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"There is no alternative" - "TINA" wird alt

15.05.2016  |  Klaus Singer
Als Stan Druckenmiller, eine Hedgefonds-Legende, im Jahr 1981 anfing, lag die risikofreie Rendite fünfjähriger US-Staatsanleihen bei 15%, real waren es damals nahe an 5%. Damit andere Assets mithalten konnten, mussten sie sehr billig sein. Die extrem kontraktive Geldpolitik des damaligen Fed-Chefs Volcker zwang zu Restrukturierungen auf der Makro- und Mikroebene, Unternehmen mussten ihr Kapital mit Bedacht investieren.

Das führte zu einer der historisch besten Investitionsumgebungen, sagte Druckenmiller kürzlich auf einer Investorenkonferenz in einem viel beachteten Vortrag und fragte: Wie kann das genaue Gegenteil, nämlich die heutige Geldschwemme, ebenfalls gute Investitionsbedingungen bereithalten?

Seit langem wird die Leier gedreht, zu Aktien gibt es angesichts von Nullzinsen keine Alternative, auf Englisch “there is no alternative”, abgekürzt TINA. Anfang der 1980er Jahre waren die Bewertungen bei Aktien niedrig, nach Shiller-KGV (CAPE-KGV) waren es damals sieben, heute kommen wir auf 25, 2000 fehlte nicht viel bis 45. Die Unternehmensverschuldung war weniger als halb so hoch wie heute, mit der Aussicht auf Kredit-getriebenes Wachstum.

Der folgende Chart zeigt die divergente Entwicklung von Aktienkursen (jährliche Veränderung) und Rendite fünfjähriger US-Staatsanleihen. Heutzutage sind die Zinsen historisch niedrig, Aktienkurse historisch hoch. Das legt nahe, dass das Beste hinter uns liegt. Null Prozent Rendite stellt eine Art natürlichen Boden dar, auch wenn die Zentralbanken dieser Welt dabei sind, die Zinsen in den negativen Bereich hinein zu manipulieren.

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Die Antwort der Notenbanken auf die Folgen der Finanzkrise 2008 hat bis jetzt Deleveraging verhindert, im Gegenteil, die Verschuldung steigt global weiter an. In den USA hat die Gesamtverschuldung gut 350% des BIP erreicht. In der "Großen Rezession“ wurden die Zinsen auf Null gesetzt, die Fed verlängerte ihre Bilanz auf 1,4 Bill. Dollar. Nach Ende der Rezession ging es weiter, die Bilanz wuchs um weitere 2,2 Bill. Dollar.

Und die Tauben bleiben in der Fed am Ruder. Zögerlich genug wurden die Leitzinsen im Dezember leicht angehoben auf einen Bereich zwischen 0,25% und 0,50%. Nach Taylor-Regel sieht Druckenmiller den angemessenen Leitzins heute nahe bei 3% liegen. Damit wird die Fed zu der am wenigsten Daten-getriebenen Fed der Geschichte. Dabei behauptet sie stets, bei ihrer Politik lasse sie sich von den Makrodaten leiten. Ich hatte mehrfach hergeleitet, dass ein Zinsniveau von rund 2% angemessen ist.

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Welcher Unterschied zu Volckers Geldpolitik der 1980er Jahre! Damals wurden kurzfristige Schmerzen bewusst in Kauf genommen, um die Inflation zu bekämpfen und Reformen voranzutreiben. Es entstand ein produktiver Boom, das reale Wachstum stieg an und ein 25 Jahre langer Bull-Markt startete. Heute wird das Gegenteil praktiziert. U.a. wegen der mitgeschleppten Altlasten bleibt das Wachstum auch im achten Jahr der "Krisenbekämpfung" anemisch, in Japan sind es schon mehr als 20 Jahre.

Die Fed macht mit ihrer Politik so große Anleihen an künftigen Konsum wie niemals zuvor und scheint nur im Sinn zu haben, weitere sechs Monate ohne einen Absturz im S&P 500 über die Runden zu bringen und kurzfristig eine Rezession zu verhindern. Damit wird aber übergeordnet das Gegenteil erreicht, dringend notwendige Reformen und Restruktierungen auf unternehmerischer wie staatlicher Ebene werden vermieden, die Wahrscheinlichkeit eines wirtschaftlichen Kollaps steigt.

Das Wachstum des operativen Cashflow der US-Unternehmen erreichte vor fünf Jahren seine Spitze. Seitdem ist es Jahr für Jahr zurückgegangen, seit über einem Jahr ist es sogar negativ, die Nettoverschuldung der US-Unternehmen hingegen steigt schnell an. Diese Kombination hat es seit Ende des Zweiten Weltkriegs nicht gegeben. Vor 2008 fielen die Spitzen beider Zeitreihen recht gut zusammen, seit fünf Jahren jedoch geht die Schere immer weiter auseinander.

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