Marc Faber: "Gold kann leicht bis zu 100% steigen"
12.04.2017 | Mike Gleason
Mike Gleason: Heute habe ich die Ehre, einen Interviewgast begrüßen zu dürfen, der kaum einer Vorstellung bedarf: Marc Faber, den Herausgeber des "Gloom, Boom and Doom Report". Dr. Faber ist ein renommierter Ökonom der österreichischen Schule, ein erfolgreicher Anlageberater und schon seit Langem regelmäßiger Gast in Finanzsendungen rund um den Globus. Dr. Faber, es freut mich sehr, dass Sie heute bei uns sind. Wie geht es Ihnen?
Marc Faber: Danke, gut. Ich freue mich auch.
Mike Gleason: Dr. Faber, bevor wir zu all unseren anderen Themen kommen, würde ich zu Beginn gern wissen, wie Sie den Zustand der US-Wirtschaft beurteilen. Es scheint, als würde die Federal Reserve hinsichtlich einer strafferen Geldpolitik nun endlich ernst machen und die Zinsen zumindest ein bisschen anheben. Die Aktienmärkte scheinen das größtenteils zu ignorieren und sich stattdessen auf den sogenannten Trump-Trade zu konzentrieren. Die Märkte preisen enorme Ausgaben für die Infrastruktur sowie Steuersenkungen zur Stimulierung der Wirtschaft ein, die eine viel stärkere Wirkung entfalten könnten, als die zurückhaltende geldpolitische Straffung der Fed.
Jetzt da der Versuch zur Reformierung des Gesundheitswesens offenbar gescheitert ist, hatten wir erwartet, dass die Aktienmärkte in Bezug auf Trumps andere Initiativen zumindest einen Teil ihres Optimismus verlieren würden. Das ist bisher aber noch nicht der Fall. Die Aktienkurse notieren weiterhin in der Nähe ihrer Rekorde und das Interesse an "sicheren Häfen" wie den Edelmetallen ist recht begrenzt. Was denken Sie, Marc? Ist es an der Zeit, Gewinne zu realisieren und auf sicherere Anlagen umzusteigen, oder besteht an den Aktienmärkten noch Aufwärtspotential?
Marc Faber: Nun, was die Wirtschaft anbelangt denke ich nicht, dass sie so stark ist wie die Menschen glauben oder wie die Statistiken zum Teil nahelegen. Die jüngsten Trends deuten auf eine gewisse Schwäche am Automarkt und einen nicht besonders starken Immobilienmarkt hin. Außerdem hat die exzessive Kreditvergabe zu einer ganzen Reihe von Problemen geführt. Die Wirtschaft wird sich wohl nicht so gut entwickeln, wie die Leute das erwarten. Das riesige Infrastrukturprogramm, von dem Mr. Trump gesprochen hat, soll übrigens rund 1 Billion Dollar innerhalb von maximal zehn Jahren umfassen, oder anders gesagt 100 Milliarden Dollar pro Jahr.
In China beliefen sich die Infrastrukturausgaben allein in den ersten zehn Monaten 2016 auf 1,6 Billionen Dollar, d. h. sie waren 16-mal so hoch wie das, was Mr. Trump vorschlägt. Nur, um das einmal in Perspektive zu setzen. In ganz Asien und in allen Schwellenländern wird es in den kommenden Jahren zu hohen Ausgaben für die Infrastruktur kommen. Die Frage ist nur, ob die Aktien deswegen steigen werden. Manche vielleicht schon, andere dafür nicht. Wir müssen uns also gut überlegen, in welche Aktien wir investieren wollen. Ich habe jedenfalls das Gefühl, dass die Wirtschaft in den USA eher schwächer als stärker wird.
Mike Gleason: Es kann auch sein, dass die Märkte einfach nicht auf die Fundamentaldaten reagieren. Wir sollten unbedingt berücksichtigen, welche Folgen das hätte. Die zunehmende Verbreitung des Hochfrequenzhandels und die massiven Eingriffe der Zentralbanken könnten bedeuten, dass die Märkte heute irrationaler sind als je zuvor. Es kommt zum Beispiel vor, dass die Aktienkurse weiter nach oben klettern, obwohl sich das Wirtschaftswachstum verlangsamt, die Zinsen steigen und es dem Kongress nicht gelingt, finanzielle Impulse für die US-Wirtschaft zu beschließen.
