Fenster schloss". Zwischen 1954 und 1981 hatte sich die Ausweitung der Geldmenge jedoch auf die Verbraucherpreise und die Gehälter niedergeschlagen.
In der realen Welt finden steigende Inflationsraten nur wenig Befürworter, doch die Wall Street und Washington haben die inflationsfördernden Aktivitäten des Offenmarktausschusses der Fed vorbehaltlos unterstützt, da sie die Hauptnutznießer der neu gedruckten Dollars waren. Dennoch wurden die steigenden Zinsen, das höhere Preisniveau und die immer schwerwiegenderen Rezessionen in der Zeit von 1954 bis 1981 letztlich problematisch, selbst für die Banken und die Politiker.
All das änderte sich 1981, als die Währungsinflation nicht länger die Verbraucherpreise in die Höhe trieb, sondern stattdessen begann, in die Finanzmärkte zu fließen. Anstellte steigender Verbraucherpreise brachte uns die Inflation nun "Bullenmärkte" und Zentralbanker wie Alan Greenspan erreichten den Status von Rockstars. Greenspan wurde für die zerstörerischen Spekulationsblasen, die er an den Finanzmärkten aufpumpte, gar von der englischen Queen zum Ritter geschlagen.
Die Verlagerung der Inflation vom allgemeinen Preisniveau hin zu den Finanzassets führte zu einer bemerkenswerten Änderung der Währungspolitik. Während der Offenmarktausschuss der Fed vor 1981 noch mit einer deutlichen Anhebung des Leitzinses über die Anleiherendite, d. h. mit einer Inversion der Zinskurve, auf steigende Verbraucherpreise reagierte, war das nach 1981 nicht mehr der Fall.
Nehmen Sie sich einen Moment Zeit, um im obenstehenden Chart die Umkehrung der Zinsen vor und nach 1981 zu vergleichen. Nach 1981 waren die Inversionen nicht mehr so stark ausgeprägt wie zuvor und zudem von kurzer Dauer. Mit jeder Umkehrung platzte überdies eine Blase und die großen Banken der Wall Street benötigten jedes Mal größere Finanzhilfen.
- Nr. 1: Junk-Bond-Blase
- Nr. 2: Dotcom-Blase
- Nr. 3: Hypothekenblase
Wenn Sie noch einmal zum BEV-Chart des Bankenaktien-Index zurückgehen, werden Sie sehen, dass die Inversion Nr. 1 einen Einbruch der Bankenaktien um 53% zur Folge hatte. Inversion Nr. 2 führte zu Kursverlusten von 36% und bei Inversion Nr. 3 fielen die Aktien um 86%.
Während der dritten dieser Spekulationsblasen (der Hypothekenblase) lag der Leitzins gerade einmal erbärmliche 56 Basispunkte über den Anleiherenditen. Vor 1981 hatte die Fed die Zinskurve regelmäßig um mehrere Prozentpunkte (siehe Tabelle unten) umgekehrt, ohne dass dies apokalyptische Folgen hatte. Im Jahr 2006 löste der Offenmarktausschuss mit einer Anhebung der Federal Funds Rate um 0,56% über die Rendite der T-Bonds allerdings einen globalen Bankenkollaps und den zweitschwersten Bärenmarkt des Dow Jones seit 1885 aus. Seit Dezember 2008 liegt der Leitzins der USA praktisch unverändert bei Null - eine solche Situation gab es in der Zeit seit der Gründung der Federal Reserve noch nie zuvor.
Trotz der Proteste ihrer Kollegen im IWF und in der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, die die Konsequenzen dieser winzigen Zinsanpassung fürchteten, hat die US-Notenbank die Federal Funds Rate kürzlich um 25 Basispunkte (0,25%) angehoben. Das allein zeigt schon, wie zerbrechlich das Bankensystem und die Wirtschaft heute sind und macht deutlich, dass jede angeblich fundamentale Stärke der Aktien- und Anleihemärkten zum größten Teil Fiktion ist.
Mit Hilfe des obenstehenden Charts können wir leicht feststellen, wann der Offenmarktausschuss der Fed den Leitzins über oder unter dem Niveau der Anleiherendite festgelegt hat, doch die folgende Tabelle zeigt, wie hoch die Abweichung jeweils genau war und wie viele Wochen sie andauerte. Vergessen Sie dabei nicht, dass die linke Seite der Tabelle, die die Daten der Jahre von 1954 bis 1982 enthält, eine inflationäre Phase der Geldgeschichte abdeckt, in der die Ausweitung der Geldmenge höhere Verbraucherpreise zur Folge hatte. Die rechte Seite der Tabelle enthält dagegen die Jahre (1983-2016), in denen sich die Erhöhung der Geldmenge vor allem in den Assetpreisen an den Finanzmärkten niederschlug. Die direkte Gegenüberstellung der Zahlen verdeutlicht, wie drastisch sich die Währungspolitik der Federal Reserve seit 1983 geändert hat.