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Gutes, Schlechtes und drohende Gefahren

21.06.2016  |  Axel Merk
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Ich würde jedoch gern einen Schritt weiter gehen. Was geschieht mit all den Anleihen, die die Zentralbanken gekauft haben? Eine wachsende Zahl an Wirtschaftswissenschaftlern und Kommentatoren behauptet, die Anleihenkäufe wären eine gute Sache, weil dadurch faktisch die Staatsschulden reduziert werden. Die Schulden sind von privaten Besitzern an die Zentralbanken übergegangen.

Wir haben tatsächlich bereits Berichte gelesen, in denen erklärt wurde, dass Japan vielleicht schon bald zu den Staaten mit der geringsten Verschuldung im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt zählen wird, weil die Bank of Japan einen immer größeren Teil der japanischen Staatsanleihen besitzt. Wenn das wahr ist, wäre es das beste "free lunch" in der Finanzgeschichte. Ich bezweifle allerdings stark, dass dieses kostenlose Lunch bekömmlich wäre. Lassen Sie mich zwei Argumente anführen:

Erstens sollten die Bilanzen der Zentralbanken und der jeweiligen Regierungen zur Analyse der wirtschaftlichen Auswirkungen unserer Ansicht nach zusammengefasst werden. Wenn die Fed, die Bank of Japan oder andere Notenbanken Staatsanleihen kaufen, ersetzen sie im Prinzip nur langfristige Verbindlichkeiten (Anleihen mit langer Laufzeit) durch kurzfristige Verbindlichkeiten (Barmittel), d. h. sie reduzieren die Laufzeit der Staatsschulden. Während das Finanzministerium der USA in den letzten Jahren also eifrig versucht hat, die niedrigen Zinsen auszunutzen, indem es die durchschnittliche Dauer der amerikanischen Schuldverschreibungen verlängerte, hat die Federal Reserve diese Bemühungen durch ihre umfangreichen Anleihekäufe mehr als zunichte gemacht.

Stellen Sie sich einen Hausbesitzer vor, der seine langfristige Festzinshypothek in eine variabel verzinsliche Hypothek umwandelt. Das kann gutgehen, solange die Zinssätze niedrig sind, aber in einem Desaster enden, wenn sie steigen. Da die Zentralbanken außerdem die Zinsen festlegen, schaffen sie mit ihrem eigenen Vorgehen selbst einen Anreiz, die Zinssätze über längere Zeit hinweg niedrig zu halten. Das könnte jedoch unbeabsichtigte Konsequenzen nach sich ziehen.

Zweitens, und dies hatten wir bereits angedeutet, erhöht eine Zentralbank mit dem Kauf von Anleihen nicht nur ihre Aktiva. Die doppelte Buchführung bedeutet, dass auch auf Seiten der Passiva ein Posten erhöht werden muss. In diesem Fall sind das insbesondere die überschüssigen Reserven der Geschäftsbanken. Die Banken sitzen also auf einem Berg von Barmitteln, die basierend auf den Mindestreserveanforderungen genutzt werden können, um sie bei der Kreditvergabe zu unterstützen. Wenn es in der Wirtschaft eine ausreichende Nachfrage nach Krediten gibt, kann sich die Inflationsrate auf diese Weise unter Umständen deutlich erhöhen lassen. Das ist einer Gründe dafür, warum wir hier in unbekanntes Terrain vorstoßen.

Die Federal Reserve behauptet, Geldpolitik mit Hilfe sogenannter Repo-Geschäfte machen zu können, d. h. indem sie bei Rückkaufvereinbarungen die Position des Kreditnehmers einnimmt und so mittels kurzfristiger Geschäfte am Markt die Liquidität verringert. Sorgen bereitet uns indes nicht der Mechanismus an sich, sondern der potentielle politische Fallout, denn diese Strategie läuft darauf hinaus, dass die Notenbank den Finanzinstitutionen womöglich zwei- bis dreistellige Milliardensummen zahlen würde, um ihnen einen Anreiz zu geben, ihre Reserven nicht zur Kreditvergabe zu nutzen. Wenn die Fed die Zinssätze erhöht, hat das die direkte Folge, dass sie selbst Zinsen auf ihre Verbindlichkeiten zahlen muss, die sie bei den Repos eingegangen ist.