Wie künstlich sind die Märkte Ihrer Ansicht nach heutzutage? Inwiefern ist das aktuelle Marktgeschehen als "nicht real" zu bezeichnen und wie lange wird es den Zentralbanken noch gelingen, die Illusion aufrechtzuerhalten, die sie geschaffen haben?
Marc Faber: Manche Leute sagen ja, den Notenbanken würde die Munition ausgehen. Diesen Eindruck habe ich nicht. Sie können weiter Geld drucken und die Assetpreise unterstützen. Dadurch werden nicht alle Kurse an den Finanzmärkten steigen, manche werden auch sinken. Aber die Munition geht den Notenbanken noch nicht wirklich aus. Wenn sich die Konjunktur eintrübt, werden sich einige Aktien trotzdem überdurchschnittlich gut entwickeln.
In letzter Zeit zeigte sich der Automobilsektor schwächer, d. h. es findet durchaus noch ein selektiver Prozess an den Märkten statt. Die Aktien, die in letzter Zeit am stärksten zugelegt haben, waren tatsächlich Unternehmen mit sehr geringen Gewinnen und hohen Bewertungen - Tesla, Amazon, Netflix usw. Nun, wir werden sehen.
Schauen Sie sich um auf der Welt. In den USA kann ich keine besonders vielversprechenden Werte erkennen, abgesehen von den Aktien einiger Minengesellschaften. Auch einige der zinsempfindlichen Aktien sind wieder relativ attraktiv, denn ich gehe davon aus, dass die Wirtschaftsentwicklung eher enttäuschend sein wird - vor allem, wenn die Fed die Zinssätze weiter erhöht. Ein kurzfristiger Anstieg der Zinsen könnte weitere Schwäche an den Anleihemärkten bedeuten, aber am Ende ist auch ein erneuter Anstieg der Anleihepreise möglich.
Die US-Aktien sind meiner Ansicht nach derzeit sehr teuer, ganz gleich, ob man sie mit historischen Werten, mit Europa, mit Asien oder mit den Schwellenmärkten vergleicht. Können Sie weitere 10% zulegen? Oder vielleicht 20%? Ja, sicher. Zwischen Dezember 1999 und dem 21. März 2000, als die Aktienmärkte ihr Top erreichten, ist der Nasdaq um mehr als 30% gestiegen, aber war das eine gute Kaufgelegenheit? Nein. Alle, die in den ersten drei Monaten des Jahres 2000 in diesen Markt eingestiegen sind, haben Verluste gemacht.
Marc Faber: Danke, gut. Ich freue mich auch.
Mike Gleason: Dr. Faber, bevor wir zu all unseren anderen Themen kommen, würde ich zu Beginn gern wissen, wie Sie den Zustand der US-Wirtschaft beurteilen. Es scheint, als würde die Federal Reserve hinsichtlich einer strafferen Geldpolitik nun endlich ernst machen und die Zinsen zumindest ein bisschen anheben. Die Aktienmärkte scheinen das größtenteils zu ignorieren und sich stattdessen auf den sogenannten Trump-Trade zu konzentrieren. Die Märkte preisen enorme Ausgaben für die Infrastruktur sowie Steuersenkungen zur Stimulierung der Wirtschaft ein, die eine viel stärkere Wirkung entfalten könnten, als die zurückhaltende geldpolitische Straffung der Fed.
Jetzt da der Versuch zur Reformierung des Gesundheitswesens offenbar gescheitert ist, hatten wir erwartet, dass die Aktienmärkte in Bezug auf Trumps andere Initiativen zumindest einen Teil ihres Optimismus verlieren würden. Das ist bisher aber noch nicht der Fall. Die Aktienkurse notieren weiterhin in der Nähe ihrer Rekorde und das Interesse an "sicheren Häfen" wie den Edelmetallen ist recht begrenzt. Was denken Sie, Marc? Ist es an der Zeit, Gewinne zu realisieren und auf sicherere Anlagen umzusteigen, oder besteht an den Aktienmärkten noch Aufwärtspotential?
