Der Wahn hat Methode
03.10.2016 | Klaus Singer
Rally an den Aktienbörsen weltweit - anscheinend kommt das globale Wachstum jetzt erst so richtig in Schwung. Die jüngsten US-Makrodaten passen da zwar nicht so recht ins Bild, aber die sind ja auch gewöhnlich "nachlaufend". Gut, die Erhebungen für Vertrauen und Sentiment der US-Verbraucher zeigen nach oben. Aber reicht das als Grund für die Fortdauer des seit mehr als sechs Jahren laufenden Bull-Marktes?
Verantwortlich für den jüngsten Schub sind die Verkündungen der japanischen und der amerikanischen Notenbank. Es vergingen zwar ein paar Tage, bis sie ihre Wirkung zu entfalten begannen - Schuld war die Deutsche Bank. Der größten deutschen Bank werden engste Verflechtungen mit der internationalen Großbanken-Landschaft bescheinigt, nicht zuletzt wegen ihrer starken Ausrichtung in Richtung Derivatemarkt. Ihr droht eine Strafe von US-Behörden wegen Verfehlungen in der US-Immobilienkrise.
Die aufgerufenen 14 Mrd. Dollar würden ihr Kapital gefährlich aushöhlen. Nach einer bisher unbestätigten Meldung könnte man sich aber auf einen halb so hohen Betrag einigen. Vielleicht...
Jahrelang wurde von den großen Zentralbanken in gigantischem Umfang Geld gedruckt - angeblich das einzige Mittel gegen schwaches Wirtschaftswachstum. Und weil es bisher so wenig gebracht hat, geht man den Weg weiter. Die Bank of Japan war bisher schon vorne dran was ihre Geldflut im Verhältnis zum BIP angeht. Vor kurzem hat man sich etwas Neues einfallen lassen.
Statt sich fest an rund 65 Mrd. Dollar monatlich für QE-Maßnahmen zu klammern, will man dort jetzt die Zinsstruktur beeinflussen. Die Rendite der zehnjährigen Staatsanleihen soll auf dem aktuellen Niveau von rund null Prozent festgezurrt werden. Die Rendite für Laufzeiten von drei Monaten liegt aktuell bei rund minus 0,3%. Das hört sich irgendwie an nach "der Berg gebiert eine Maus". Aber dahinter steckt der Plan einer noch umfassenderen Kontrolle des Bond-Marktes. Die traditionelle QE-Politk hatte die Senkung der langfristigen Zinsen zum Ziel, mit der aktuellen Wendung möchte man die Renditen auch im kurzfristigen Bereich direkt beeinflussen.
BoJ-Chef Kuroda hat damit auch die japanische Finanzindustrie erhört. Sie hatte sich deutlich gegen noch negativere Zinsen ausgesprochen. Scharfe Reduktionen langfristiger Renditen würde ihre Gewinne ausquetschen. Zudem würde die öffentliche Stimmung negativ beeinflusst, Haushalte könnten noch mehr sparen. Die Regierung hingegen vertritt die Meinung, dass Minus-Zinsen einen "großen Effekt" hätten, weil sie Unternehmen ermutige, Kredite aufzunehmen und die Hypotheken-Zinsen absenke.
Und noch etwas hat sich die BoJ ausgedacht: Sie möchte ihre Aktienkäufe in Form von börsengehandelten ETFs künftig stärker in Richtung des marktbreiten Topix ausrichten, bisher hatte man sich auf den Nikkei 225 konzentriert. Das war noch nicht alles: Jetzt will die Institution auch zulassen, dass ihr Inflationsziel von 2% überschritten wird. Das ist wahrhaft ehrgeizig, die Jahresrate der Verbraucherpreisinflation lag im August bei -0,5%.
Was das Hypoteken-Thema angeht, so passt dazu eine kürzlich erschienen Studie der Fed. Unter dem Titel "Vulnerable Growth" analysieren die Verfasser die Verteilung des BIP-Wachstums als Funktion wirtschaftlicher und finanzieller Bedingungen. Widrige finanzielle Bedingungen beeinflussen vor allem die unteren Quantile der Verteilung des BIP-Wachstums, während die oberen Quantile zeitlich relativ stabil sind. Wirtschaftliche Bedingungen beeinflussen hingegen vor allem den Median der Verteilung. Zudem ist die Verteilung asysmmetrisch, die Abwärtsrisiken variieren über die Zeit viel stärker als die Aufwärtschancen (siehe Chart!).
