Jim Rickards: Desaster in China könnte Gold-Run auslösen
02.03.2017 | Mike Gleason
- Seite 4 -
Der Goldgehalt je Tonne Roherz sinkt immer weiter und es gibt nicht gerade einen Überfluss an neuen Entdeckungen. Manche Minen können aus Kostengründen nicht entwickelt werden, wobei auch der etwas niedrigere Goldpreis eine Rolle spielt. Wenn man all diese Faktoren zusammennimmt, steht auf der einen Seite also eine unersättliche Nachfrage, auf der anderen aber ein gleichförmiges oder sinkendes Angebot und hier und da ein paar physische Engpässe. Vor diesem Hintergrund würde es schon ausreichen, wenn bekannt würde, dass eine wichtige Bank oder Börse nicht liefern kann, um eine Welle der Panikkäufe auszulösen.Mike Gleason: Welche Erwartungen haben Sie an die Politik der US-Notenbank zu Beginn von Trumps Präsidentschaft, Jim? Die Märkte scheinen in Bezug auf die Geld- und Währungspolitik erst einmal abzuwarten. Was glauben Sie, wie Gold darauf reagieren wird?
Jim Rickards: Für Gold gibt es auf kurze Sicht ein wenig Gegenwind, denn ich gehe davon aus, dass die Fed den Leitzins im März anheben wird. Wenn nicht, dann werden sie das fast mit Sicherheit im Juni tun. Der Markt preist diese künftigen Zinsanhebungen schon mit ein, die Janet Yellen auch kürzlich gegenüber dem Kongress angekündigt hat. Das wird den Dollar stärken und sich eher negativ auf den Goldpreis auswirken.
Wenn wir jedoch darüber hinaus blicken, stellen wir fest, dass wir uns in einer außerordentlichen Situation befinden, in der drei freie Posten im Vorstand der US-Notenbank zu vergeben sind. Zwei völlig leere Stellen und die von Dan Tarullo, der erst kürzlich seinen Rücktritt angekündigt hat. Ich glaube, sein Posten wird ab April frei sein.
Außerdem läuft Janet Yellens Amtszeit im Januar nächsten Jahres aus, also wird der Präsident bis Dezember einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin bekanntgeben müssen. Darüber hinaus endet auch die Amtszeit von Stan Fisher Mitte nächsten Jahres. Insgesamt müssen bis Jahresende also vier Stellen neu besetzt werden, einschließlich der des Notenbankvorsitzenden, und dann eine weitere innerhalb der folgenden sechs Monate. Im Vorstand der Fed gibt es nur sieben Posten und Trump wird mindestens fünf davon neu besetzen. Eine dieser Stellen ist bereits von einem Republikaner besetzt, Jay Powell. Von dem hört man nicht allzu viel, weil er von den Demokraten überstimmt wird. Aber das wird sich ändern.
Zu sagen, dass Yellens Tage als Vorsitzende der Fed gezählt sind, wäre eine Untertreibung. Wenn der Präsident bekanntgibt, wie er die vakanten Posten zu besetzen gedenkt, wird sie praktisch sofort überstimmt werden. Aufgrund der vielen Neubesetzungen kann Trump die Fed im Grunde genommen nach seinen Wünschen umgestalten und er wird kriegen, was auch immer er will. Die Frage ist, was das eigentlich ist. Er und Steve Mnuchin, der neue Finanzminister, haben gesagt, dass sie einen schwächeren Dollar wollen. Okay, aber wenn man einen schwächeren Dollar will, kann man nicht die Zinsen anheben und eine straffere Geldpolitik verfolgen.
Wenn Trump also tatsächlich bei dieser Ansicht bleibt, wird er "Tauben" in den Vorstand der Fed berufen, die eine akkommodierende Geldpolitik befürworten. Die Märkte werden dieses Signal sofort aufgreifen und der Goldpreis wird sprunghaft ansteigen, weil billiges Geld und ein schwacher Dollar positiv für das Edelmetall sind. Kurzfristig, vielleicht bis etwa April, ist beim Goldpreis also noch mit Gegenwind zu rechnen, aber für die zweite Jahreshälfte oder sogar die letzten drei Viertel des Jahres bin ich mit Blick auf Gold extrem bullisch.
