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Warum stagniert der Goldpreis?

20.09.2016  |  Adam Hamilton
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Der GLD ist darauf ausgerichtet, den Goldpreis exakt nachzuvollziehen. Angebot und Nachfrage von GLD-Anteilen sind jedoch vollkommen unabhängig von Angebot und Nachfrage am physischen Goldmarkt, daher besteht immer die Gefahr, dass sich die GLD-Preise vom Goldpreis entfernen. Es gibt nur eine Möglichkeit, dieses inhärente Problem zu lösen: Überschüssige Nachfrage und überschüssiges Angebot an GLD-Anteilen müssen in das zugrunde liegende physische Asset fließen, um den Preisdruck auszugleichen.

Wenn die Aktieninvestoren ihre Investments in GLD-Anteile schneller aufstocken als ihre physischen Goldanlagen, wird sich der Preis des ETFs schon bald nach oben entkoppeln. Daher müssen die Manager des Anlageprodukts einschreiten, um die Übereinstimmung der Kurse aufrechtzuerhalten. Sie geben genügend neue Anteile heraus, um den Nachfrageüberhang durch eine Erhöhung des Angebots zu decken und die Bindung des ETF-Preises an den Goldkurs zu erhalten. Den Erlös aus dem Verkauf neuer Anteile verwenden sie umgehend zum Kauf weiterer Goldbarren.

Der GLD funktioniert wie eine direkte Leitung zwischen den riesigen Kapitalmengen an den Aktienmärkten und dem globalen physischen Goldmarkt. Wenn die Goldbestände des GLD also Tag für Tag wachsen, zeigt sich darin der Zufluss von Aktienmarktkapital in Gold. Im Februar explodierte die Nachfrage großer amerikanischer Aktieninvestoren - überwiegend Hedgefonds - nach GLD-Anteilen förmlich, während die Aktienkurse an den allgemeinen Märkten weiter einbrachen.

Beachten Sie die zeitliche Abfolge dieser Entwicklungen: Im Januar stiegen die physischen Goldbestände des GLD um 4,2% bzw. 26,9 Tonnen, doch im Februar schossen sie ganze 16,1% in die Höhe, als der ETF gigantische 108,0 Tonnen des Edelmetalls zukaufte. Daraus können wir mit Blick auf die aktuelle Situation entscheidende Schlüsse ziehen. Der heftige Abverkauf des S&P 500 am letzten Freitag war nur der Beginn eines Einbruchs an den Aktienmärkten. Der Verkaufsdruck muss zunächst über längere Zeit anhalten und zum Trend werden, bevor die Investoren ihre Zuversicht verlieren und erneut an den Goldmarkt strömen.

Bislang haben wir nur zwei Tage mit bedeutenden Verlusten beim S&P 500 beobachtet: -2,5% am vergangenen Freitag und -1,5% am Dienstag. Verglichen mit der extrem geringen Volatilität der letzten Monate sind das deutliche Rücksetzer, doch diese Verkäufe reichen nicht aus, um die Aktieninvestoren davon zu überzeugen, dass der Trend sich gewendet hat und die Hausse vorüber ist. Es werden vermutlich einige Wochen der sinkenden Kurse nötig sein, um die Anleger soweit zu verunsichern, dass sie wieder beginnen ihr Portfolio zu diversifizieren und Gold zu kaufen.

In den ersten zehn Handelstagen dieses Jahres verzeichnete der S&P 500 an nicht weniger als sechs Tagen signifikante Verluste. An diesen Tagen schloss der Aktienindex 1,5%, 1,3%, 2,4%, 1,1%, 2,5% bzw. 2,2% im Minus. Die Goldinvestitionen nahmen jedoch erst dramatisch zu, als die Investoren aufgrund des anhaltenden Kursrückgangs wirklich besorgt waren. Erst dann entstand der Nachfrageüberhang nach GLD-Anteilen, der zur Aufstockung der physischen Edelmetallbestände des ETFs führte, welche wiederum den Goldpreis weiter nach oben trieben.