Der nachhaltigere Ansatz wäre es unserer Meinung nach, das QE-Programm tatsächlich zu beenden, d. h. die Anleihen auslaufen zu lassen oder möglicherweise zu verkaufen. Die Notenbank könnte sich auch aus der Lage befreien, indem sie ihr Anleiheportfolio beim Finanzministerium gegen Barmittel oder kurzfristige Anleihen tauscht, denn so könnte sie schneller zur traditionellen Geldpolitik zurückkehren. Der Verkauf von großen Mengen an Staatsanleihen könnte die Preise der Papiere durchaus nach unten drücken und die Rendite erhöhen, d. h. die Kreditkosten für Regierungen, aber auch für Unternehmen und Privatpersonen würden steigen.

Das hätte wiederum zur Folge, dass das Schuldenniveau der Regierung von den Märkten womöglich als weniger tragfähig bewertet wird. Eine solche Entwicklung würde also eine scharfe Umkehr des bisherigen Trends bedeuten, bei dem die Kreditkosten trotz steigender Staatsschulden kontinuierlich gesunken sind.


Wie wird das alles enden?

Wenn die Schulden im Verhältnis zu den Einnahmen zu hoch sind, dann stellen höhere Kreditkosten ein Problem dar. Regierungen haben in diesem Fall verschiedene Optionen, z. B.:

  • die Kürzung der Ausgaben
  • die Erhöhung der Einnahmen
  • die Steigerung des Wirtschaftswachstums, sodass sich die Schulden im Verhältnis zum BIP verringern

Ausgabenkürzungen könnten beispielsweise so aussehen:

  • Verringerung der Sozialleistungen
  • Verringerung der Rüstungsausgaben
  • Schuldenumstrukturierungen oder Insolvenzerklärungen

Verschiedene Länder werden unterschiedliche Ansätze zur Lösung dieser Probleme entwickeln. Manche werden womöglich auf immer kreativere und komplexere Strategien zurückgreifen, um den Anschein der Legitimität zu wahren. In der Praxis werden einige harte Entscheidungen letzten Endes wohl von den Märkten gefällt werden müssen, während die Politiker womöglich zunehmend darauf hoffen, dass sich eine stagnierende Wirtschaft mit Hilfe höherer Ausgaben stimulieren lässt.

Leider muss ich immer wieder daran denken, wie die Große Depression schließlich endete. Durch eine Erhöhung der Staatsausgaben, ja - aber mit diesen Ausgaben wurde ein Krieg finanziert. Ich will damit nicht sagen, dass ein Land zwangsläufig einen Krieg erklären wird, aber bedenken Sie auch, dass höhere Militärausgaben zum Zwecke der Verteidigung in Ländern ohne große parlamentarische Mehrheit unter Umständen leichter zu beschließen sind, als Investitionen in die Infrastruktur. Dazu kommt noch, dass populistische Strömungen und Politiker weltweit an Einfluss gewinnen. Diese bedrohliche Kombination der einzelnen Faktoren lässt mich annehmen, dass sich die Geschichte wiederholen könnte, wenn wir nicht fähig sind, aus ihr zu lernen.

Ich überlasse es dem Leser zu entscheiden, ob die Zentralbanken Teil der Lösung oder Teil des Problem sind. Investoren sollten sich jedoch nicht darauf verlassen, dass sich die Notenbanken und die Regierungen um ihr finanzielles Wohlergehen kümmern werden, denn die haben ihre eigenen Probleme. Und die Interessen und Prioritäten einer verschuldeten Regierung können den Interessen der Anleger durchaus völlig zuwiderlaufen.


© Axel G. Merk
Founder, Portfolio Manager at Merk Investments LLC
www.merkfund.com



Dieser Artikel wurde am 14.06.2016 auf www.merkinvestments.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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