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Wie der Westen sein Gold an ein Schwarzes Loch verkauft

18.01.2017  |  Jan Nieuwenhuijs
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Abb. 5: Monatliche Netto-Goldflüsse des UK und Änderungen im Goldbestand des GLD im Vergleich zum Goldpreis


Seltsamerweise tauchen Nachfrage und Angebot seitens der institutionellen Investoren in den Statistiken des World Gold Councils - und in denen jedes anderen mir bekannten Beratungsunternehmens im Edelmetallsektor - in keiner Form auf.

Weil es in Großbritannien weder Scheideanstalten noch Goldminen gibt und weil die inländische Nachfrage sowie das Angebot aus dem Edelmetallrecycling vernachlässigt werden können, muss alles Gold, das auf nachvollziehbare Weise ein- und ausgeführt wird, entweder mit den in London gelagerten Goldbeständen der ETFs oder mit der Nachfrage westlicher institutioneller Investoren im Zusammenhang stehen. Wenn wir das Verhältnis zwischen diesen beiden Kategorien berechnen, stellen wir fest, dass die Zu- und Abflüsse der ETFs ca. 35% der britischen Netto-Goldflüsse (Import minus Export) erklären.

Folglich spiegeln die restlichen 65% Angebot und Nachfrage seitens westlicher Großinvestoren wider. Das bedeutet, dass der Großteil der Nettoimporte bzw. -exporte des Vereinigten Königreichs auf die institutionelle Goldnachfrage bzw. das institutionelle Goldangebot im Westen zurückgeht.

Bedenken Sie in diesem Zusammenhang auch, dass sich Angebot und Nachfrage nach Angaben des World Gold Council in etwa die Waage halten (siehe Abb. 4). Der Einfachheit halber wollen wir daher annehmen, dass die gesamte Minenproduktion und das recycelte Gold auf der einen Seite und die Nachfrage nach Goldschmuck, Münzen und Barren und nach Gold für industrielle Anwendungen auf der anderen Seite außerhalb Großbritanniens aufeinander treffen und den Goldpreis mittel- bzw. langfristig nicht bestimmen.

Die Netto-Goldflüsse des Vereinigten Königreichs weisen dagegen eine starke Korrelation zum mittel- und langfristigen Goldpreis auf. Beachten Sie, wie die Änderung in den Netto-Goldströmen in Abb. 5 in fast jedem Monat mit der Richtung des Goldpreises übereinstimmt. Seit 2005 habe ich die entsprechenden Daten zusammengetragen. Vom Beginn des Charts im Jahr 2005 bis 2012 - solange der Preis stieg - war Großbritannien ein Nettoimporteur von Gold. Zwischen 2013 und 2015, während die Kurse fielen, war das Land ein Nettoexporteur. Im ersten Quartal 2016, als der Goldkurs seinen stärksten Gewinn seit 1986 verzeichnete, wurde das UK wieder zum Nettoimporteur. Ein Zufall? Ich glaube kaum.

Wir können daraus schließen, dass Nachfrage und Angebot institutioneller westlicher Investoren und die sich daraus ergebenden Änderungen in der Verteilung der überirdischen Reserven den Goldpreis auf mittlere bis lange Sicht bestimmen. Wahrscheinlich hätte der Goldkurs zwischen 2002 und 2011 nicht steigen können, wenn Großbritannien nicht unterm Strich mehr Gold eingeführt als ausgeführt hätte, und wahrscheinlich hätte der Preis zwischen 2013 und 2015 nicht fallen können, wenn das Land nicht zum Nettoexporteur geworden wäre. (Kurzfristig wird der Goldpreis an den Papiermärkten herumgeschubst.)

Wir können uns Angebot und Nachfrage westlicher Großinvestoren (bzw. die Netto-Goldflüsse des UK) folgendermaßen vorstellen: Die Mehrheit des insgesamt an Großbritannien gelieferten Goldes stammt aus überirdischen Reserven außerhalb des Landes. Wenn das Vereinigte Königreich als Nettoimporteur auftritt, bedeutet das, dass die überirdischen Goldbestände in anderen Ländern unterm Strich schrumpfen. Gleichzeitig steigt der Goldpreis. Wenn Großbritannien dagegen mehr exportiert, als es importiert, gilt der umgekehrte Fall. Hier zeigt sich, dass die Höhe der überirdischen Bullionreserven entscheidend ist für künftige Preisentwicklungen.


China: Das Schwarze Loch

Kommen wir nun zu China. In der Einleitung schrieb ich, dass das Land weit größere Goldmengen importiert, als in der Finanzwelt allgemein bekannt ist, weil die Kenntnisse der meisten Investoren auf den vom Gold World Council veröffentlichten Daten basieren. Als Beispiel habe ich den folgenden Chart erstellt, der Goldangebot und -nachfrage in China im Jahr 2015 darstellt (das letzte Jahr, für das mir vollständige Daten vorliegen).

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Abb. 6: Goldangebot und -nachfrage in China 2015


Wir kennen nicht alle exakten Zahlen aus China, aber wir kennen die Nachfrage nach Angaben von GFMS (violett) sowie das augenscheinliche Angebot, welches sich aus der Minenproduktion (grün), dem recycelten Gold (gelb) und den Nettoimporten (blau) zusammensetzt. Wir verwenden an dieser Stelle die Daten von GFMS, weil dieses Analystenteam im Gegensatz zum World Gold Council eine Statistik zum chinesischen Goldrecycling veröffentlicht.


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