Steve St. Angelo über die Energie- und Schuldenkrise und die Notwendigkeit, Edelmetalle zu besitzen
08.06.2016 | Mike Gleason
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Aber in einem Silberring ist nicht einmal eine Unze Silber enthalten. Selbst bei einem Silberpreis von 100 $ wird kaum jemand zum Edelmetallhändler oder Juwelier gehen und seinen Silberring für 40 $ verkaufen. Aus diesem Grund wird Silberschmuck nur selten recycelt. Gold dagegen schon, weil der Preis viel höher ist. Ich denke also nicht, dass das Angebot an wiedergewonnenem Silber stark steigen wird. Selbst wenn der Silberpreis wirklich enorm in die Höhe klettern sollte und mehr Menschen ihr Silber verkaufen, wird das zusätzliche Angebot von den Märkten wahrscheinlich sofort absorbiert, weil Gold und Silber die Assets der Zukunft sind.Mike Gleason: Wenn höhere Preise nicht zwangsläufig eine deutliche Zunahme des Angebots an recyceltem Silber zur Folge haben, dann stellt sich die Frage, woher das Angebot kommen wird. Was die Minenproduktion anbelangt wissen wir ja, dass diese sich nicht so schnell steigern lässt. Derzeit werden viele Minen vorläufig stillgelegt und nur die nötigen Instandhaltungsarbeiten werden noch durchgeführt. Wenn die Preise steigen, kann die Produktion an diesen Minen nicht sofort wieder beginnen.
Doch ich möchte mit Ihnen noch über das Verhältnis zwischen dem Dow Jones und dem Silberkurs reden, denn dazu haben Sie ja auch einige Analysen durchgeführt. Was haben Sie durch Ihre Recherchen über das Dow/Silber-Verhältnis gelernt, Steve?
Steve St. Angelo: Ich denke, dass dieses Verhältnis wichtig ist, weil uns gar nicht bewusst ist, wie stark alles aus dem Gleichgewicht geraten ist. Als der Silberpreis 1980 erstmals auf 49 $ gestiegen ist, notierte der Dow Jones im ersten Quartal bei durchschnittlich 864 Punkten. Im Mai 2011 kletterte der Silberkurs erneut bis auf 49 $, doch gleichzeitig lag der Dow Jones im Bereich von 12.000-13.000 Punkten. 1980 betrug das Dow/Silber-Verhältnis also 25:1, doch im Laufe der nächsten Jahrzehnte schoss es in die Höhe und im Juni 2001 lag es bei 2.500:1.
Relativ zum Dow Jones konnte man 2001 also hundertmal mehr Silber kaufen, als 1980. Als der Silberpreis 2011 nach oben schoss, fiel das Dow/Silber-Verhältnis auf 250:1, d. h. auf ein Zehntel seines Spitzenwertes. Derzeit liegt es bei etwa 1.000:1.
Ich möchte, dass Ihre Zuhörer und Leser Folgendes verstehen: Während der Kurs des Dow Jones seit 1980 auf das 21fache klettert ist, haben sich die US-Schulden auf das 22fache erhöht. Der Rentenmarkt der USA ist unterdessen auf das 25fache Volumen angewachsen. Wenn Sie alle diese Zahlen, all die Assets miteinander vergleichen, dann wird klar, dass sie fast genau in dem gleichen Maße gewachsen sind, wie die Staatsschulden der USA. All diese Assets sind in Wirklichkeit Schuldenassets. Es sind keine echten Vermögenswerte. Einen echten Vermögenswert kann man verkaufen. Ruhestandskonten und der Dow Jones sind nichts als Forderungen an die zukünftige Wirtschaftsleistung.
Ich hatte Ihnen ja bereits von meinen Analysen des Energiesektors berichtet. In den USA hat die Ölproduktion ihr Maximum erreicht und von nun an wird es höchstens bergab gehen. Seit den 1970er und 1980er Jahren haben die Märkte das Kapital weg von Realwerten und hin zu Papierassets wie dem Dow Jones, den Staatsanleihen und dem Rentenmarkt gelenkt. All diese Finanzmärkte sind einzig und allein durch Schulden gedeckt. Es ist daher kein Zufall, dass der Wert all dieser Assets um mehr als das 20fache zugenommen hat, während die US-Staatsschulden auf das 22fache angewachsen sind.