Marc Faber: Nun, was die Wirtschaft anbelangt denke ich nicht, dass sie so stark ist wie die Menschen glauben oder wie die Statistiken zum Teil nahelegen. Die jüngsten Trends deuten auf eine gewisse Schwäche am Automarkt und einen nicht besonders starken Immobilienmarkt hin. Außerdem hat die exzessive Kreditvergabe zu einer ganzen Reihe von Problemen geführt. Die Wirtschaft wird sich wohl nicht so gut entwickeln, wie die Leute das erwarten. Das riesige Infrastrukturprogramm, von dem Mr. Trump gesprochen hat, soll übrigens rund 1 Billion Dollar innerhalb von maximal zehn Jahren umfassen, oder anders gesagt 100 Milliarden Dollar pro Jahr.
In China beliefen sich die Infrastrukturausgaben allein in den ersten zehn Monaten 2016 auf 1,6 Billionen Dollar, d. h. sie waren 16-mal so hoch wie das, was Mr. Trump vorschlägt. Nur, um das einmal in Perspektive zu setzen. In ganz Asien und in allen Schwellenländern wird es in den kommenden Jahren zu hohen Ausgaben für die Infrastruktur kommen. Die Frage ist nur, ob die Aktien deswegen steigen werden. Manche vielleicht schon, andere dafür nicht. Wir müssen uns also gut überlegen, in welche Aktien wir investieren wollen. Ich habe jedenfalls das Gefühl, dass die Wirtschaft in den USA eher schwächer als stärker wird.
Mike Gleason: Es kann auch sein, dass die Märkte einfach nicht auf die Fundamentaldaten reagieren. Wir sollten unbedingt berücksichtigen, welche Folgen das hätte. Die zunehmende Verbreitung des Hochfrequenzhandels und die massiven Eingriffe der Zentralbanken könnten bedeuten, dass die Märkte heute irrationaler sind als je zuvor. Es kommt zum Beispiel vor, dass die Aktienkurse weiter nach oben klettern, obwohl sich das Wirtschaftswachstum verlangsamt, die Zinsen steigen und es dem Kongress nicht gelingt, finanzielle Impulse für die US-Wirtschaft zu beschließen.
Wie künstlich sind die Märkte Ihrer Ansicht nach heutzutage? Inwiefern ist das aktuelle Marktgeschehen als "nicht real" zu bezeichnen und wie lange wird es den Zentralbanken noch gelingen, die Illusion aufrechtzuerhalten, die sie geschaffen haben?
Marc Faber: Manche Leute sagen ja, den Notenbanken würde die Munition ausgehen. Diesen Eindruck habe ich nicht. Sie können weiter Geld drucken und die Assetpreise unterstützen. Dadurch werden nicht alle Kurse an den Finanzmärkten steigen, manche werden auch sinken. Aber die Munition geht den Notenbanken noch nicht wirklich aus. Wenn sich die Konjunktur eintrübt, werden sich einige Aktien trotzdem überdurchschnittlich gut entwickeln.
In letzter Zeit zeigte sich der Automobilsektor schwächer, d. h. es findet durchaus noch ein selektiver Prozess an den Märkten statt. Die Aktien, die in letzter Zeit am stärksten zugelegt haben, waren tatsächlich Unternehmen mit sehr geringen Gewinnen und hohen Bewertungen - Tesla, Amazon, Netflix usw. Nun, wir werden sehen.
Schauen Sie sich um auf der Welt. In den USA kann ich keine besonders vielversprechenden Werte erkennen, abgesehen von den Aktien einiger Minengesellschaften. Auch einige der zinsempfindlichen Aktien sind wieder relativ attraktiv, denn ich gehe davon aus, dass die Wirtschaftsentwicklung eher enttäuschend sein wird - vor allem, wenn die Fed die Zinssätze weiter erhöht. Ein kurzfristiger Anstieg der Zinsen könnte weitere Schwäche an den Anleihemärkten bedeuten, aber am Ende ist auch ein erneuter Anstieg der Anleihepreise möglich.
Die US-Aktien sind meiner Ansicht nach derzeit sehr teuer, ganz gleich, ob man sie mit historischen Werten, mit Europa, mit Asien oder mit den Schwellenmärkten vergleicht. Können Sie weitere 10% zulegen? Oder vielleicht 20%? Ja, sicher. Zwischen Dezember 1999 und dem 21. März 2000, als die Aktienmärkte ihr Top erreichten, ist der Nasdaq um mehr als 30% gestiegen, aber war das eine gute Kaufgelegenheit? Nein. Alle, die in den ersten drei Monaten des Jahres 2000 in diesen Markt eingestiegen sind, haben Verluste gemacht.