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Gold: Wichtigste Faktoren geben das Startsignal

25.10.2016  |  Adam Hamilton
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Um zu verstehen, wie bullisch die Entwicklungen am Goldterminmarkt in der letzten Woche waren, ist ein wenig Kontext nötig. Anfang Juli dieses Jahres umfassten die Long-Positionen der Spekulanten noch erstaunliche 440.400 Kontrakte. Da jeder Kontrakt 100 Unzen kontrolliert, entsprach das insgesamt 1.369,7 Tonnen Gold und damit fast einem Drittel der weltweiten Gesamtnachfrage nach dem gelben Metall im Jahr 2015! Angesichts der extremen Hebelwirkung - und der extremen Risiken - war das ein verrückt hoher Wert.

Die COT-Datenreihe zum Goldterminmarkt reicht bin ins Jahr 1999 zurück. Anfang Juli 2016 erreichten die Long-Positionen der Spekulanten den mit Abstand höchsten Wert seit dem Beginn der Datenerfassung und es handelte sich dabei höchstwahrscheinlich auch um einen absoluten Rekord. Die Trader verstrickten sich in der starken Rally, die Gold nach dem Brexit-Referendum hinlegte, die aber der normalen saisonalen Schwäche des Goldpreises zu dieser Jahreszeit zuwiderlief. Die kollektiven Long-Positionen erhöhten sich auf Rekordstände, da die Marktteilnehmer weitere Kursgewinne erwarteten.

Die Futures-Spekulanten machen als Gruppe den gleichen gefährlichen Fehler wie auch die meisten anderen Trader: Sie gehen davon aus, dass bestehende, fortgeschrittene Trends sich auch in Zukunft auf unbestimmte Zeit fortsetzen werden. Die Spitzenwerte bei den Long-Positionen zeigen, dass die Trader immer dann am optimistischsten sind, wenn der Goldkurs nach einer langen Rally gerade ein bedeutendes Zwischenhoch erreicht. Wenn die Gier am Markt deutlich zu spüren ist und alle anderen bullisch sind, ist ein Top wahrscheinlich nicht mehr fern. Das ist dann exakt der falsche Zeitpunkt, um große Long-Positionen zu halten.

Wenn sich der Goldkurs also entgegen der extrem stark gehebelten Wetten an den Terminmärkten entwickelt, sind die Trader gezwungen rasch zu verkaufen, um den vollständigen Verlust ihres Kapitals zu vermeiden. Die maximale Hebelwirkung liegt bei Gold-Futures üblicherweise zwischen 20 und 25, da die Höhe der erforderlichen Sicherheitsleistung von den Börsen periodisch angepasst wird. Bei einer Leverage von 20 oder 25 führt bereits ein Rückgang des Goldkurses um 1% zu beängstigenden Verlusten von 20% oder 25%. Fällt der Kurs um 2%, verlieren die Trader bereits 40% bzw. 50% ihres Kapitals!

Wenn die Spekulanten also übermäßig hohe Long-Positionen halten und der Goldpreis sich zu ihren Ungunsten entwickelt, bleibt ihnen keinen andere Wahl - sie müssen schnell aussteigen. Die Verkäufe entfalten dann rasch eine lawinenartige Wirkung und verschärfen den Sell-off am Terminmarkt. Je mehr Long-Kontrakte die Spekulanten abstoßen, um ihr Kapital in Sicherheit zu bringen, desto schneller fällt der Goldpreis. Das löst wiederum weitere Verkäufe durch andere Trader aus und verstärkt die Abwärtsbewegung - ein regelrechter Teufelskreis.

Die enormen, kurzfristigen Risiken, die die Rekordpositionen der Spekulanten am Goldterminmarkt bargen, waren bereits Anfang Juli eindeutig erkennbar. In meinem ersten Essay nach dem Anstieg des Goldkurses auf den bislang höchsten Stand der aktuellen Hausse bei 1.365 $ warnte ich ausführlich vor dem rekordverdächtigen Verkaufs-Überhang am Goldmarkt. So lange die Trader derart umfangreiche Long-Positionen halten, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass selbst ein kleinerer Abverkauf zu einer regelrechten Lawine wird, weil die Trader panisch zu den Ausgängen rennen.

