Grenzen der HUI/Gold-Ratio
02.10.2006 | Adam Hamilton
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Weiters müssen auch genaueste Indikatoren interpretiert werden und diese Interpretationen sind gespickt mit allen möglichen Subjektivitäten, die nicht unwirksam gemacht werden können. Auch im Fall der HUI/Gold-Ratio ist es sehr schwer, die Kauf- und Verkaufssignale zu definieren und auch hier verlangt es nach sehr viel individueller Beurteilung. Zusammengefasst kann man sagen, je mehr Subjektivität beim Interpretieren der Indikatoren verwendet wird, desto großer ist die Gefahr, dass man am Ende nicht mehr als eine unsichere Option hat. Starten wir mit HGR-Kaufsignalen. Um ein Kaufsignal auszulösen, wird eine Ratio-Widerstands-Breakout benötigt. Sieben blaue Ratio-Widerstandslinien sind oben dargestellt. Obwohl alle Linien pfeilgerade aussehen, sind auch sie nur handgezeichnet, so wie der Großteil aller charttechnischen Linien. Es liegt in der Hand des Charttechnikers, in diesem Fall in meiner, wie er eine bestimmte Linie zeichnet. Das kann dann den Anstieg der Linie und deshalb auch den Abschnitt mit der Ratio-Breakout, beeinflussen. Wenn zehn Charttechniker eine dieser Linie zeichnen, würden wir 10 verschiedene Steigungen und Abschnitte haben.
Heutzutage gibt es die Möglichkeit, mathematisch präzise Chartlinien zu zeichnen, jedoch auch im Computerzeitalter wird diese Option selten verwendet. Denn auch wenn ein Computer eine Linie generieren würde, gibt es trotzdem immer noch Subjektivität. Nehmen wir die zweite Widerstandslinie im obigen Chart als Beispiel. Am Beginn von 2003 sieht man einen Spike über der Widerstandslinie. Sollten wir nun unseren Computer auffordern, die Spitze des Spikes mit dem anfänglichen Spike in Q2 2002 zu verbinden, wodurch unsere Widerstandslinie abflachen würde und unseren Ausbruchskaufsignalbereich anheben würde? Oder sollte der Computer eine optimale Linie generieren, die alle Hochpunkte schneidet? Keine Antwort ist komplett richtig, alle sind subjektiv.
Das bedeutet, dass die blaue Widerstandslinie, auch wenn sie durch den Computer generiert wurde, trotzdem noch menschlicher Entscheidungen und Beurteilungen bedarf. Mehr Beurteilungen sind nötig, um einen Ausbruch zu definieren, der ein Kaufsignal auslöst. Wenn zum Beispiel das HGR für einen Tag 0,1 % über der Widerstandslinie schließt und dann wieder zehn Tage darunter, war dieser kurze Ausbruch dann ein Kaufsignal? Was ist, wenn das HGR für drei Tag um 2% über der Widerstandslinie schließt und dann für drei Tage darunter liegt? Man sieht also, dass sogar die Ausbrüche, die eigentlich Kaufsignale bedeuten, interpretiert werden müssen und deshalb subjektiv sind.
Eine Methode, um die Subjektivität zu minimieren ist, einen entstehenden Ausbruch für ein paar Tage oder Wochen zu beobachten. Wenn in diesem Fall das HGR über der Widerstandslinie bleibt, ist es ein ernstzunehmendes Kaufsignal. Das klingt im Grunde gut, je länger wir aber warten um ein Kaufsignal zu definieren, umso schlechter wird unser Einstiegszeitpunkt sein. Wenn die Signale eines Tradingsystems nicht interpretiert und entsprechend gehandelt werden können, schrumpft der Nutzen rapide. Zusammengefasst bedeutet das, dass Interpretationen mehr Subjektivität bedeuten und sich dadurch die Einstiegs und Ausstiegspunkte verschlechtern.
Schon jetzt viele Einschränkungen! Während ich hier das HGR als Beispiel nehme, funktionieren nur wenige Tradingsysteme, die konstruiert wurden um große Schwingungen, bedeutende Steigungen und Korrekturen zu erfassen, rein mechanisch. Doch sogar für diese handvoll mechanischer Systeme gilt, dass Subjektivität immer vorhanden ist. Menschliche Beurteilung ist überall nötig und unwiderruflich in die Entscheidung verflechtet.
