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QE: Ein Schlafmittel für Wachstum

11.04.2016  |  Klaus Singer
- Seite 2 -
Mit niedrigen und weiter sinkenden Zinsen steigt die Neigung, Geld zu horten. Die seit den frühen 1980er beständig sinkenden Zinsen erklären zum Teil die langfristig nach unten tendierende Umlaufgeschwindigkeit des Geldes. Dies verstärkt sich, wenn die Zinsen nahe Null sind, erst recht, wenn sie negativ werden. Das ist in Japan deutlich zu sehen: Die japanischen Konsumenten horten Cash in Form großer Geldscheine, die Verkäufe von Safes für Privathäuser ziehen kräftig an, Bargeld wird dem Bankensystem entzogen. Seit dem Schritt der BoJ zu negativen Zinsen Ende Januar ist zudem ein Run japanischer Investoren auf höher rentierliche ausländische Anleihen festzustellen (Chartquelle).

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Sinkt die Geldumlaufgeschwindigkeit, steigt der Deflationsdruck, also pumpen die Zentralbanken noch mehr Geld in das Bankensystem, um Wachstum zu generieren. Entwickelt sich aber eine deflationäre Spirale, stellen Verbraucher Ausgaben zurück, weil sie künftig niedrigere Preise erwarten. Staatliche und geldpolitische Anreize bleiben dann ohne Wirkung, das Wachstum wird gedrückt. Deflation steigert die realen Zinssätze, das steigert den Außenwert der betreffenden Währung. Dadurch werden Exporte tangiert, das kostet weiteres Wachstum.

Die Nebenwirkungen der Null- bis Negativzinspolitik sind also genau das, was die Zentralbanken vermeiden wollten: Es kommt zu deflationären Tendenzen, die Währungen werden gestärkt, das Wachstum lässt nach. Auch hier gibt Japan wieder ein leuchtendes Beispiel ab: Dollar/Yen hat auf die Einführung negativer Zinsen Ende Januar mit einer Talfahrt (=Yen-Stärkung) von 121 auf aktuell unter 109 reagiert - bei rund 115 liegt eine Schmerzgrenze für die japanische Exportindustrie.

Hinzu kommt, dass die QE-Maßnahmen die langfristigen Zinsen drücken und damit den Spread zu den kurzfristigen verkleinern. Genau dieser Spread ist aber das, woran die Banken im Kreditgeschäft verdienen. Wenn der Spread sinkt, sinkt folglich die Neigung, Kredite auszureichen. Auch das bremst das Wachstum.

Die Zentralbanken reagieren auf die nicht beabsichtigten Konsequenzen ihrer Politik damit, dass sie den eingeschlagenen Irr-Weg stur weiter gehen. BoJ und EZB erweitern den Kreis der Anleihen und sonstigen Wertpapiere, die sie im Rahmen ihrer QE-Politik kaufen. Die BoJ kauft praktisch alle neu ausgegebenen japanischen Staatsanleihen auf. Mit den massiven QE-Programmen der Zentralbanken trocknen die Märkte für die Titel aus, die in ihrem Fokus stehen.

Wenn hier nicht genug Nachschub kommt, bleibt nur der Weg zu noch negativeren Zinsen. Zudem erhofft man sich davon, dass die Banken über den Umweg der Vermeidung solcher “Strafzinsen” ihre Kreditvergabe doch ausweiten, auch wenn solche Kredite wenig profitabel und angesichts der schlappen Wirtschaftsaktivitäten auch besonders riskant sind.

Eine weitere, unerwünschte Nebenwirkung der "modernen" Geldpolitik zeigt sich in Japan ebenfalls: Dort ist der Nikkei seit Einführung negativer Zinsen um 9% eingebrochen.

US-Staatsanleihen stechen heraus mit deutlich höheren Renditen über das gesamte Laufzeitenspektrum. Auf der Jagd nach höherer Rendite sind solche Titel insbesondere für japanische und europäische Investoren interessant. Das gibt dem US-Dollar cet. par. Auftrieb (bzw. dämpft Schwächetendenzen). Gleichzeitig drückt das das Zinsniveau (Chartquelle).

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Wenn die EZB ihren Über-Nacht-Zins von aktuell -0,4% weiter senkt, etwa auf -1%, dürfte die Rendite der zehnjährigen Bunds in den negativen Bereich gehen. Zehnjährige US-Treasuries dürften dann 1% oder weniger Rendite bringen (akuell 1,7%).

(Unter Verwendung von Material von "The Global Liquidity-Trap Turns More Treacherous")


Fazit

Der Kurs der Geldpolitik mit Null- bis Negativzinsen ist nicht wachstumsfördernd, genauso wenig wie die aktuelle staatliche Finanzpolitik. Beides zusammen ergibt eine gefährliche Mischung und vertieft die globale Liquiditätsfalle.


Erwähnte Charts, weiterführende Verweise und Quellenangaben können hier eingesehen werden.


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de



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