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Steve St. Angelo über die Energie- und Schuldenkrise und die Notwendigkeit, Edelmetalle zu besitzen

08.06.2016  |  Mike Gleason
Mike Gleason: Heute habe ich das Vergnügen, Steve St. Angelo, den Betreiber der Webseite The SRSrocco Report, zu unserem Interview begrüßen zu dürfen. Steve ist ein unabhängiger Analyst und Investor, der die Edelmetall- und Energiemärkte so aufmerksam verfolgt wie kaum ein zweiter, und er hat eine der inhaltlich besten und Webseiten unserer gesamten Branche. Steve, willkommen zurück. Schön, dass Sie heute wieder bei uns sind.

Steve St. Angelo: Ja Mike, ich freue mich schon auf unser Gespräch.


Mike Gleason: Unsere letzte Diskussion liegt schon einige Monate zurück, also sagen Sie uns zunächst doch bitte, wie Sie die bisherige Entwicklung der Edelmetalle in diesem Jahr einschätzen und was nach den Hochs Ende April zum aktuellen Kursrückgang geführt hat.

Steve St. Angelo: Der Hauptfaktor, der nicht nur den sprunghaften Anstieg der Nachfrage nach physischen Edelmetallen, sondern auch nach ETFs, vor allem Gold-ETFs ausgelöst hat, war meiner Meinung nach der Crash an den Aktienmärkten und die deutliche Korrektur des Dow Jones um 2.000 Punkte. Das Interessante daran ist, dass die Goldbestände der ETFs diesmal allein im ersten Quartal 2016 um 364 Tonnen aufgestockt wurden.

Im Jahr 2009 brach der Dow Jones in ersten Quartal dagegen um 4.000 Punkte ein und fiel auf einen Kursstand von rund 6.600. Die Investoren ängstigten sich zu Tode und die Bestände der Gold-ETFs erhöhten sich um 50 Tonnen. Nun, diesmal ging es für den Aktienindex nur 2.000 Punkte nach unten, aber die Investoren strömten an den Goldmarkt und investierten in Gold-ETFs, als wäre das Ende der Welt gekommen - dabei handelte es sich nur um eine ganz normale Kurskorrektur von vielleicht 10% oder 15%. Doch die Anleger hatten Angst, dass die Korrektur sich zu einem massiven Crash ausweiten könnte.

Dazu ist es nicht gekommen. Bis zum April hatten sich die Märkte erholt und die Stimmung hatte sich wieder aufgehellt. Ein weiterer Faktor, der auf den Edelmetallpreisen lastet, sind die enormen Short-Positionen der Commercials. Diese haben vor ein oder zwei Wochen ein Rekordniveau erreicht und natürlich beobachten die Investoren das. Die Gold- und Silberkurse hätten auf über 1.300 $ bzw. 18 $ steigen müssen. Das hätte die Commercials womöglich viel stärker unter Druck gesetzt.

Diese Grenzen wurden auch kurz angekratzt, aber es sieht so aus, als hätten die Banken genau dieses Kursniveau genutzt, um die Preise wieder nach unten zu drücken. An mehreren Tagen wurden innerhalb weniger Minuten gewaltige Goldpositionen im Wert von 2 oder 3 Milliarden $ verkauft und das war ausreichend. In dieser Situation finden wir uns jetzt also wieder und die Marktstimmung hat sich mittlerweile deutlich eingetrübt, weil die Kurse die 1.300-$- und die 18-$-Marke nicht halten konnten. Wir müssen abwarten, wie sich die Short-Positionen der Commercials von nun an entwickeln und wie es künftig weitergeht.


Mike Gleason: Ich möchte mit Ihnen auf jeden Fall ausführlich über die Angebotsseite sprechen. Sie berichten ja sehr detailliert darüber und Sie haben großartige Information dazu zusammengetragen. Vor Kurzem haben Sie einen Artikel über die enorme Erhöhung der Nachfrage nach den Münzen Silver Eagle und Silver Maple Leaf veröffentlicht und darauf hingewiesen, dass die jährliche Silberproduktion in den USA und in Kanada nicht ausreicht, um den Bedarf der Prägestätten zu decken, die diese beiden Anlagemünzen herstellen.

Vor zehn oder 15 Jahren war das noch nicht der Fall. Das ist eine sehr interessante Entwicklung der Dynamik von Angebot und Nachfrage in Nordamerika. Steve, was haben Sie bei Ihren Recherchen herausgefunden und welche Schlüsse ziehen Sie daraus?


Steve St. Angelo: Ich denke es ist wichtig, dass die Leser die Bedeutung der mittel- und langfristigen Fundamentaldaten verstehen. Wir sollten unsere Aufmerksamkeit verstärkt darauf konzentrieren, denn am Ende werden die fundamentalen Gegebenheiten immer die Oberhand behalten, allen Marktmanipulationen zum Trotz. Wir werden später noch einmal darauf zurückkommen.

Im Jahr 2001 haben die Vereinigten Staaten und Kanada zusammen etwas mehr als 95 Millionen Unzen Silber gefördert und die Verkäufe der Siver-Eagle-Münzen lagen bei rund 9 Millionen Unzen, d. h. sie machten weniger als 10% der Gesamtproduktion aus. 2015 belief sich das Silberangebot aus der nordamerikanischen Minenproduktion auf 47 Millionen Unzen. Es hat sich also halbiert, doch allein die Nachfrage nach Silber Eagles und Silver Maple Leafs lag im letzten Jahr bei 81 Millionen Unzen und übertraf die Fördermenge der USA und Kanadas damit um 33-34 Millionen Unzen.

2001 war also noch Silber übrig, welches in der Industrie und zur Herstellung von Schmuck und Silberwaren verwendet werden konnte, doch heute müssen allein für die Herstellung der Silbermünzen 33 Millionen Unzen importiert werden. Dieser aktuelle Trend stellt eine phänomenale Entwicklung dar. Die Nordamerikaner sammeln aus irgendeinem Grund gern Silbermünzen, während in Asien, oder zumindest in Indien, Silberbarren beliebter sind. In Nordamerika werden also viele Silbermünze und selbst Silbermedaillen gekauft. Diese Nachfrage ist richtungsweisend für den Edelmetall-Investmentmarkt.

Ich schätze, dass die Verkaufszahlen der Silver Eagles und Silver Maple Leafs in diesem Jahr deutlich steigen werden, insgesamt vielleicht auf 90 Millionen Unzen. Da die Minenproduktion in etwa stabil bleiben wird, erhöht sich das Defizit dadurch um weitere 7 oder 8 Millionen Unzen, allein aufgrund der Münznachfrage. Diese Entwicklung sollte nicht unterschätzt werden, Mike.


Mike Gleason: Sehr interessant fand ich in diesem Zusammenhang auch einen aktuellen Bericht von Ihnen, in dem Sie herausstellen, dass die weltweite Investitionsnachfrage nach Silberbullion vor zehn Jahren nur 8% der industriellen Nachfrage entsprach, während sie heute halb so groß ist wie der globale Silberbedarf der Industrie. Die industrielle Nachfrage ist dabei weitestgehend konstant geblieben, sie hat nur geringfügig abgenommen.

Wenn es so weitergeht, erleben wir vielleicht schon bald, dass für Investmentzwecke mehr Silber gefördert werden muss, als für industrielle Anwendungen, wer weiß. Wenn man bedenkt, wie die Nachfragesituation früher war, ist das wirklich verblüffend. Was denken Sie darüber?



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