Dankenswerterweise sind HGR-Verkaufssignale aufgrund der Tatsache, dass keine technischen Linien gezeichnet werden müssen, nicht ganz so subjektiv wie Kaufsignale. Alles, was für eine Verkaufsentscheidung passieren muss, ist ein Rückfall der Ratio unter seine 50-Tages-Linie. Abermals stellt sich aber die Frage, wann trifft man die richtige Entscheidung zum Verkauf? Ist das, wenn das HGR für einen Tag um 0,1% Tag unter der 50-Tage-Linie liegt, oder ist es, wenn es für fünf Tage um 1% darunter liegt? Was ist, wenn die Ratio kurzfristig wieder die 50-Tage-Linie nach oben durchbricht? War die Entscheidung dann falsch? Egal welches Entscheidungskriterium benutzt wird, es ist immer subjektiv.
Es ist ein bedeutender Grad an Subjektivität und die unberechenbare menschliche Einschätzung, die den größten Unsicherheitsfaktor der HUI/Gold-Ratio und der meisten anderen Tradingsysteme und Indikatoren darstellt. Es ist egal, wie vorsichtig man diese Indikatoren betrachtet, man muss immer viele Annahmen machen, die ohne Zweifel immer den Endnutzen beeinflussen. Und es gibt keine Möglichkeit, diese Tatsache zu umgehen. Deshalb sollte man den HGR-Indikator als einen von vielen Indikatoren sehen und nicht als eine One-Ratio-Show benutzen.
Ein anderes Problem beim HGR ist sicherlich die Frequenz der Kauf- und Verkaufsignale. Vor Mitte 2005 waren diese Signale eher selten. Die Kaufsignale wurden meist vor bedeutenden Anstiegen ausgelöst, wobei die Verkaufsignale eher vor bedeutenden Korrekturen auftraten. Wie man sieht, waren diese Signale in den guten alten Zeiten des HGR für Investoren sehr hilfreich, um die großen Korrekturen und Anstiege leichter vorherzusehen.
Aber während der letzten Jahre treten die Kauf- und Verkaufssignale der HUI/Gold-Ratio, in der Form wie sie einst durch die populären Tradingsysteme bewertet wurden, immer häufiger auf. Statt wie früher, als nur erhebliche Kursschwankungen angezeigt wurden, werden heute auch oft kleinere Schwankungen angezeigt. Wenn man dabei weiterhin das HGR-System verwendet, das ausschließlich entwickelt wurde um bedeutende Schwingungen zu erfassen, führt das zu einem Konflikt. Denn je öfter das System anspricht, desto geringer wird die Nützlichkeit und die Rentabilität der Signale.
Um einen Eindruck davon zu bekommen, wie nutzlos die HGR-Signale in den vergangenen Jahren wurden, sind die entsprechenden Signale im folgenden Chart eingezeichnet. Dieser Chart ist deshalb so interessant, weil er noch eine Grenze der Ratioanalyse aufzeigt. Wenn man sich den unten angeführten Chart genau ansieht, fällt einem auf, dass das HGR den HUI unglaublich gut widerspiegelt. Man kann sagen, das HGR ist eigentlich nur eine schlechte Projektion des HUI.
In jeder Ratioanalyse, bezwingt die volatilere von zwei Variablen die weniger volatile. Zum Beispiel die Bewegungen der Goldaktien, die viel volatiler sind als Gold, haben deshalb auch viel mehr Einfluss auf der Ratio als Gold. Aufgrund der verschiedenen Volatilitäten kann auch nie Parität in Bezug auf den Einfluss auf der Ratio herrschen. Aus diesem Grund kann man sagen, wenn man das HGR benützt um den HUI zu traden, ist es fast so, als würde man den HUI selbst traden. Die Rolle des Golds ist in diesem Szenario geringer, weil auch seine Volatilität kleiner ist.
Bei Goldaktien begann der Bullenmarkt im November 2000, nach dem anfänglichen Anstieg Mitte 2001 kam das erste Verkaufssignal der HUI/Gold-Ratio. Wie man oben gut sehen kann, war das ein gutes Verkaufssignal, denn der HUI konsolidierte und fiel im zweiten Halbjahr. Anfang 2002 folgten die nächsten Kaufsignale, wieder im richtigen Moment, denn dieses Mal war es der Begin des zweiten und bisher auch größten massiven Aufschwungs des HUI. In 127 Tagen stieg der HUI um 145 %.