Die wenigen Tagen, an denen die Aktienmärkte im September im Minus schlossen, reichten also vermutlich noch nicht aus, um die Stimmung unter den Anlegern zu kippen und dem zufriedenen Optimismus dieses Sommers ein Ende zu bereiten. Sollten die Börsenkurse jedoch im Schnitt weiter fallen - und nach den mit Unterstützung der Fed erreichten Allzeithochs wäre das definitiv zu erwarten - werden die Goldkäufe zu Investitionszwecken früher oder später unweigerlich wieder zunehmen. Haben Sie Geduld.

Die Bedeutung der GLD-Käufe durch die US-amerikanischen Fonds für die aktuelle Goldhausse kann nicht übertrieben werden - sie ist immens. Angetrieben von einer Zunahme der GLD-Goldbestände um 27,5% bzw. 176,9 Tonnen schoss der Kurs des Edelmetalls im Märzquartal dieses Jahres 16,1% in die Höhe.

Die besten Daten zu Nachfrage und Angebot am Goldmarkt stammen vom World Gold Council, der vierteljährlich seinen unentbehrlichen Bericht "Gold Demand Trends" veröffentlicht. Im Mai erschien die Studie für das erste Quartal 2016. Darin meldete der WGC einen Anstieg der globalen Goldnachfrage um 20,5% bzw. 219,4 Tonnen im Vergleich zum Vorjahr. Erstaunliche 80,6% dieses weltweiten Nachfragezuwachses sind folglich auf die Erhöhung der GLD-Bestände um 176,9 Tonnen zurückzuführen! Die Nachfrage nach traditionellen Münzen und Barren stieg gegenüber dem Vorjahr dagegen nur um 1,7 Tonnen an. Der wichtigste Faktor war im ersten Quartal 2016 mit Abstand der Kauf großer Mengen an Goldbullion durch den GLD.

Die neue Hausse existiert allein deshalb, weil sich die großen Investoren an den US-Aktienmärkten entschlossen haben, über den GLD wieder an den Goldmarkt zu strömen, nachdem sie die sinnvolle Diversifizierung ihrer Portfolios jahrelang vernachlässigt hatten. Der starke Anstieg des Goldpreises zu Beginn des Jahres wurde nicht von den Münz- und Barrenkäufen der Privatanleger ausgelöst, sondern von den großen Investoren, die ETF-Anteile erwarben. Dieser Trend hat sich im zweiten Quartal dieses Jahres sogar noch verstärkt.

Im August publizierte der World Gold Council seinen Bericht über das Juniquartal, aus dem hervorging, dass die globale Goldnachfrage um weitere 15,4% bzw. 139,8 Tonnen gegenüber dem Vorjahr gewachsen ist. Die Erhöhung der Goldbestände des GLD von 130,8 Tonnen hatte diesmal den überwältigenden Anteil von 93,6% am Zuwachs der Gesamtnachfrage. Die Münz- und Barrennachfrage stagnierte dagegen und erhöhte sich in den drei Monaten nur um vernachlässigbare 2,5 Tonnen. Der gesamte bisherige Aufschwung ist hauptsächlich auf die GLD-Käufe zurückzuführen.

Es ist wahrscheinlich, dass dieser vom GLD dominierte Nachfragetrend nicht andauern wird. Während sich der Bullenmarkt fortsetzt und der Goldkurs weiter klettert, wird die traditionelle Nachfrage nach Goldschmuck in Asien und nach Goldmünzen und -barren im Westen wieder zunehmen. Die vom GLD angeführten ETFs werden den Staffelstab der Goldkäufe an andere Investoren weiterreichen. Doch bislang ruht die gesamte Goldhausse auf dem Rücken der ETFs. Und genau aus diesem Grund stagniert sie derzeit.

Im dritten Quartal 2016, welches sich nun bereits dem Ende zuneigt, hat sich der Nachfrageüberhang nach GLD-Anteilen im Vergleich zu physischem Gold völlig in Luft aufgelöst. Tatsächlich haben die physischen Bestände des ETFs in Q3 (unter Berücksichtigung der Daten bis zum Mittwoch) sogar um 1,5% bzw. 14,6 Tonnen abgenommen. Diese moderaten Abflüsse bzw. das Fehlen weiterer umfangreicher Zukäufe durch den GLD ist der Grund für die bisherige Stagnation des Goldpreises in diesem Quartal. Ohne die Goldkäufe der großen amerikanischen Investoren hat die Goldhausse ihren Auftrieb gänzlich eingebüßt.


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