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US-Arbeitsmarkt - Inflation - Demographie

05.06.2016  |  Klaus Singer
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Die QE-Maßnahmen der zurückliegenden Jahre haben zu einem signifikanten Anstieg der Geldmenge geführt, die daraus folgenden niedrigen Zinsen haben schwache Geschäftsmodelle am Leben gehalten, weil sich solche Unternehmen billig refinanzieren konnten. Das bremst Produktivität und Wachstum ebenfalls aus.

So lange kein Staat pleite macht, muss sich das Schuldenkarussel weiter drehen und die Zentralbanken werden alles daransetzen, die Zinsen tief zu halten – Japan macht es vor. Und, ja, es besteht ein massives Interesse, das BIP wird nominal aufgebläht, es stehen mehr Geldmittel für den Schuldendienst zur Verfügung. Alt-Schuldner werden entlastet – das ist Sinn und Zweck der Übung..

Jetzt kommt die Demographie ins Spiel. Die herrschende Meinung geht bisher davon aus, dass eine alternde Bevölkerung per se disinflationär wirkt, weil die Alten schlicht weniger konsumieren als die Jungen. Das würde das Durchhalten niedriger Zinsen begünstigen, die Zentralbanken stünden dann kaum unter Druck, mit steigenden Zinsen einer eventuell überbordenden Inflation entgegenzuwirken.

Neuere Untersuchungen der Bank for International Settlements (BIS), der Zentralbank der Zentrakbanken, zeigen ein differenzierteres Bild. Der Teil der Bevölkerung, der in Rente ist, konsumiert erheblich mehr als er produziert (fast nichts). Und das wirkt inflationär - einer sinkenden Nachfrage steht ein viel stärker sinkendes Angebot gegenüber. Die Situatrion verschärft sich, wenn die Produktivität z.B. Schulden-bedingt nicht oder nur noch wenig steigt. In den nachstehenden Charts misst die „dependency ratio“ das Verhältnis der Zahl der "Abhängigen“ (im Alter zwischen 0 und 14 und 65+) zur Zahl derer im arbeitsfähigen Alter (15 bis 64 Jahre).

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Die Gegenüberstellung von "dependency ratio" und Inflation zeigt zumindest seit den 1970er Jahren durchweg eine recht gute Synchronität, allerdings erkenne ich aktuell kaum signifikante gleichzeitige Aufwärtstendenzen bei beiden Zeitreihen. Mag sein, dass die demographischen Enwicklungen dazu noch nicht weit genug fortgeschritten sind, mag auch sein, dass bisher noch Geldflut und schwache BIP-Entwicklung zusammen dagegen wirken und so bestenfalls marginale Anzeichen einer Wiederbelebung inflationärer Tendenzen "zulassen". Aber die Argumentation, eine alternde Bevölkerung wirke (ceteri paribus) inflationär, hat dennoch aus meiner Sicht einiges für sich.

Dies könnte mittelfristig das Dilemma verstärken, dass die Zentralbanken die Zinsen zur Inflationsbekämpfung straffen müssten, es aber im Interesse der hoch verschuldeten Staaten unterlassen. Inflation unterstützt ja Alt-Schuldner, insofern ist sie zunächst nicht unwillkommen. Laufen die Zentralbanken aber mit ihrer Geldpolitik zu lange hinterher und halten die Zinsen zu lange unangemessen tief (angemessen wäre heute in den USA ein Leitzins von zwei bis drei Prozent - siehe hier!), dann besteht die Gefahr, dass die Inflation ausufert.

Anleihegläubiger erleiden beim aktuell niedrigen Zinsniveau schon bei mäßiger Inflation alsbald reale Verluste. Sie verlangen dann entweder höhere nominale Zinsen oder verkaufen ihre Verlustbringer. Im Ergebnis steigen die mittel- und langfristigen Renditen dann an. Das verteuert den Schuldendienst bei neuen Schulden und erhöht das Pleiterisiko erheblich - ich hatte oben gezeigt, dass bei einer entwickelten Schuldenspirale eine Ausweitung der Verschuldung praktisch zwingend ist. Die Inflation muss dabei gar nicht überschäumen z.B. auf Werte über 10% der frühen 1980er Jahre. Im Kontext der viel zu hohen Verschuldung und der schwachen Wachstumskräfte reichen schon weitaus geringere Preissteigerungsraten.

Die Zentralbanken werden zu immer drastischeren Zins-Manipulationen gezwungen - oder allgemeiner, zu immer unkonventionelleren Maßnahmen der Geldpolitik (siehe auch hier!). Einmal mehr zeigt sind ordnungspolitisch, dass marktfremde Eingriffe immer nur noch weitere nach sich ziehen.

(Unter Verwendung von Material aus "The Absolute Return Letter June 2016")


Ergänzung:

US-Arbeitsmarkt - selbst wenn man die Vorgänge bei Verizon im Mai berücksichtigt und die hier ausmachenden 37.000 Jobs wieder zu den gemeldeten 38.000 neuen Stellen hinzu rechnet, ergibt sich mit lediglich 75.000 ein weit unterdurchschnittlicher Wert an neuen Jobs.


Fazit:

Vom Arbeitsmarkt über Zinspolitik zu Inflation und Demographie: Die Überalterung der Bevölkerung v.a. in den industrialisierten Ländern könnte entgegen der landläufigen Meinung inflationäre Tendenzen stützen. Das mag zunächst willkommen sein in einer Welt überbordender Schulden. Aber es verstärkt die Gefahr, dass die Preisentwicklung unbeherrschbar wird und die längerfristigen Zinsen unter Aufwärtsdruck geraten. Das wiederum erhöht das Pleiterisiko von Staaten und im privaten Sektor und zwänge die Zentralbanken zu immer drastischerer Manipulation der Zinsen.


Erwähnte Charts, weiterführende Verweise und Quellenangaben können hier eingesehen werden.


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de



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