Diese Extreme an den Futuresmärkten sind meist nur von kurzer Dauer. Üblicherweise bestehen sie nicht länger als ein oder zwei Wochen, bevor die Verkäufe einsetzen, die zum Abbau der überhöhten Positionen notwendig sind. Erstaunlicherweise waren die Spekulanten in diesem Jahr allerdings so bullisch, dass sie zahlreiche Warnzeichen, einschließlich der steigenden Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung durch die US-Notenbank, ignorierten und ihre extrem hohen Long-Positionen noch unglaubliche zwölf Wochen lang hielten. In zehn dieser zwölf Wochen lag die Zahl der Long-Kontrakte bei über 400.000.

Aus diesem Grund konsolidierte der Goldkurs nach dem zwischenzeitlichen Hoch Anfang Juli auf hohem Niveau, statt zu korrigieren, wie das normalerweise nach einer bedeutenden Aufwärtsbewegung während einer Hausse der Fall ist. Da die Spekulanten ihre Long-Positionen nicht en masse liquidierten, gab es am Goldmarkt keinen substantiellen Verkaufsdruck. Trotz der saisonalen Schwäche des Goldsektors im Sommer und trotz der sich verfestigenden Erwartungen einer strafferen Geldpolitik in den USA, ließen die Spekulanten ihre Long-Positionen ein ganzes Quartal lang in der Nähe des Rekordniveaus, sodass dieser Zustand schon langsam einen beständigen, nachhaltigen Eindruck machte.

In unserem Newslettern hatte ich wochenlang vor dem Überhang an den Terminmärkten und der Gefahr eines Abverkaufs gewarnt, doch nachdem sich an dieser Situation in 13 aufeinanderfolgenden Wochen nichts geändert hatte, machte auch ich mich der nachlassenden Wachsamkeit schuldig. Der Abverkauf, der notwendig war, um die exzessiven Long-Positionen wieder auf ein normales Maß zu reduzieren, kam schließlich doch noch, wenn auch erst Anfang Oktober und damit erstaunlich spät. Als der Goldkurs am 4. Oktober erstmals unter 1.308 $ fiel, wo er während eines Rücksetzers Ende August ein Tief gebildet hatte, begannen die ersten Stopps am Goldterminmarkt die automatischen Verkäufe auszulösen.

Im Reich der hyper-gehebelten Gold-Futures ist das Setzen von automatischen Stop-Loss-Orders überlebenswichtig. Eine Bewegung von 2% kann bei Gold ganz schnell gehen, und dann verlieren die Trader die Hälfte ihres eingesetzten Kapitals, wenn sie auf die falsche Richtung gewettet hatten. Am jenem Tag Anfang Oktober wurden die ersten Stop-Loss-Orders bei 1.305 $ ausgelöst. Dadurch nahmen die Verkäufe weiter zu, der Abwärtsdruck verstärkte sich und Gold wurde schon bald unter die wichtige Unterstützungslinie bei 1.300 $ gedrückt. Dort wurden noch viel mehr automatische Verkaufsorders ausgelöst und eine massenhafte Liquidierung begann.

Am 4. Oktober hatten die Verkäufe einen rasanten Kurseinbruch um 3,3% zur Folge. Der Rücksetzer führte den Goldpreis bis hinab auf das Niveau von 1.270 $. Es ist wichtig zu verstehen, was genau an diesem Tag passiert ist, deswegen habe ich einen ganzen Essay darüber geschrieben. Doch obwohl dieser Tag den Eindruck einer letzten Kapitulation machte, blieben die Long-Positionen der Terminmarkt-Spekulanten auch danach noch viel zu hoch.

Mit 379.100 Kontrakten nahmen die bullischen Wetten unter allen 928 Wochen seit Beginn der Datenerfassung im Jahr 1999 noch immer den 20. Platz ein. Die Spekulanten hatten zwar ganze 33.000 Kontrakte abgestoßen und damit den starken Kurseinbruch verursacht, doch insgesamt waren die Long-Positionen noch immer so umfangreich, dass der Überhang zum größten Teil bestehen blieb. Das implizierte, dass die Verkäufe noch nicht vorüber waren, und tatsächlich fiel der Goldkurs schon bald noch tiefer.

Der nächste COT-Report wurde am 11. Oktober veröffentlicht und war ganz einfach erstaunlich. Der Goldkurs gab innerhalb der in diesem Bericht abgedeckten Zeitspanne nur 1,3% nach, nachdem er in der Vorwoche ganze 4,3% gefallen war. Es gab also keinen Grund, mit einer deutlichen Verringerung der Long-Positionen der Spekulanten am Futuresmarkt zu rechnen.


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