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Zerstörung des Euro und Zerfall der Eurozone!

19.01.2017  |  Uli Pfauntsch
Seit Anfang 2016 ist es nach geltender Gesetzeslage verboten, dass Kreditinstitute in der Eurozone mit dem Geld der Steuerzahler gerettet werden. Es war das zentrale Fazit aus der letzten Finanzkrise: Nie wieder sollten Staaten für das Missmanagement der Geldhäuser gerade stehen müssen, um im Zweifel ihre eigene Zahlungsfähigkeit nicht zu gefährden. Bevor staatliches Geld fließt, müssen private Gläubiger umfassend an der Haftung beteiligt werden.

Doch die Einhaltung solcher Vereinbarungen scheint in Rom niemanden zu kümmern. Da die angeschlagenen italienischen Banken "systemrelevant" seien, so das italienische Parlament, greife die Regel nicht. Italien werde, wenn man keine privaten Investoren finde, selbst die nötigen Kapitalerhöhungen zeichnen und sich somit an den Banken beteiligen.

Nun hat die Regierung das Parlament ersucht, für die Rettung der wackligsten Banken zunächst 20 Milliarden Euro freizugeben. Allein die Bank Monte dei Paschi, das drittgrößte Institut Italiens, benötigt laut Notenbank 6,6 Milliarden Euro vom Staat. Anstatt ihr Veto gegen den (rechtwidrigen) Rettungsplan einzulegen, erteilte die EU-Kommission nun grünes Licht.

Es gibt nur ein Problem: Ein Bail-out wird Italien bestenfalls etwas mehr Zeit kaufen. Laut Bloomberg benötigen Italiens Banken mindestens 52 Milliarden Euro, um ihre Bilanzen aufzuräumen und damit sehr viel mehr als von der Regierung beabsichtigt. Realistisch betrachtet, ist eine nachhaltige Rettung des italienischen Bankensystems aussichtslos. Angesichts notleidender Kredite im Volumen von 400 Milliarden Euro mit steigender Tendenz, sind 20 Milliarden Euro nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein, um das Loch zu stopfen.

Doch das italienische Bankensystem ist nicht der einzige Grund, sich Sorgen zu machen. Wie Sie wissen, ist Italien einer der meist verschuldeten Staaten des Planeten. Mit 2,3 Billionen Euro beläuft sich die Verschuldung auf mehr als 130 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt. Bedenkt man, dass der Staatsanteil Italiens bei mehr als 50 Prozent des BIPs liegt, wird der hoffnungslose Bankrott der italienischen Regierung noch deutlicher. Damit ist es dem italienischen Staat unmöglich, aus dem verbleibenden produktiven Teil der Wirtschaft, der zudem seit 15 Jahren stagniert, auch nur annähernd ausreichend Steuern zu erheben, um das, was man sich geliehen hat, jemals zurückzuzahlen.


Italiens Bond-Markt in perverser Situation

Seit dem Programmstart im März 2015 bis Ende Dezember 2016 nahem die EZB Staats- und Regionalanleihen im Umfang von 1,255 Billionen Euro in ihre Bücher. Einschließlich Unternehmensanleihen und Hypothekenpapieren, kletterten die Wertpapierkäufe bis Ende Dezember auf 1,532 Billionen Euro. Bis Ende 2017 wird das geplante Gesamtvolumen auf voraussichtlich 2,28 Billionen Euro anschwellen. Es ist kein Geheimnis, dass Mario Draghi seit geraumer Zeit verstärkt Schuldpapiere der Krisenstaaten aufkauft, insbesondere die der Italiener.

Dank dieser rücksichtslosen Aufkäufe notieren italienische Staatsanleihen zu rekordtiefen Renditen. Schuldpapiere im Umfang von rund 1 Billion Euro notieren sogar zu negativen Renditen. Wer diese Bonds besitzt, muss auch noch dafür bezahlen, einer bankrotten Regierung Geld leihen zu dürften. Es ist eine bizarre und perverse Situation, die nicht das Geringste mit der eigentlichen Funktionsweise der Bond-Märkte zu tun hat.

Angesichts der erheblichen Risiken in Verbindung mit der bankrotten Regierung Italiens, müssten die italienischen Anleihe-Renditen nahe den Rekordhochs - und nicht den Rekordtiefs - notieren. In der trügerischen Wahrnehmung, dass die Europäische Zentralbank und der europäische Steuerzahler für alles und jeden garantiert, preist der Markt nicht ein, wie schlimm es tatsächlich um Italien steht. Die Europäische Zentralbank kann den unvermeidlichen "Tag des Jüngsten Gerichts" mit der Fortsetzung ihrer Milliardenschweren Aufkäufe italienischer Schuldtitel allenfalls noch verzögern. Doch es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die italienische Bond-Blase platzen wird.