Mit anderen Worten: Finanzkrisen haben einen besonders starken Einfluss auf schwaches BIP-Wachstum. Wenn man jetzt noch einbezieht, dass die Ausrichtung der Finanzindustrie auf Hypotheken-besicherte Kredite insbesondere seit der Jahrtausendwende stark zugenommen hat, gewinnt man eine Vorstellung davon, welche Risiken hier aufgetürmt werden. Einerseits drohen, wie andere Studien zeigen, bei hierdurch ausgelösten Finanzkrisen besonders schwere Verferfungen, andererseits ist die hierdurch besonders geförderte Bauindustrie mit ihrer relativ geringen Produktivität nicht gerade eine gute Bedingung für ordentliches Wachstum. (K)ein Wunder, dass die japanische Regierung diesen Wirtschaftszweig besonders gefördert sehen will.
Fed-Chefin Yellen scheint zur BoJ eine diametral entgegengesetzte Richtung zu vertreten. Permanent wird von möglichen weiteren Zinsschritt(chen) geredet, geschehen ist seit Dezember 2015 nichts. Jetzt soll es angeblich im Dezember (2016) wieder so weit sein. Das kann man glauben oder besser lassen. Die US-Präsidentschaftswahl ist dann gerade gelaufen und es ist unwahrscheinlich, dass sich die Fed dem Vorwurf aussetzen will, sich in dieser Phase politisch zu stark einzumischen.
Das wird auch gestützt dadurch, dass die Fed das Zinsziel bei ihrer jüngsten FOMC-Sitzung per Ende 2017 von zuvor 1,625% auf jetzt 1,125% erniedrigt hat. Der Bondmarkt hat rasch reagiert, die Rendite für zehnjährige Staatsanleihen ist deutlich abgesackt. Zudem geht es bei all diesen hochgespielten "Zinssorgen" leicht unter, dass die Bilanzsumme der Fed seit Oktober 2014 kaum verändert bei rund 4,5 Bill. Dollar liegt. Die Fed kauft nämlich weiterhin Anleihen, indem sie fällig werdende in ihrem Portfolio mittels Nachkäufen ersetzt. Das summiert sich monatlich auf etwa 35 Mrd. Dollar.
Verantwortlich für den jüngsten Schub sind die Verkündungen der japanischen und der amerikanischen Notenbank. Es vergingen zwar ein paar Tage, bis sie ihre Wirkung zu entfalten begannen - Schuld war die Deutsche Bank. Der größten deutschen Bank werden engste Verflechtungen mit der internationalen Großbanken-Landschaft bescheinigt, nicht zuletzt wegen ihrer starken Ausrichtung in Richtung Derivatemarkt. Ihr droht eine Strafe von US-Behörden wegen Verfehlungen in der US-Immobilienkrise.
Die aufgerufenen 14 Mrd. Dollar würden ihr Kapital gefährlich aushöhlen. Nach einer bisher unbestätigten Meldung könnte man sich aber auf einen halb so hohen Betrag einigen. Vielleicht...
Jahrelang wurde von den großen Zentralbanken in gigantischem Umfang Geld gedruckt - angeblich das einzige Mittel gegen schwaches Wirtschaftswachstum. Und weil es bisher so wenig gebracht hat, geht man den Weg weiter. Die Bank of Japan war bisher schon vorne dran was ihre Geldflut im Verhältnis zum BIP angeht. Vor kurzem hat man sich etwas Neues einfallen lassen.
Statt sich fest an rund 65 Mrd. Dollar monatlich für QE-Maßnahmen zu klammern, will man dort jetzt die Zinsstruktur beeinflussen. Die Rendite der zehnjährigen Staatsanleihen soll auf dem aktuellen Niveau von rund null Prozent festgezurrt werden. Die Rendite für Laufzeiten von drei Monaten liegt aktuell bei rund minus 0,3%. Das hört sich irgendwie an nach "der Berg gebiert eine Maus". Aber dahinter steckt der Plan einer noch umfassenderen Kontrolle des Bond-Marktes. Die traditionelle QE-Politk hatte die Senkung der langfristigen Zinsen zum Ziel, mit der aktuellen Wendung möchte man die Renditen auch im kurzfristigen Bereich direkt beeinflussen.
