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Der Wahn hat Methode

03.10.2016  |  Klaus Singer
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Als gutes Maß für Stress im US-Bond-Markt gilt der Spread zwischen Hi-Yield-Anleihen und zehnjährigen TNotes (siehe Chart!). Im Zeitablauf ist deutlich zu sehen, wie dieser Anfang Februar ein Hoch bei 8,6% erreichte und danach sukzessive (synchron zu Kursaufschlägen beim S&P 500) auf das Niveau von 5% absackte - ein Pegel, den ich als Grenze zum Entspannungsbereich sehe.

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Larry Summers, Sie wissen schon, der mit der "säkularen Stagnation“, heißt die jüngsten Beschlüsse der BoJ willkommen. Das Ziel einer bestimmten Zinsstruktur und ein Inflationsziel jenseits der magischen 2% würde das Land dem Ziel seiner langjährigen Schlacht für Preissteigerungen näher bringen und gleichzeitig die Zinsen tief genug halten, um das Wirtschaftswachstum anzuregen, sagte er. Einen solchen Schritt sollten auch andere Zentralbanken in Erwägung ziehen.

Seiner Meinung nach sei der natürliche reale kurzfristige Zins, bei dem Vollbeschäftigung herrsche, in den entwickelten Ländern so tief gefallen, dass die konventionelle Geldpolitik Vollbeschäftigung nicht mehr herbeiführen könne. Ursachen seien in langsamerem Bevölkerungswachstum, höheren Sparquoten und technologischen Effizienzgewinnen zu suchen. Da müssten Staatsausgaben einspringen, die die Inflationserwartungen anheben, gleichzeitig müssten die Zentralbanken durch niedrige Zinsen dafür sorgen, dass sich die Staaten günstig verschulden könnten.

Summers gestand jedoch auch zu, dass es für die Zentralbanken schwer werden könnte, die Zinsen noch weiter in den negativen Bereich zu drücken, weil die Verbraucher dagegen revoltieren und dann Cash horten würden. Ein Hinweis auf die nächste Option, die Einschränkung bis Abschaffung von Bargeld. Eine weitere Option der BoJ besteht nach Summers darin, Bonds in ausländischer Währung zu kaufen. Da wäre allerdings jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, weil dann sofort der Vorwurf der “beggar thy neighbor”-Politik aufkäme. Aber man sollte diesen Pfeil zumindest im Köcher behalten.

Da Japan seit jeher "leuchtendes" Vorbild hinsichtlich der Bekämpfung lang anhaltender Stagnation ist, dürfen wir davon ausgehen, dass auch die EZB und die Fed früher oder später auf den Weg der Kontrolle der Zinsstruktur einschwenken werden. Die gedanklichen Verwerfungen sogenannter Star-Ökonomen liefern dabei die "wissenschaftliche" Begründung. Diese sind dermaßen fokussiert auf die Finanzseite der Wirtschaft, dass sie die Realität längst aus dem Auge verloren haben.

Und die geht meiner Meinung nach so: Mit immer weiterem Vorstoß in Richtung Minuszinsen haben Sparer immer größere Zinslasten zu tragen (nominal und real). Sie haben somit weniger Geld für den Konsum zur Verfügung als früher. Hinzu kommt, dass sich immer mehr (ältere) Verbraucher wegen der eingetrübten Zukunftsperspektiven bei neuen Krediten eher bedeckt halten.

Auch das drückt das Wirtschaftswachstum. Damit gerät die private Wirtschaft in immer größere Abhängigkeit von der Politik, resp. der Staatsausgaben. Dies wird die Investitionsbereitschaft der Unternehmen nicht unbedingt fördern. Da der Staatsapparat zudem dafür bekannt ist, wirtschaftlich suboptimale Entscheidungen zu treffen, wird die Investitionstätigkeit insgesamt auch hierdurch in eher unproduktivere Richtungen gelenkt.

All das führt geradewegs nicht aus dem Wachstumsdilemma hinaus, sondern verstärkt es noch. Es mag sein, dass die neuen Kniffe der BoJ zunächst eine gewisse Wirkung in die beabsichtigte Richtung entfalten. Wenn dann aber andere Zentralbanken folgen, nivelliert sich der Effekt schneller als gedacht und am Ende bleibt doch wieder nur, mit immer neuen Maßnahmen zu versuchen, die eigene Währung zu entwerten.

Auch wenn die immer weiter gehende Manipulation der Zentralbanken langfristig ins planwirtschaftliche Jenseits führt - die Aktienkurse dürfte das zunächst wenig tangieren. Immer niedrigere Zinsen treiben immer mehr Anleger aus Anleihen heraus in andere Assets, z.B. in Aktien, hinein. Der S&P 500 (siehe Chart!) hat es mit Rückenwind seitens der BoJ und der Fed in seine alte Handelsspanne zwischen 2159 und 2191 zurück geschafft. Nun steht der Index vor der Aufgabe, die Obergrenze aufzuhebeln. Ob das problemlos gelingt im Kontext der US-Präsidentschaftswahl?

Rückendeckung gibt es von der Volumenverteilung an der NYSE, sie ist jetzt wieder in Akkumulation gekippt, ein Zeichen, dass Käufe überwiegen. Auch die Advance/Decline-Linie gibt ein bullisches Signal. Die Positionierung in Aktien nach Put/Call-Verhältnis bewegt sich jedoch noch im neutralen Mittelfeld, wenn sie auf die bullische Seite wechselt, dürften weitere Kursgewinne wahrscheinlich sein.


Fazit:

Die jüngsten Entscheidungen der BoJ und der Fed haben letztlich erreicht, was sie sollten - Aktien laufen rund um den Globus zu Stärke auf. Dabei sind die Maßnahmen längerfristig dazu geeignet, genau das Gegenteil von dem zu bewirken, was sie angeblich sollen. Sie konterkartieren das Wachstum, statt es zu unterstützen. Aber der Wahn hat Methode - Anleger werden über sinkende Renditen in Aktien und andere Assets getrieben.

Erwähnte Charts, weiterführende Verweise und Quellenangaben können hier eingesehen werden.


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de



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