Dramatische Folgen für den deutschen Steuerzahler

Die "Wirtschaftswoche" erklärt in ihrem jüngsten Artikel "Wie die EZB die Währungsunion zur Haftungsgemeinschaft macht" die Folgen für Deutschland an einem einfachen Beispiel: Nehmen wir an, dass die Verkäufer der Staatsanleihen den italienischen Banken nicht trauen und die erhaltenen Einlagen nach Deutschland überweisen. Deutschland hat nun einen Zahlungsbilanzüberschuss, Italien ein Zahlungsbilanzdefizit.

Verbucht wird die Forderung Deutschlands gegenüber Italien im so genannten Target2 Saldo. Laut Wirtschaftswoche ist das ungefähr so, als ob Italien beim Kneipenwirt erstmal hat anschreiben lassen, während Deutschland schon mal künftige Bestellungen vorbezahlt hat. Seit dem Aufkaufprogramm der EZB sind die Target2 Forderungen gegenüber Italien sprunghaft angestiegen. Im Oktober belief sich die italienische Verpflichtung auf rund 360 Milliarden Euro. Seitdem dürfte sich die Kapitalflucht aus Italien weiter beschleunigt haben.

Bekanntlich sind eurokritische Parteien wie die Fünf-Sterne-Bewegung und die Lega Nord in Italien auf dem Vormarsch. Sollte das Undenkbare eintreten und Italien aus dem Euro austreten, wäre ein Bankrott der Banca d’Italia die logische Konsequenz.

Dann werden die Forderungen Deutschlands aus den Target-2 Salden, die sich per 22.12.2016 auf 754 Milliarden Euro beliefen und am Ende - wenn die einzelnen Notenbanken ins Wanken geraten - sich nochmals dramatisch aufschaukeln werden - schlagartig verloren sein.

Ein Austritt Italiens aus der Euro-Zone würde voraussichtlich den temporären Zusammenbruch des weltgrößten Wirtschaftsraums bedeuten. Die Schockwellen, die dieses Ereignis um die Welt senden würde, entziehen sich jeglicher Vorstellungskraft. Es wäre schlimmer, als sämtliche Krisen aus der Vergangenheit. Denn die Europäische Union, wie wir sie kennen, würde nicht mehr existieren - ebenso wenig wie der Euro!


Europäische Union + Euro - Ausblick für 2017

Tatsache ist, dass die Fliehkräfte, die drohen, die Europäische Union und den Euro zu zerreißen, noch nie so stark waren als heute. Die Fehler liegen weniger im Euro selbst, sondern bei Politikern, die Recht und Gesetz permanent aushebeln und eine rote Linie nach der anderen überschreiten. Das wahrscheinlichste Szenario ist, dass der Euro unter allen Umständen erhalten wird. Dabei geht es aber längst nicht mehr um Rückzahlung von Schulden, sondern lediglich noch um die Fähigkeit, die Zinslast zu bedienen.

Deshalb wird Draghi voraussichtlich alles tun, um die Zinsen möglichst niedrig zu halten und das Problem über die Inflation (Geldentwertung) zu lösen. Nachdem der jüngste Präzedenzfall der italienischen Bankenrettung einmal mehr fatale Signalwirkung auf Banken in anderen Krisenstaaten zeigen dürfte, ist bezüglich des Werterhalts unserer Gemeinschaftswährung mit dem Schlimmsten zu rechnen. Der Euro befindet sich ganz klar im Überlebenskampf und wird durch das rücksichtslose Gelddrucken der Europäischen Zentralbank seinen Abstieg weiter beschleunigen.

Zudem wird 2017 ein Jahr, in dem wir das politische Risiko genau im Auge behalten sollten. Mit Wahlen in Frankreich, Deutschland und den Niederlanden ist die Frage, welcher Dominostein nach Brexit und Trump als nächstes fallen wird. Die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in Frankreich finden am 23. April und 7. Mai 2017 statt. Ein Sieg von Marien Le Pen (Front National) wäre sicherlich das Ende der Europäischen Union. Zuvor könnten die Niederlande bereits im März einen Rechtsruck erfahren, der zeigt, wohin die Reise für den Rest Europas geht.


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