BoJ-Chef Kuroda hat damit auch die japanische Finanzindustrie erhört. Sie hatte sich deutlich gegen noch negativere Zinsen ausgesprochen. Scharfe Reduktionen langfristiger Renditen würde ihre Gewinne ausquetschen. Zudem würde die öffentliche Stimmung negativ beeinflusst, Haushalte könnten noch mehr sparen. Die Regierung hingegen vertritt die Meinung, dass Minus-Zinsen einen "großen Effekt" hätten, weil sie Unternehmen ermutige, Kredite aufzunehmen und die Hypotheken-Zinsen absenke.
Und noch etwas hat sich die BoJ ausgedacht: Sie möchte ihre Aktienkäufe in Form von börsengehandelten ETFs künftig stärker in Richtung des marktbreiten Topix ausrichten, bisher hatte man sich auf den Nikkei 225 konzentriert. Das war noch nicht alles: Jetzt will die Institution auch zulassen, dass ihr Inflationsziel von 2% überschritten wird. Das ist wahrhaft ehrgeizig, die Jahresrate der Verbraucherpreisinflation lag im August bei -0,5%.
Was das Hypoteken-Thema angeht, so passt dazu eine kürzlich erschienen Studie der Fed. Unter dem Titel "Vulnerable Growth" analysieren die Verfasser die Verteilung des BIP-Wachstums als Funktion wirtschaftlicher und finanzieller Bedingungen. Widrige finanzielle Bedingungen beeinflussen vor allem die unteren Quantile der Verteilung des BIP-Wachstums, während die oberen Quantile zeitlich relativ stabil sind. Wirtschaftliche Bedingungen beeinflussen hingegen vor allem den Median der Verteilung. Zudem ist die Verteilung asysmmetrisch, die Abwärtsrisiken variieren über die Zeit viel stärker als die Aufwärtschancen (siehe Chart!).
Mit anderen Worten: Finanzkrisen haben einen besonders starken Einfluss auf schwaches BIP-Wachstum. Wenn man jetzt noch einbezieht, dass die Ausrichtung der Finanzindustrie auf Hypotheken-besicherte Kredite insbesondere seit der Jahrtausendwende stark zugenommen hat, gewinnt man eine Vorstellung davon, welche Risiken hier aufgetürmt werden. Einerseits drohen, wie andere Studien zeigen, bei hierdurch ausgelösten Finanzkrisen besonders schwere Verferfungen, andererseits ist die hierdurch besonders geförderte Bauindustrie mit ihrer relativ geringen Produktivität nicht gerade eine gute Bedingung für ordentliches Wachstum. (K)ein Wunder, dass die japanische Regierung diesen Wirtschaftszweig besonders gefördert sehen will.
Fed-Chefin Yellen scheint zur BoJ eine diametral entgegengesetzte Richtung zu vertreten. Permanent wird von möglichen weiteren Zinsschritt(chen) geredet, geschehen ist seit Dezember 2015 nichts. Jetzt soll es angeblich im Dezember (2016) wieder so weit sein. Das kann man glauben oder besser lassen. Die US-Präsidentschaftswahl ist dann gerade gelaufen und es ist unwahrscheinlich, dass sich die Fed dem Vorwurf aussetzen will, sich in dieser Phase politisch zu stark einzumischen.
Das wird auch gestützt dadurch, dass die Fed das Zinsziel bei ihrer jüngsten FOMC-Sitzung per Ende 2017 von zuvor 1,625% auf jetzt 1,125% erniedrigt hat. Der Bondmarkt hat rasch reagiert, die Rendite für zehnjährige Staatsanleihen ist deutlich abgesackt. Zudem geht es bei all diesen hochgespielten "Zinssorgen" leicht unter, dass die Bilanzsumme der Fed seit Oktober 2014 kaum verändert bei rund 4,5 Bill. Dollar liegt. Die Fed kauft nämlich weiterhin Anleihen, indem sie fällig werdende in ihrem Portfolio mittels Nachkäufen ersetzt. Das summiert sich monatlich auf etwa 35 Mrd. Dollar.