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Hat Gold fertig?

10.10.2016  |  Klaus Singer
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Nach wie vor glaube ich, dass die stärkste Unterstützung für Gold in seiner Eigenschaft als Krisensicherung liegt. Dabei kann es durchaus sein, dass der Goldpreis eine zeitlang vor Ausbruch einer Krise sinkt. Das war z.B. seit April 2008 der Fall, als Gold und Aktienindex zusammen sanken. Der Bankrott von Lehman Bros war Mitte September. Zunächst fielen beide Basiswerte noch weiter. Gold fand allerdings alsbald danach einen Boden, der S&P 500 stabilisierte sich erst rund vier Monate später.

Auch wenn sich dieses Schema nicht eins zu eins auf heute übertragen lässt, zeitweilige Schwäche beim Goldpreis gehört dazu. Und die wirtschaftlichen Perspektiven haben sich keineswegs so verbessert, dass eine Krise in weite Ferne rückt. Im Gegenteil - Blasen werden an allen Ecken und Enden gezüchtet.

So auch bei Aktien. Deren Bewertung ist gemessen am "Buffet-Indikator“, dem Verhältnis der Marktkapitalisierung aller Aktien zum BIP, extrem angestiegen. Auch wenn er noch unter dem Peak der Dotcom-Blase liegt, so gibt es zumindest seit den früheren 1950er Jahren keine vergleichsweise hohe Bewertung. Ähnliches gilt für das Verhältnis von Marktkapitalisierung und Unternehmensgewinnen. Auch hier ist das Niveau der Dotcom-Blase nicht erreicht, aber der Wert steht nicht weit unter dem oberen Rand seines historischen Bereichs zwischen 4 und 16. Dem Niveau von 16 folgte 1987 der Oktober-Crash.

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Die Unternehmensgewinne sind eine zeitlang schneller gestiegen als das BIP, weil das Wachstum der Löhne und Gehälter stagnierte. Der Chart zeigt, dass das Verhältnis zwischen Löhnen/Gehältern und Nettowertschöpfung vom Dotcom-Peak bei 77% aus in 2015 auf ein Tief von 67% gesunken ist. Im selben Zeitraum ist das Verhältnis von Unternehmensgewinnen zu Nettowertschöpfung von rund 5% auf rund 14% in 2015 gestiegen.

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Seit 2015 steigen Löhne und Gehälter allerdings an, weil der Arbeitsmarkt allmählich angespannter wird. Gleichzeitig sinken die Unternehmensgewinne als Anteil der Nettowertschöpfung. Üblicherweise steigen die Gewinne nach einer Rezession an, die Arbeitskosten sinken. Wenn sich dann der Arbeitsmarkt seiner Kapazitätsgrenze nähert, sinken die Profite. Dann ist die Zinspolitik gefordert, um die Inflation zu dämpfen - üblicherweise.

Geht die 2015 eingeleitete Entwicklung weiter, dürften die Arbeitskosten innerhalb der nächsten 12 bis 18 Monate auf 72% der Nettowertschöpfung kommen - ein Wert, bei dem in der Vergangenheit immer Phasen steigender Zinsen eingeleitet wurden, weil dann das Aufkommen stärkerer lohninduzierter Preissteigerungen vermutet wurde. Wenn sich dann der 2015-er Peak im Verhältnis von Profiten zu Nettowertschöpfung als signifikantes lokales Maximum bestätigt, ist das ein Signal, das die Aktienparty vorbei ist und man sich ins Lager der langfristigen Aktienbären schlagen sollte (h/t Colin Twiggs, Incrediblecharts - auch die zwei letzten Charts).

Die jüngsten Arbeitsmarktdaten für September brachten einen Zuwachs an neuen Stellen unterhalb der Erwartungen. Der Jahreszuwachs von 1,7% liegt deutlich unter der zuletzt im Februar 2015 erreichten Spitze von nahezu 2,3%. Unwahrscheinlich, dass das Jobwachstum vor Beginn der nächsten Rezession wieder auf einen solchen Wert ansteigt, es dürfte im Gegenteil zu weiter anhaltender Verlangsamung kommen.

Der jährliche Zuwachs der durchschnittlichen Löhne und Gehälter im privaten Sektor lag im Februar 2015 bei 1,6%. Danach stieg er recht schnell auf 2,6% im Dezember 2015, seither bewegt er sich zwischen 2,3% und diesem Niveau. Die Lohnkosten sind damit gegenüber September 2015 um gut 4,5% gestiegen, im Dezember 2015 lag die Steigerung bei 5,0%. Die Spitze vor der Finanzkrise lag im April 2006 bei 7,5%, vor Platzen der Docom-Blase lag das Topp im Mai 1998 bei 10,8%.

Die jetzt anlaufende Saison der Q3-Quartalsberichte wird auch als Prüfstein dafür dienen, wie sehr sich die steigenden Lohnkosten auf die Gewinnentwicklung niederschlagen. Gegenwärtig wird erwartet, dass das Tief der Gewinnentwicklung erreicht ist und im Jahresvergleich ein Zuwachs von unter einem Prozent erreicht wird. Dabei stehen insbesondere die Energieunternehmen im Fokus, die in den zurückliegenden Quartalen die Entwicklung besonders belastet haben.

Die Frage ist, ob diese Erwartungen sich erfüllen und eine schnelle Verbesserung bei der Gewinnentwicklung einsetzt, die das erreichte hohe Bewertungsniveau rechtfertigt. Wenn nicht, ist die Aktienblase in Gefahr. Wann auch immer sie dann platzt, der Goldpreis sollte (mit zeitlicher Verschiebung) davon profitieren.


Zusammenfassung:

Der Goldpreis ist zuletzt eingebrochen, der Boden ist wahrscheinlich noch nicht erreicht. Häufig wird die Zinsentwicklung als wichtiger Beweggrund für die Goldpreis-Entwicklung gesehen. Das trifft auf die Zeit seit Herbst 2011 nicht zu. Der Goldpreis bezieht seine wesentliche Phantasie aus dem Krisenaspekt, bzw. das Platzen relevanter Preisblasen an den Finanzmärkten. Die Aktienmärkte entwickeln eine solche, gleichzeitig kommt der Arbeitsmarkt an seine Kapazitätsgrenze, was die Gewinnentwicklung behindert und die Aktienbewertungen steigen lässt. Auf die Entwicklung dieser Blase muss man achten. Die anlaufende Quartalssaison ist hierfür von besonderer Bedeutung.

Erwähnte Charts, weiterführende Verweise und Quellenangaben können hier eingesehen werden.


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de



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