Mike Gleason: Wir sollten eventuell auch noch kurz auf die Entwicklungen in Europa eingehen. Das Brexit-Referendum im letzten Jahr könnte den Anfang vom Ende der Europäischen Union bedeutet haben. In naher Zukunft steht eine Reihe wichtiger Wahlen bevor und nationalistische und populistische Bewegungen erreichen quer durch Europa gute Umfragewerte. Wenn die globalisierungsfeindlichen Kandidaten in Frankreich oder Deutschland die Wahlen für sich entscheiden könnten, wäre die EU in ernsten Schwierigkeiten. Würden Sie ein wenig über den Ausgang der Wahlen spekulieren und erklären, was in Ihren Augen hinter dieser Bewegung steckt?
Jim Rickards: Nun, ich spekuliere eigentlich nicht, ich verlasse mich lieber auf Wissenschaft. Ich gehörte zu denjenigen, die seit März 2016 bis zum Tag des Referendums vorhersagt hatten, dass Großbritannien für den Austritt aus der EU stimmen würde, und dass Sie das britische Pfund shorten und Gold kaufen sollten. Genauso ist es auch gekommen. Ich habe auch gesagt, dass Trump die Präsidentschaftswahl gewinnen würde. Dafür wurde ich ausgelacht, aber am Ende habe ich doch recht behalten.
99% der Kommentatoren und Marktindikatoren lagen bei beiden Ereignissen falsch. Es hieß, die Briten würden in der EU bleiben und Hillary Clinton würde die Wahl gewinnen. Das hat vielen zu denken gegeben. Sie denken jetzt, "Mist, ich lag zweimal falsch. Das darf nicht noch einmal passieren." Deswegen prognostizieren sie diesmal, dass die nationalistischen Parteien gewinnen werden und dies das Auseinanderbrechen der EU und der Europäischen Währungsunion, einen Einbruch des Euros usw. zur Folge haben wird. Ich stehe jetzt allerdings auf der anderen Seite.
Nachdem ich den Brexit und Präsident Trump korrekt vorhergesagt habe, sage ich nun, dass Angela Merkel in Deutschland und die Parteien der bürgerlichen Mitte in Frankreich und den Niederlanden an der Macht bleiben, dass die EU zusammenhalten und der Euro im Kurs steigen wird. Was die Zukunft Europas anbelangt, bin ich äußerst optimistisch.
Es wird natürlich eine gewisse Volatilität geben. Manche dieser kleinen Parteien werden besser abschneiden. Marine Le Pen und Geert Wilders von der niederländischen Freiheitspartei werden mehr Stimmen erhalten, als bei den letzten Wahlen. Wilders wird von allen Kandidaten vielleicht sogar die meisten Stimmen bekommen, aber nicht genug, um eine Regierung zu bilden, denn niemand will mit ihm zusammen im Sandkasten spielen.
Die Nationalisten werden zwar Aufwind erhalten, aber am Ende wird es nicht reichen, um an die Macht zu gelangen. Die Regierungen werden sich weiterhin aus den Parteien der Mitte zusammensetzen und die Europäische Union wird intakt bleiben. Hier kommt auch wieder Trump ins Spiel, der einen schwächeren Dollar will. Währungen sind eine simple Angelegenheit. Steigt die eine, fällt die andere. Ein schwächerer Dollar bedeutet gleichzeitig auch einen stärkeren Euro, also bin ich bullisch in Bezug auf Europa und den Euro.
Mike Gleason: Interessanter Ausblick. Wir werden sehen, wie die Dinge sich entwickeln. Ihre Zeit ist sehr kostbar, daher möchten wir Ihnen noch einmal danken, dass Sie heute Zeit für dieses Interview gefunden und ihre Ansichten mit uns geteilt haben. Unseren Zuhörern und Lesen möchten wir noch einmal Ihr neues Buch "Der Weg ins Verderben" ans Herz legen. Alle weiteren Informationen finden Sie auf der Webseite JamesRickardsProject.com.
Jim, ich wünsche Ihnen ein wundervolles Wochenende und freue mich schon auf unser nächstes Gespräch. Vielen Dank für das Interview.
Jim Rickards: Wunderbar, vielen Dank.
© Mike Gleason
Money Metals Exchange
Der Artikel wurde am 17. Februar 2017 auf www.moneymetals.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.