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Wirtschaft der USA: Folgt das BIP den Kursen?

05.02.2017  |  Klaus Singer
Die Zahl der amerikanischen Arbeitsplätze ist im Januar um 227.000 gestiegen (non-farm), wesentlich mehr als erwartet. Das ist zwar ein stärkerer monatlicher Zuwachs als im Dezember, aber mit einem Anstieg um 1,55% im Jahresvergleich setzt sich die relativ schwache Dynamik fort. Im Februar 2015 war mit +2,28% zuletzt der stärkste Jahreszuwachs erreicht worden, seitdem sinken die Zuwächse. Zugleich sind die durchschnittlichen Stundenlöhne nur um 0,1% im Monatsvergleich angestiegen, auf das Jahr gerechnet ergibt sich ein Zuwachs von 2,5%.

Die schwache Lohnsteigerung hat Befürchtungen gedämpft, die Fed könnte vielleicht schon im März einen weiteren Zinsschritt tun. Und da am zurückliegenden Freitag auch verkündet wurde, die Trump-Administration löse nun ein weiteres Wahlversprechen ein und werde die Bankenregulierung angehen, war die Freude der Aktienbullen groß - allerdings nicht groß genug, um neue Allzeithochs zu produzieren. Im S&P 500 und im Dow entstand im Kursverlauf eine Aufwärtslücke, die zweite innerhalb weniger Tage. Die erste wurde gleich wieder geschlossen.

Die Banken-Regulierung in Gestalt des Dodd-Frank-Act ist ein unglaublich kompliziertes Gesetzeswerk. Es wurde nach 2008 in mehrjähriger Arbeit geschaffen, um angeblich eine Wiederholung des Geschehens nach der Lehman-Pleite zu verhindern. Er ist mit 2319 Seiten so lang und kompliziert, dass er den Spitznamen “Lawyers’ and Consultants’ Full Employment Act of 2010″ trägt.

Bemerkenswert ist, dass dieselben Banken und Investment-Unternehmen, die 1999 den Glass-Steagall Act durch ihre Lobbyisten zu Fall brachten und so die Grundlage für die Sub-Prime-Krise und den anschließenden Crash legten, aggressiv und erfolgreich für den “Dodd-Frank-Act“ kämpften. Die Aussicht, dieses Werk zu schleifen, ließ Finanzwerte um 2% steigen, seit der Trump-Wahl verzeichnen sie ein Plus von 18%.

Unmittelbare Indizien für makroökonomischen Unbill ergeben sich aus den Arbeitsmarkt-Zahlen nicht, das wäre erst bei einem jährlichen Zuwachs der Arbeitsplätze von unter einem Prozent der Fall. Für makroökonomische Jubelschreie ist jedoch auch kein Anlass. Ein Blick zurück zeigt: Vor der Finanzkrise dauerte es 19 Monate vom Hoch beim jährlichen Job-Zuwachs bis zum endgültigen Fall der ein-Prozent-Marke im November 2007. Die aktuelle Entwicklung verläuft viel gemäßigter und mit den verschiedenen Vorhaben von Trump besteht Aussicht, dass dies noch so weiter geht, vielleicht sogar zeitweilig umkehrt.

Zu bedenken ist dabei, dass die Arbeitslosenquote bereits seit längerem vergleichsweise niedrig liegt und die Kapazitäten relativ gut ausgelastet sind. Aus dieser Situation würde sich künftig Aufwärtsdruck auf die Löhne ergeben. Auch der Anteil Anteil der Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter, der arbeitet oder Arbeit sucht, scheint einen Boden zu bilden. Es besteht wohl noch ein Reservoir für die Besetzung künftiger (eher gering qualifizierter) Stellen. Navarro, Wirtschaftsberater von Trump, schätzt die Zahl der "missing workers“ auf 2,2 Millionen oder rund 1,5% der gesamten US-Arbeitsplätze. Damit alleine lässt sich der abwärts gerichtete Trend bei der Job-Entwicklung allerdings nur aufhalten, nicht umdrehen.

Das US-BIP hatte sich im vierten Quartal nach der ersten Schätzung mit lediglich +1,9% schlechter entwickelt als mit 2,2% erwartet. Im Vorquartal lag der Zuwachs bei 3,5%. Im Vergleich zum Vorquartal sind die Verbraucher-Ausgaben für Dienstleistungen um fast 0,7% zurückgegangen, Importe gaben um 0,9% nach, Exporte um 1,7% und kontrahieren damit absolut. Zuwächse gab es bei Verbraucherausgaben für Güter (0,3%), bei den Investitionen (0,7%) und Lagerbeständen (0,5%).

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Chartquelle: www.consumerindexes.com/2017-01-27_commentary.html



Der Schlüssel für einen nachhaltigen Aufschwung liegt bei den Investitionen. Die führten bisher ein Schattendasein hinter den Ausgaben der Unternehmen für Aktienrückkäufe, Dividenden und Firmenübernahmen. Wie der folgende Chart zeigt, ist das jährliche Wachstum der Investitionen in Geschäftsausstattung nahezu bei Null (+0,9%) nach drei Negativ-Quartalen. In früheren Konjunkturzyklen fiel ein solcher Verlauf jeweils zusammen mit einer Rezession.

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Es gibt Erwartungen, dass US-Multis (mit bestimmten "Anreizen“) dazu gebracht werden sollen, ihre Cash-Bestände im Ausland zu repatriieren und diese Mittel dann im Inland zu investieren. Da sie aber auch im Inland über ordentliche Barreserven verfügen - warum sollten sie das tun? Vielleicht werden die Mittel eher dazu verwendet, weitere Aktien zurückzukaufen oder Dividenden auszuschütten.

Genauso denkbar ist es, damit M&A-Aktivitäten zu befeuern. Alle drei Maßnahmen steigern zwar gewöhnlich die Kurse, Steigerungen des operativen Potenzials bewirken sie in der Regel aber nicht. Die Finanzindustrie beflügelt das in jedem Fall. Die Chance für eine allein wegen günstiger Repatriierungsbedingungen signifikant zunehmende Investitionstätigkeit erscheint mir relativ gering zu sein.


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