Gold in perfekter Ausgangslage
05.04.2017 | Adam Hamilton
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Interessanterweise hat der Offenmarktausschuss die Federal Funds Rate in den 45 Jahren zwischen 1971 und Mitte Dezember 2015 ganze 251 Mal angepasst. Da der Offenmarktausschuss acht Sitzungen pro Jahr abhält und damit in diesen 45 Jahren insgesamt rund 360 Mal zusammentrat, wurde bei mehr als zwei Dritteln dieser Treffen eine Zinsanpassung beschlossen. Das stimmt allerdings nicht ganz, da die Fed auch außerplanmäßige Sondersitzungen einberuft, wenn die Märkte eine besonders volatile Phase durchlaufen.Da die Spekulanten der Goldterminmärkte überzeugt sind, dass höhere Zinsen der Todfeind des Goldkurses sind, habe ich die Aussagen der US-Notenbanker und die Daten zur Federal Funds Rate aus mehreren Jahrzehnten durchforstet, um alle Zinsanpassungen zu finden. Damit von einem Zinserhöhungszyklus die Rede sein kann, muss es mehrere aufeinanderfolgende Anhebungen gegeben haben, ohne dass es zwischenzeitlich zur Senkung der FFR kam. In sechs Fällen zwischen 1971 und 2011 hat die Fed den Leitzins allerdings nur einmal erhöht und anschließend wieder gesenkt. Diese Anpassungen lassen sich beim besten Willen nicht als Zinszyklen bezeichnen.
Die Unschlüssigkeit der Fed hatte damit aber noch kein Ende. In sechs weiteren Fällen hob der Offenmarktausschuss den Leitzins zweimal in Folge an, nur um ihn danach wieder zu senken. Zwei Zinserhöhungen lassen sich ebenfalls schlecht als Zyklus bezeichnen. Ich habe einen Zinserhöhungszyklus daher definiert als mindestens drei aufeinanderfolgende Anhebungen des Leitzinses ohne zwischenzeitliche Senkung. Nach dieser Definition gab es in den USA zwischen 1971 und 2015 elf vollständige Zinszyklen.
Der Zinsschritt im März dieses Jahres ist übrigens der dritte seit Dezember 2015, d. h. wir befinden und jetzt offiziell im zwölften Zinszyklus seit 1971. Diese Tatsache sowie der heftige Sell-off am Goldmarkt Anfang März haben mich dazu bewegt, meine diesbezüglichen Analysen noch einmal zu betrachten. Wie hat sich der Goldpreis in früheren Zeiten mit einem steigenden Zinsniveau denn in Wirklichkeit entwickelt?
Sollten höhere US-Zinsen tatsächlich schlecht für den Goldpreis sein, müsste sich das, wie gesagt, historisch belegen lassen. Doch das Gegenteil ist der Fall. In den folgenden Charts sind alle Zinserhöhungszyklen der Federal Reserve hellrot markiert. Die Zyklen werden dabei durch die Zielvorgaben der Notenbank bezüglich des Leitzinses definiert und stimmen nicht immer genau mit den tatsächlichen Zinshochs und -tiefs überein, da die Fed keine direkte Kontrolle über die Federal Funds Rate ausübt.
Die FFR ist technisch gesehen ein am freien Markt bestimmter Zinssatz, der sich aus Angebot und Nachfrage nach den Reserveüberschüssen der Geschäftsbanken bei der Notenbank ergibt. Der Offenmarktausschuss der Fed bestimmt eine Zielvorgabe für den Leitzins und versucht dann, diese Vorgabe mit Hilfe von Offenmarktgeschäften umzusetzen. Anders gesagt versucht die Notenbank, den Zinssatz aktiv in die gewünschte Richtung zu manipulieren. Im Laufe der Zeit wurde die Federal Reserve zwar immer besser darin, den Leitzins nach ihrem Willen zu beeinflussen, aber es gab doch einige signifikante Abweichungen vom erklärten Zinsziel.
Die aktualisierten Charts enthalten sowohl die tatsächlichen Werte der FFR (in hellrot) als auch die Zielvorgaben der US-Notenbank (in dunkelrot). Je nach aktueller Marktlage muss die Fed dutzende Milliarden Dollar einsetzen, um zu erreichen, dass der Leitzins mit ihrer Zielvorgabe übereinstimmt. Der Goldkurs ist in den Charts blau eingezeichnet. Die Spekulanten an den Terminmärkten sollten sich diese Daten ganz genau anschauen, denn sie widersprechen der vorherrschenden Meinung.
Zu jedem Zinserhöhungszyklus habe ich zudem die wichtigsten Eckdaten in den Charts notiert. Die erste Angabe zeigt, um wie viele Basispunkte (hundertstel Prozent) der Leitzins während des jeweiligen Zyklus insgesamt angehoben wurde. Darunter stehen die Anzahl der Zinsschritte, die durchschnittliche Höhe eines Zinsschrittes und der durchschnittliche Zinsanstieg pro Monat. Anschließend folgt die Dauer des Zinserhöhungszyklus in Monaten und zum Schluss die Performance des Goldpreises in genau dieser Zeitspanne.
Die Daten aus einem knappen halben Jahrhundert stellen eine mehr als ausreichende Analysegrundlage dar. In Bezug auf die Marktlage war in dieser Zeit alles dabei, von der langen, steilen Hausse bis zur Jahrhundertpanik an den Aktienmärkten. Wenn die Spekulanten und die meisten Anleger recht hätten mit ihrer Meinung, dass Zinserhöhungen der Untergang des "unproduktiven" Vermögenswertes Gold sind, dann wäre das anhand eines solch umfangreichen Datensatzes mit Sicherheit zu erkennen. Doch ganz im Gegenteil - bei steigenden Zinsen entwickelt sich der Goldkurs hervorragend!
Da der zwölfte Zinserhöhungszyklus der US-Notenbank seit 1971 noch nicht abgeschlossen ist, wollen wir mit den elf vorherigen Zyklen beginnen. Während all dieser Zinszyklen zwischen 1971 und 2015 ist der Goldpreis im Schnitt um 26,9% nach oben geklettert. Wenn man bedenkt, dass die Nachfrage nach Goldanlagen im Zuge steigender Renditen eigentlich stark zurückgehen sollte, ist das wirklich beachtlich. Interessanterweise ist die Performance des Goldkurses während dieser Zinserhöhungszyklen besser als die Kursentwicklung an den Aktienmärkten.
In meiner Studie aus dem Jahr 2015 habe ich die Performance des führenden US-Aktienindex S&P 500 während der Zinszyklen untersucht. In den Zeiträumen, in denen das Zinsniveau schrittweise angehoben wurde, hat der Index gerade einmal Kursgewinne von durchschnittlich 2,8% verzeichnet. Der Goldpreis hat sich demnach mit einem durchschnittlichen Anstieg von 26,9% fast zehnmal so gut entwickelt wie der S&P 500! Die Behauptung, dass Gold sich bei steigenden Zinsen insgesamt viel besser entwickelt als die Aktienmärkte, erscheint zunächst ketzerisch, doch die historischen Kursdaten zeigen, dass sie absolut wahr ist.