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Gold: Wie die Fundamentaldaten wieder bullisch werden könnten

24.12.2016  |  Steve Saville
Innerhalb der Berichterstattung über den Goldsektor ist eine ganze Industrie emporgewachsen, die sich hauptsächlich auf Marktmanipulationen konzentriert. In dieser Branche werden die Schwankungen des Goldpreises als Ergebnis eines endlosen Kampfes zwischen Gut und Böse dargestellt, bei dem die bösen Mächte unablässig versuchen, den Kurs nach unten zu drücken, während die Guten immer kaufen und halten.

In der Welt, die sich diese Kommentatoren zurechtgebastelt haben, sind auch die im Hintergrund wirkenden Fundamentaldaten stets bullisch für Gold. Aus dieser Sichtweise folgt, dass alle Kursgewinne in Übereinstimmung mit den Fundamentaldaten stehen, während alle Kursverluste ihnen widersprechen und daher wahrscheinlich das Ergebnis der Manipulationen böswilliger Kräfte sind.

In der realen Welt jedoch sind die Fundamentaldaten immer im Wandel begriffen. Manchmal sind sie bullisch, manchmal bearish und manchmal gemischt bzw. neutral. Unserer Erfahrung nach vollzieht der Goldkurs die Entwicklung der Fundamentaldaten übrigens genauer und akkurater nach als jeder andere Markt.

Als der Goldpreis dieses Jahr im Juli und August ein Top bildete, waren die fundamentalen Faktoren nicht negativ für Gold, sondern neutral. Sie signalisierten daher nicht, dass Kursverluste bevorstanden, aber sie lieferten einen Hinweis darauf, dass ein weiterer Anstieg des Goldpreises keine Unterstützung durch die Fundamentaldaten hatte und daher einer Ausweitung der spekulativen Käufe bedurft hätte.

Zwischen Anfang Juli und Anfang November änderten sich die "wahren Fundamentaldaten" von neutral zu leicht bearish und dann wieder zu neutral. Unserer Ansicht nach waren sie zwischen Mitte September und Mitte Oktober leicht negativ und ansonsten neutral. Einige Tage nach der Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten wurden sie allerdings definitiv bearish und sind seit etwa Mitte November so ungünstig wie schon seit mindestens drei Jahren nicht mehr.


Die fundamentale Marktsituation ist derzeit aus den folgenden Gründen unzweifelhaft negativ für das gelbe Metall:

a) Die realen (inflationsbereinigten) Zinsen befinden sich in einem Aufwärtstrend und haben in den USA ihren höchsten Stand seit sechs Monaten erreicht.

b) Die Credit Spreads sind in den USA stark rückläufig, was auf steigende Zuversicht bezüglich der wirtschaftlichen Aussichten hindeutet.

c) Die dramatische relative Stärke der Bankenaktien signalisiert, dass das Vertrauen in das Bankenwesen und das Finanzsystem deutlich zunimmt.

d) Der US-Dollar-Index befindet sich in einem starken Aufwärtstrend und notiert in der Nähe mehrjähriger Hochs.

Jeder Kommentator oder Analyst, der angesichts dieser Gegebenheiten behauptet, die "Fundamentaldaten" wären bullisch für Gold, hat entweder keine Ahnung oder versucht, seine eigene Agenda voranzubringen.

So gestaltet sich die Lage aktuell, aber sie wird sich ändern. Allgemein gesprochen sind das die beiden wahrscheinlichsten Entwicklungen, die dafür sorgen könnten, dass eine mittelfristige Goldrally wieder fundamentale Unterstützung bekommt:


1. Steigende Inflationserwartungen

In den USA werden seit dem 11. Februar zunehmend höhere Inflationsraten erwartet. Ende September hat sich der Anstieg beschleunigt, aber seit dem Wahlsieg von Donald Trump sind die nominellen Zinssätze schneller gestiegen als die Inflationserwartungen. Dadurch haben sich die realen Zinsen erhöht.

Innerhalb des letzten Monats ist die erwartete Wachstumsrate der Wirtschaft praktisch schneller gestiegen als die erwartete Inflationsrate. In Anbetracht der Pläne von Trumps künftiger Regierung ergibt das nicht allzu viel Sinn, aber bei Spekulationen an den Finanzmärkten muss man sich auf die tatsächlich Lage konzentrieren, nicht darauf, wie es eigentlich sein sollte.

An den Märkten könnte sich irgendwann in den nächsten Monaten durchaus die Erkenntnis durchsetzen, dass die Kombination aus den Vorhaben der US-Regierung und der Notenbank Federal Reserve zur Folge haben wird, dass der Anstieg des Preisniveaus das Wirtschaftswachstum übertreffen wird. Dann werden sich die Inflationserwartungen rasant erhöhen. Dies würde wiederum zum Sinken der realen Zinssätze, zur Schwächung des Dollarkurses und zu einer steiler ansteigenden Zinsstrukturkurve führen. Alles in allem wären die fundamentalen Marktfaktoren dann wieder bullisch für Gold.


2. Eine Bankenkrise in Europa

Die wichtigsten Banken dieser Welt sind durch ihre gigantischen Buchbestände an Derivaten eng und auf komplexe Weise miteinander verwoben. Eine Bankenkrise, die in Europa ihren Anfang nimmt, würde daher nicht auf Europa beschränkt bleiben. Ein solches Ereignis würde auch die Wirtschaftlichkeit der US-Banken in Frage stellen und dadurch eine relative Schwächung der Bankenaktien sowie eine allgemeine Neuorientierung auf sichere Vermögenswerte bewirken.

Die Rendite auf US-Staatsanleihen würden in diesem Fall schneller sinken als die künftig erwartet Inflationsrate, was auch in niedrigeren Realzinsen resultieren würde. Zudem würden die kurzfristigen Zinssätze schneller sinken als die Rendite langfristiger Anleihen, weil die Marktteilnehmer in einem solchen Szenario liquide Assets bevorzugen und beginnen würden, eine Änderung in der Strategie der Federal Reserve zu antizipieren. Die Folge dessen wäre eine steilere Zinsstrukturkurve. Zusammengenommen würden diese Entwicklungen dazu führen, dass die im Hintergrund wirkenden Fundamentaldaten einen Anstieg des Goldkurses wieder begünstigen.

Beide Szenarien könnten innerhalb der kommenden Monate Wirklichkeit werden, doch keins davon spielt sich jetzt im Moment ab.


© Steve Saville
www.speculative-investor.com


Regelmäßige Finanzmarktprognosen und -analysen stehen auf unserer Webseite www.speculative-investor.com zur Verfügung. Zurzeit bieten wir keine kostenlosen Probeabos an, aber Gratisbeispiele unserer Arbeit (Auszüge aus unseren regelmäßig erscheinenden Kommentaren) können Sie unter www.speculative-investor.com/new/freesamples.html abrufen.

Dieser Artikel wurde am 16. Dezember 2016 auf www.tsi-blog.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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