Den meisten Anlegern ist gar nicht bewusst, dass sie in Forderungen investiert haben, statt in Vermögenswerte. Im ersten Quartal des Jahres 1980 lag der durchschnittliche Silberpreis bei 30 $, heute liegt er bei 16 $. Wenn die Investoren ihr Geld in Gold und Silber angelegt hätten, statt in das Ponzi-System der Rentenkonten, wären die Edelmetallpreise heutzutage viel höher, das Volumen des Rentenmarktes und der Kurs des Dow Jones dagegen viel niedriger. Das ist das Problem. So haben sich die Dinge im Laufe der letzten 30 Jahre entwickelt.
Mike Gleason: Sie haben gerade das Thema Energie angesprochen, Steve. Jeder, der ihre Webseite besucht, wird die Abkürzung "EROI" sehen, die für "Energy Returned on Invested", d. h. für den Erntefaktor steht. Darauf möchte ich gern kurz eingehen und Sie sollten das Konzept für unsere Leser und Zuhörer noch einmal erklären, bevor wir fortfahren. Ich würde außerdem gern einen Artikel zitieren, denn Sie jüngst zu diesem Thema veröffentlicht haben, und dann können Sie das kommentieren.
"Es wird völlig egal sein, wie viel Geld in Zukunft im Umlauf ist, wenn die Energieerzeugung in den Keller fällt. Wen interessiert es, wie viele Billionen dann in der Geldmenge M2 oder M3 sind, wenn wir nicht genügend Strom haben, um ein System am Laufen zu halten, das nur mit einem kontinuierlich wachsendem Energieangebot funktionieren kann. Den künftigen Wert von Gold anhand der ausstehenden Geldmenge bemessen zu wollen, ist völliger Unsinn.
Genau aus diesem Grund bezeichne ich Gold und Silber als Investments. Der Wert der Edelmetalle wird steigen, während der Wert der meisten Papierassets und auch der meisten physischen Vermögenswerte kollabieren wird. Die Neubewertung von Gold und Silber wird sich lange nach dem Zusammenbruch des Fiatwährungssystems fortsetzen. Gold und Silber werden weiter an Wert gewinnen, weil die meisten anderen Assets förmlich zerfallen werden. Das geht weit über den Nutzen der Edelmetalle als Geld oder als Absicherung hinaus."
Geben sie uns doch bitte eine allgemeinverständliche Erklärung des Erntefaktors und gehen Sie dann auf den Abschnitt ein, den ich gerade zitiert habe, und sagen Sie uns, warum Sie der Ansicht sind, dass all das auf deutlich höhere Gold und Silberpreise hindeutet.
Steve St. Angelo: Ja Mike, meine Analysen unterscheiden sich von denen der meisten Kommentatoren im Edelmetallsektor, weil diese sich mit der Österreichischen Schule der Wirtschaftstheorie befassen und die Geldmenge betrachten. Jim Sinclair und selbst Jim Rickards prognostizieren auf Grundlage der Geldmenge Goldpreise in Höhe von 10.000, 15.000, 20.000 oder 30.000 $. Doch wie das Zitat, das Sie gerade vorgelesen haben, schon sagt - es wird nicht von Bedeutung sein, wie hoch die Geldmenge M1, M2 oder M3 ist, wenn die Energieerzeugung rückläufig ist.
Wir dürfen die enorme Schuldenlast von 20 Billionen $ nicht vergessen. Ich bezeichne diese auch als "Energieschulden". Unser Problem ist, dass alles vom Erntefaktor abhängt, der einfach gesagt ausdrückt, wie viel Energie notwendig ist, um neue Energie zu erzeugen.
Als die Vereinigten Staaten mit der Ölförderung begannen, war der Erntefaktor mit 100:1 noch sehr hoch. Wenn wir damals so viel Energie aufwendeten, wie in einem Barrel Öl gespeichert sind, konnten wir damit den Gegenwert von 100 Barrel Öl an Energie gewinnen. Dieses Verhältnis ist seitdem dramatisch gesunken. 1920 konnte man durch Einsatz von einem Barrel Öl noch 1.500 neue Barrel Öl finden.